Wahlen in Bolivien 2020

Am 18. Oktober finden nach mehrfacher Verschiebung erstmals wieder Präsidentschafts- und Parlamentswahlen seit dem Putsch gegen Präsident Evo Morales statt.

Endergebnisse sind da, wir schließen den Ticker und bedanken uns

Mit der gestrigen Verkündung der Endergebnisse in Bolivien beenden auch wir unseren Ticker zur Wahl. Hier können Sie den Artikel unserer Autors Andreas Hetzer von heute lesen: Offizielles Wahlergebnis in Bolivien: MAS siegt mit überragender Mehrheit

Andreas wird am Montag Bolivien wieder verlassen und uns aber sicherlich auch die kommenden Wochen noch mit gesammeltem Material und Eindrücken aus seinen Tagen in dem Andenstaat versorgen.

Zum Abschluss noch einmal die Bitte: Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie unsere Arbeit mit einer kleinen Spende, im besten Fall sogar einer Dauerspende, unterstützen würden. Nur so können wir auch in Zukunft unsere Berichterstattung sichern und beispielsweise Autoren nach Bolivien schicken, um live von vor Ort zu berichten.

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Vielen Dank an dieser Stelle ein weiteres Mal an alle Leserinnen und Leser für das Interesse an unserem Ticker - und bis zur nächsten wichtigen Wahl im Lateinamerika.

Endergebnisse sind da: MAS gewinnt mit 55,11 Prozent

Fast fünf Tage hat es gedauert, nun liegen die offiziellen Endergebnisse der Präsidentschaftswahlen in Bolivien vor. Demnach erzielte der Kandidat der MAS, Luis Arce, 55,11 Prozent der Stimmen, Carlos Mesa von der Comunidad Ciudadana 28,85 Prozent. Luis Fernando Camacho von der ultrarechten Allianz Creemos kam auf 13,97 Prozent.

Der Vorsprung der MAS ist damit noch weit größer als Umfragen und später auch Hochrechnungen voraussagten. Zweifel, dass Luis Arce und die linke MAS wieder die Präsidentschaft holen, bestanden schon seit Tagen nicht mehr.

Sogar die OAS gehörte schon zu den Gratulanten. Die Geschiche von 2019 hat sich somit nicht wiederholt.

Wir berichten morgen mit einem ausführlichen Artikel zu den Endergebnissen, dann auch zu den Parlamentswahlen.

Auch die letzten Meter der Auszählung in Bolivien bleiben zäh

Auch wenn internationale Politiker, die OAS und auch die bolivianische Opposition längst der MAS zum Wahlsieg gratuliert haben, bleiben die letzten Prozent der Auszählung zäh. Um 18 Uhr Ortszeit weist die Oberste Wahlbehörde 96,29 Prozent ausgezählte Stimmen aus. Die MAS liegt mittlerweile bei 54,59 Prozent. 

Die endgültige Bekanntgabe der sich mit Sicherheit nur noch minimal verändernden Endergebnisse wird sich also wohl noch einen weiteren Tag verschieben.

OAS bestätigt "saubere Wahl 2020", CEPR legt weitere Analyse vor für "saubere Wahl 2019"

Im vergangenen Jahr wollte die OAS in 86 Wahlbezirken in Bolivien Unregelmäßigkeiten festgestellt haben. Dies hatten verschiedene Analysen im Laufe des letzten Jahres allerdings wiederlegen können. Eine weitere solche Analyse legte das CEPR nun vor, indem sie Auzählungsergebnisse von diesem Jahr mit 2019 verglich.

Die OAS erkannte indes den "überwältigenden Sieg" der MAS nun schon vor der Bekanntgabe der endültigen Ergebnisse an. Unsere ausführliche Meldung dazu finden Sie hier: Analyse und Erkenntnis: Kein Wahlbetrug in Bolivien 2019, kein Wahlbetrug 2020

Auszählung in fünf Regionen abgeschlossen, keine Zweifel mehr am Resultat

Bis zum Mittwochabend konnte das Oberste Wahlgericht von Bolivien noch keine endgültigen Wahlergebnisse bekanntgeben. Zwar ist die Auszählung in fünf Regionen abgeschlossen, jedoch noch nicht in allen. In Pando, Chuquisaca und Oruro liegt die MAS klar vorn, in Tarija und Beni bekam die Comunidad Ciudadana (CC) die meisten Stimmen. In La Paz, Cochabamba, Santa Cruz und Potosí wird noch gezählt.

Das TSE hatte sich am Dienstag schon für den schleppenden Fortgang entschuldigt. Trotzdem sollte die Auszählung am Mittwoch abgeschlossen werden. Bisher sind 89,51 Prozent gezählt, die MAS liegt nun mit 54,50 Prozent vor der CC mit 29,26 Prozent. Nun werden die Endresultate für Donnerstag erwartet.

Zwar gibt es auch vereinzelt Proteste gegen den Auszählungsprozess, aber grundsätzlich zweifelt wohl niemand mehr an dem überaus deutlichen Sieg von Luis Arce und der MAS.

Evo Morales darf laut Arce nach Bolivien zurückkehren, aber nicht in Regierung

Viel wird in den letzten Tagen darüber spekuliert, ob und wann der ehemalige Präsident, Evo Morales, unter einem neuen Präsidenten Luis Arce aus seinem politischen Exil in Argentinien nach Bolivien zurückkehren wird. Außerdem sehen einige die Möglichkeit, dass er sogar einen Posten in der neuen Regierung bekommen könnte.

Arce hat nun erste Antworten auf diese Fragen gegeben, die unser Autor Andreas Hetzer in einer Meldung zusammengefasst hat: Evo Morales wird keine Rolle in MAS-Regierung in Bolivien spielen

Erste Proteste und unzufriedene Stimmen mit den Wahlergebnissen

In den gestrigen Abendstunden haben sich ca. 5000 Menschen mit regionalen und nationalen Flaggen am Platz des Cristo Redentor in Santa Cruz versammelt, um gegen das Oberste Wahlgericht (TSE) und die vorläufigen Resultate von zwei Meinungsforschungsinstituten im Zuge der Präsidentschaftswahlen zu protestieren.

Der Aufruf zu der Massenveranstaltung war über soziale Netzwerke gelaufen, unabhängig von Parteien oder sozialen Organisationen. Weder Vertreter der stärksten politischen Kraft in Santa Cruz, Creemos (Wir glauben), noch des Bürgerkomitees Pro Santa Cruz waren zugegen.

Einige Menschen stiegen auf den Altar am Platz, wo im Jahr 2015 Papst Francisco zur Menschenmenge gesprochen hatte. Hier waren nun Aufrufe zu einem unbefristeten regionalen Bürgerstreik zu hören. Jedoch ergriff niemand die Initiative zu weiteren Proklamationen.

An diesem emblematischen Ort hatte der damalige Präsident des Bürgerkomitees Pro Santa Cruz und jetziger Spitzenkandidat der rechtsgerichteten Creemos, Luis Fernando Camacho, im Oktober 2019 im Nachgang der Wahlen zum 21-tägigen Streik aufgerufen. In den Jahren 2008 bis 2010 fanden hier Massenaufläufe statt, die Unabhängigkeit und Autonomie für die Region Santa Cruz forderten.

Auch vor dem Messegelände Fexpocruz, aktueller Auszählungsort für die Wahlen vom Sonntag, versammelten sich einige mit den bisherigen Auszählungsergebnissen offensichtlich unzufrieden sind. Der Ort ist mit einem enormen Polizeiaufgebot gesichert.

"Happy-End" für argentinische Wahlbeobachterdelegation

Für die argentinischen Abgeordneten, die in offizieller Wahlbeobachtermission am Freitag vor den Wahlen von den bolivianischen Behörden bei der Einreise behindert wurden und ein Mitglied der Delegation, Federico Fagiolo, sogar kurzfristig festgenommen wurde, endete der Aufenthalt in Bolivien dann doch noch versöhnlich.

Luis Arce, der allen Hochrechnungen und Auswertungen zurfolge neuer Präsident von Bolivien werden wird, empfing die Delegation am Montag und dankte für ihre Teilnahme an der Wahlbeobachtung. Er wolle nun, auch in Zusammenarbeit mit Argentinien, "den Aufbau eines geeinten Lateinamerikas" vorantreiben.

Piñera und Arce kündigen "neue Etappe" der Beziehungen zwischen Chile und Bolivien an

Auch der chilenische Präsident Sebastián Piñera reihte sich mittlerweile bei den Gratulanten an die MAS ein und twitterte über das erste Telefonat, dass er mit Luis Arce geführt habe.

Piñera sei sich sicher, dass nun "eine neue Etappe in den bilateralen Beziehungen" beider Länder anbreche und die "regionale Integration gestärkt" werden könne. Arce dankte Piñera ebenso über Twitter für die Glückwünsche und bekräftigte gleichfalls die Absicht einer Neuausrichtung der "Politik der Einheit unter den Völkern der Region, um eine neue Nachbarschaft zu schaffen".

Auszählung der Wahlergebnisse in Bolivien schreitet voran und bestätigt Hochrechnungen

Der Prozess der offiziellen Auszählung der Stimmen nach den Wahlen vom Sonntag in Bolivien schreitet voran, wenngleich relativ langsam. Mittlerweile sind rund 56 Prozent der Wahlakten gezählt. Zu diesem Zeitpunkt liegt die MAS mit 48,16 Prozent vorne. Die Comunidad Ciudadana (CC) kommt auf 33,58 Prozent, Creemos auf 16,17 Prozent. Dies geht aus den von der Obersten Wahlbehörde (OEP) laufend aktualisierten Daten hervor, die über diesen Link einzusehen sind.

Zwar lässt sich eine eindeutige Tendenz erkennen, jedoch fehlt immer noch fast die Hälfte der Stimmen. Zudem gilt zu bedenken, dass vor allem aus abgelegenen Gebieten die Übermittlung der offiziellen Daten länger dauert. Die Erfahrung der letzten Wahlen und die sozio-geographische Verteilung der Wähler lassen aber annehmen, dass der Vorsprung der MAS vor der CC noch größer wird.

Somit liegt ein Endergebnis nahe der Erhebungen der verschiedenen Nachwahlbefragungen und Hochrechnungen im Bereich des Möglichen. In diesen war ein Sieg der MAS mit rund 53 Prozent bei einem Vorspung von rund 20 Prozentpunkten ermittelt worden.

Grundsätzlich zweifelt kaum jemand mehr am Sieg der MAS. Unterlegene Kandidaten gratulierten ihr ebenso schon zum Wahlsieg wie die OAS oder Staatschefs anderer Länder.

Der Präsident des Obersten Wahlgerichts (TSE), Salvador Romero, sprach am Montagabend von 87 Prozent der Wahlberechtigten, die am Sonntag ihre Stimme abgegeben haben. Die Wahlbehörde weist aktuell sogar eine Beteiligung von fast 90 Prozent aus. Damit habe die Beteiligung laut Romero sogar noch deutlich den bisher historisch höchsten Wert von 84 Prozent aus dem Jahr 2005 überschritten.

Konkurrenten akzeptieren Sieg der MAS in Bolivien

Der Sieg der MAS fand nach Veröffentlichungen der eindeutig ausgefallenen Hochrechnnungenn gestern bereits eine breite Anerkennung. Die offizielle Ergebnisse stehen aber noch aus.

Unser Autor vor Ort, Andreas Hetzer, hat ein paar spannende Stimmen einholen können und so die Geschehnisse vom Wahltag nochmal sehr gut einordnen können. In unserer Meldung von heute: MAS-Wahlsieg in Bolivien weitgehend anerkannt

Amerika21-Autor nun in La Paz, wir tickern noch weiter

Unser Autor Andreas Hetzer hat am gestrigen Wahltag aus Santa Cruz berichtet. Heute ist er nach La Paz geflogen. Er wird für uns auch in den kommenden Tage die weiteren Entwicklungen im Auge behalten und sicherlich noch einige interessante Gespräche führen.

Und wir setzen unseren Ticker fort: Zum einen steht noch die Bekanntgabe der offiziellen Wahlergebnisse aus, zum anderen geht die spannende Zeit in Bolivien ja auch immer noch weiter.

Añez entlässt Innenminister Murillo und geht auf Distanz

Der während des letzten Jahres das Amt des Innenministers besetzende Arturo Murillo ist von der noch amtierenden De-facto-Präsidentin, Jeanine Añez, am Tag nach den Wahlen entlassen worden. Im Interview mit der Zeitung El Déber sagte Murillo, ihm sei kein Grund für seine Entlassung genannt worden.

Vorstellbar ist allerdings, dass Añez Murillo nun möglichst schnell loswerden wollte. Murillo gilt als hauptverantwortlich für die extreme Aufrüstung des Militärs und der Polizei im vergangenen Jahr. Die UNO forderte zuletzt Aufklärung wegen der Massaker von Sacaba und Senkata, die im November 2019 an MAS-Anhängern verübt wurden (amerika21 berichtete).

Nachdem die MAS gestern wohl einen eindeutigen Sieg errungen hat, wird die Herausforderung der nächsten Tage und Wochen sein, ein Klima von Einheit und Dialog zu schaffen, wie Luis Arce noch am Wahlabend betont hatte.

Inwiefern sich Murillo aber für seine Taten des letzten Jahres wird verantworten müssen, dürfte eine der spannenden Fragen für die neue Regierung auf dem Weg zu einer friedlichen Zukunft für Bolivien werden.

MAS-Politiker hoffen auf neue Phase "ohne Hass, aber mit viel Dialog"

Der Sprecher der MAS, Sebastián Michel, erklärte gegenüber der Zeitung La Razón, dass Luis Arce und David Choquehuanca in Zukunft eine Politik verfolgen müssten, "die nicht hasst", "die nicht gehässig ist" und "die die Fähigkeit hat, allen Sektoren zuzuhören". Man müsse nun "nach vorne schauen, nicht zurück".

Denn insbesondere im Verlauf des letzten Jahres in der Zeit der De-facto-Regierung von Jeanine Áñez hätten sich die Gräben zwischen den politischen Lagern weiter verschärft. 

Der ehemalige Außenminister unter Evo Morales, Diego Pary, sieht in den nun für die nächsten fünf Jahre geklärten politischen Verhältnissen auch eine Chance für den Wirtschaftssektor und die Unternehmer aus dem Tiefland um die Metropole Santa Cruz. Diese stehen der linken MAS traditionell äußerst kritisch gegenüber.

Pary erinnerte wie Michel aber daran, dass während der erste 14 Jahre der Regierung der MAS die Wirtschaft für bolivianische Verhältnisse "eine beispielslose Phase der Stabilität" erfahren habe.