Caracas. Die Spannungen zwischen Venezuela und Guyana wegen des rohstoffreichen Esequibo-Streifens haben sich nach den jüngsten Ölförderungen in umstrittenen Gewässern und anhaltenden militärischen Drohungen verschärft.
Vergangene Woche legte die venezolanische Regierung eine scharfe Protestnote gegen die Ankunft der FPSO One Guyana vor, einem Schiff, das Öl und Gas verarbeitet, lagert und entlädt. Berichten zufolge kommt diese Plattform zu drei weiteren FPSO (Floating Production Storage and Offloading Unit) im Stabroek-Block hinzu, der sich etwa 200 Kilometer vor der Küste der Esequibo-Region befindet.
Der 26.800 Quadratkilometer große Stabroek-Block enthält schätzungsweise elf Milliarden Barrel Öl und Gas. Die neue FPSO, die vom US-Unternehmen ExxonMobil betrieben wird, soll die Ölförderung um mehr als 250.000 Barrel pro Tag (bpd) steigern und damit die tägliche Fördermenge auf 900.000 bpd erhöhen.
In einer Stellungnahme bekräftigte die venezolanische Regierung ihre Verurteilung der Ölbohrungen in den umstrittenen Gewässern.
"Dieses Manöver, das von der Regierung Guyanas in Zusammenarbeit mit ExxonMobil vorangetrieben wird, stellt einen Verstoß gegen grundlegende Prinzipien des Völkerrechts dar, die einseitige Maßnahmen in umstrittenen Gebieten ohne vereinbarte Abgrenzung verbieten", heißt es darin.
Die Erklärung betont weiter, dass Caracas "keine in dieser Region gewährten [Öl-]Konzessionen anerkennt und die beteiligten Unternehmen vor möglichen rechtlichen Schritten warnt", und bekräftigt, dass es keine Rechte an "unrechtmäßig" ausgebeuteten Ressourcen anerkennen werde.
Darüber hinaus warf die Regierung von Nicolás Maduro Guyana vor, "den regionalen Frieden und die Stabilität rücksichtslos zu gefährden" und gegen das Argyle-Abkommen von 2023 zu verstoßen, das Maduro und sein guyanischer Amtskollegen Irfaan Ali unterzeichnet hatten, um Dialogkanäle zu öffnen (amerika21 berichtete).
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Georgetown behauptet, dass der Stabroek-Block Teil des Hoheitsgewässers des Landes ist, während Caracas seinen Anspruch auf die nicht abgegrenzten Gewässer aufrechterhält. Die seit dem 19. Jahrhundert schwelende Kontroverse um die 160.000 Quadratkilometer große Region Esequibo flammte 2015 wieder auf, nachdem ExxonMobil in den umstrittenen Hoheitsgewässern große Offshore-Ölvorkommen entdeckt hatte. Das erklärte Ziel des Unternehmens ist es, bis 2027 bis zu 1,2 Millionen Barrel pro Tag zu fördern.
Venezuela vertritt den Standpunkt, dass das Genfer Abkommen von 1966 nach wie vor der einzige Mechanismus zur Lösung des Gebietsstreits ist, während Guyana an einem Urteil von 1899 festhält, das das Gebiet seinem ehemaligen Kolonialherren, dem Vereinigten Königreich, zusprach. Im Jahr 2018 beantragte Guyana die Einschaltung des Internationalen Gerichtshofs (IGH).
Caracas verurteilte zudem ein neues Abkommen zur Verteidigungskooperation zwischen der Guyana Defence Force (GDF) und dem britischen Verteidigungsministerium. Laut dem Stabschef der Streitkräfte von Guyana, Omar Khan, umfasst es mehrere Bereiche für eine verstärkte Zusammenarbeit, darunter Ausbildung, Informationsaustausch, Cybersicherheit, humanitäre Übungen und Beschaffungen im Verteidigungsbereich.
Die verstärkte militärische Partnerschaft zwischen Großbritannien und Guyana folgt auf eine zunehmende, von den USA geförderte Militarisierung in der Region, insbesondere durch gemeinsame Militärmanöver der guyanischen Streitkräfte und des US-Südkommandos.
Während eines kürzlichen Besuchs in Georgetown warnte US-Außenminister Marco Rubio Venezuela vor möglichen militärischen Maßnahmen im Falle einer Konfrontation mit Guyana oder ExxonMobil. "Es wird ein sehr schlechter Tag für das venezolanische Regime werden", erklärte Rubio und betonte, dass die US-Marine ihre Fähigkeit "überall auf der Welt zu sein" unter Beweis gestellt habe.
Washington hat indes seine Unterstützung für die Aktivitäten von ExxonMobil in Esequibo bekräftigt und seine diplomatischen Beziehungen zu den guyanischen Behörden verstärkt.
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