"Lateinamerikanische Lösungen finden": Russland fordert Nicht-Einmischung in Esequibo-Streit

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Sprecherin des russischen Außenamtes, Marija Sacharowa: Keine Einmischung in den Esequibo-Konflikt
Sprecherin des russischen Außenamtes, Marija Sacharowa: Keine Einmischung in den Esequibo-Konflikt

Moskau/Caracas. Russlands Regierung hat die internationale Gemeinschaft dazu aufgerufen, sich nicht in den Streit zwischen Venezuela und Guyana um das Esequibo-Gebiet einzumischen.

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Marija Sacharowa, betonte gegenüber Medienvertretern, dass die "Aufrechterhaltung Lateinamerikas als eine Zone des Friedens, frei von jeglicher Art von Konflikten", im Interesse aller Länder der Region und der Welt insgesamt liege und dass "lateinamerikanische Probleme lateinamerikanische Lösungen finden müssen".

Die Russische Föderation begrüße das Treffen zwischen den Präsidenten Venezuelas, Nicolas Maduro, und Guyanas, Irfaan Ali, in Kingstown auf St. Vincent und den Grenadinen. Es sei von grundlegender Bedeutung, dass die Staatsoberhäupter "durch ihr persönliches Beispiel ihre Bereitschaft zur Mäßigung und Vertrauensbildung unter Beweis gestellt haben, um ihren Wunsch deutlich zu machen, verhandelbare Wege zu finden, um die beiderseitigen Differenzen im Einklang mit dem Völkerrecht, einschließlich des Genfer Abkommens vom 17. Februar 1966, zu lösen".

Die Präsidenten Venezuelas und Guyanas hätten dabei betont, dass eine Einmischung von außen in die Angelegenheiten der Region nicht hinnehmbar sei. Russland fordere daher alle Staaten auf, diesen Ansatz zu respektieren.

"Wir sind zufrieden, dass das von den Präsidenten erreichte gegenseitige Verständnis es ermöglicht hat, den Grad der Spannungen in den bilateralen Beziehungen zu verringern und den Dialog in eine für beide Seiten zufriedenstellende Richtung zu lenken", schloss Sacharowa.

Nach der Unabhängigkeit Venezuelas im Jahre 1811 wurde der Esequibo zunächst als venezolanisches Gebiet ausgewiesen. 1814 erwarb Großbritannien Teile des heutigen Guyanas von den Niederlanden und beauftragte den deutschen Forschungsreisenden Robert Schomburgk im Jahr 1840, die westliche Grenze der Kolonie zu definieren. 1899 sicherte ein internationales Schiedsgericht British Guyana die absolute Kontrolle über das Gebiet zu. Venezuela hält dieses Urteil aufgrund der Abwesenheit venezolanischer Verhandlungsführer für unrechtmäßig.

Wenige Monate vor der Unabhängigkeit Guyanas im Jahr 1966 erkannte Großbritannien im "Vertrag von Genf" an, dass der Konflikt durch Verhandlungen gelöst werden soll und eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung gefunden werden muss. Caracas betrachtet dieses Abkommen als einziges verbindliches Instrument zur Lösung der Grenzfrage.

Guyana beruft sich dagegen bis heute auf den Schiedsspruch von 1899 und reichte 2018 einen Antrag beim Internationalen Gerichtshof ein, um diesen für rechtsgültig zu erklären.

Der Territorialstreit flammte 2015 nach der Entdeckung großer Ölvorkommen wieder auf. Seitdem hat die Regierung Guyanas ohne Absprache mit Venezuela Ausschreibungen für die Ölexploration in den nicht abgegrenzten Hoheitsgewässern von Esequibo durchgeführt. Diese verstoßen nach Ansicht von Caracas gegen den ungelösten Rechtsstreit.

Die Spannungen zwischen Venezuela und Guyana haben sich zuletzt durch die Möglichkeit eines militärischen Eingreifens der USA noch verschärft. Das US-Südkommando führte Manöver mit den Streitkräften Guyanas durch, Beamte des US-Verteidigungsministeriums besuchten das Land. Äußerungen Alis, das Land habe "seine militärischen Partner eingeschaltet", weckten Befürchtungen vor einem bewaffneten Konflikt.

Auch stießen jüngste Äußerungen des britischen Außenministers David Cameron und ein Besuch des Unterstaatssekretärs des britischen Parlaments für Amerika und die Karibik, David Rutley, am vergangenen Montag in Guyana auf heftige Kritik in Caracas und wurden als Einmischung zurückgewiesen.

Cameron hatte die Souveränitätsansprüche Venezuelas als "rückwärtsgewandt" bezeichnet und betont, die Grenzen seien "1899 festgelegt" worden. Rutley erklärte bei seiner Ankunft in Guyana: "Ich habe unsere Unterstützung für die territoriale Integrität, die Souveränität und den regionalen Frieden Guyanas bekräftigt. Ihr Volk verdient es, in ihrem Land frei von Bedrohungen zu sein".

Venezuelas Außenminister Iván Gil kommentierte den Besuch: "Das ehemalige Imperium, der Invasor und Sklavenhalter, der das Gebiet von Guayana Esequiba unrechtmäßig besetzt hat und mit List und Tücke gegen die Interessen Venezuelas vorgegangen ist, besteht darauf, sich in eine territoriale Kontroverse einzumischen, die er selbst verursacht hat".

Auch seitens der kanadischen Regierung hieß es vor einigen Tagen, man sei "zutiefst besorgt über die wachsenden Spannungen im Territorialstreit zwischen Venezuela und Guyana". Kanada bekräftigt seine Unterstützung für die Souveränität Guyanas und strebt eine friedliche und diplomatische Beilegung des Streitfalls vor dem Internationalen Gerichtshof an, so ein Statement der Außenministerin Mélanie Joly.

Gil bezeichnete die Position Kanadas als "einmischend, provokativ und feindselig" und betonte: "Der Territorialstreit um Guayana Esequiba liegt nicht in Ihrer Zuständigkeit. Ich empfehle @melaniejoly, sich um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern (...) Wir werden nicht zulassen, dass Sie unseren Weg zum Frieden stören. Wir haben die Agenda durch das Genfer Abkommen genau definiert und Sie sind nicht Teil davon."