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Venezuela und Guyana nehmen direkten Dialog im Esequibo-Konflikt auf

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Maduro (re.) reichte Ali am Donnerstag in Kingstown die Hand
Maduro (re.) reichte Ali am Donnerstag in Kingstown die Hand

Argyle, Kingstown. Venezuela und Guyana haben sich bei einem ersten Treffen ihrer Präsidenten in St. Vincent und den Grenadinen auf einen kontinuierlichen direkten Dialog geeinigt.

Der venezolanische Präsident Nicolás Maduro und sein guyanischer Amtskollege Irfaan Ali trafen sich im Internationalen Flughafen des Inselstaates (Argyle Airport) in der Nähe der Hauptstadt Kingstown. Auch Vertreter der Karibischen Gemeinschaft (Caricom), der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (Celac), Brasiliens, Kolumbiens und der Vereinten Nationen nahmen nahmen an dem Treffen teil.

Der Premierminister von St. Vincent und den Grenadinen, Ralph Gonsalves, der aktuell der Celac vorsteht, hatte zuvor beide Seiten in einem Schreiben aufgefordert, die zunehmenden Spannungen zu entschärfen.

Maduro und Ali unterzeichneten die "Gemeinsame Erklärung von Argyle für den Frieden zwischen Guyana und Venezuela". In dem Elf-Punkte-Dokument wird festgehalten, dass keine Seite mit der Anwendung von Gewalt gegen die andere droht, dass beide sich verpflichten, "Kontroversen in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht zu lösen" und "von einer Eskalation des Konflikts abzusehen". Die Außenministerien werden eine gemeinsame Kommission einrichten, um "die Angelegenheiten im gegenseitigen Einvernehmen zu behandeln". Ein zweites Treffen zwischen Ali und Maduro wird innerhalb der nächsten drei Monate in Brasilien stattfinden, ebenfalls unter Vermittlung der Celac und der Caricom.

Nach seiner Rückkehr bezeichnete Maduro das Treffen als "produktiv". "Dies ist der Weg nach vorne, auf dem wir uns gegenseitig zuhören und respektieren", sagte er.

Der langjährige Territorialstreit um die Esequibo-Region flammte 2015 nach der Entdeckung großer Ölvorkommen wieder auf. Seitdem hat die Regierung Guyanas Ausschreibungen für die Ölexploration in den nicht abgegrenzten Hoheitsgewässern von Esequibo durchgeführt, die nach Ansicht von Caracas gegen den ungelösten Rechtsstreit verstoßen.

Anfang des Monats stimmten die Venezolaner in einem Referendum mit überwältigender Mehrheit für den Souveränitätsanspruch ihres Landes auf den Esequibo-Streifen.

Der Beginn des Treffens am Donnerstag war Berichten zufolge angespannt, da Ali dem venezolanischen Staatschef erst die Hand schüttelte, als Maduro dies ansprach. Celso Amorim, der Gesandte von Brasiliens Präsident Lula da Silva, räumte ein, dass es anfangs Spannungen gab, die aber durch das Eingreifen der Vermittler entschärft werden konnten.

Am ersten Gesprächsblock nahm auch die Caricom teil, die Guyana einschließt und dessen Position unterstützt, den Internationalen Gerichtshof (IGH) mit dem Territorialstreit um die Esequibo-Region zu befassen. Venezuela hat in der Caricom einen Beobachterstatus.

Caracas hingegen betrachtet das Genfer Abkommen von 1966, das die Länder verpflichtet, eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden, als einziges verbindliches Instrument zur Lösung der Grenzfrage. Entsprechend lehnt Venezuela eine Zuständigkeit des IGH ab.

Nach der ersten Gesprächsrunde erklärte Ali, dass Guyana die Esequibo-Region als Teil seines souveränen Territoriums betrachte und die kürzlich an transnationale Ölkonzerne vergebenen Lizenzen verteidigen werde. Zudem betonte er, "dass die Kontroverse vor dem IGH geklärt werden muss".

Die Regierung Maduro hat Guyana wiederholt beschuldigt, den Interessen des US-Ölkonzerns Exxon Mobil zu dienen, dem wichtigsten Ölproduzenten, der in den umstrittenen Gewässern tätig ist.

Bis zu dem Treffen am Donnerstag hatte Georgetown trotz wiederholter Aufforderungen aus Caracas direkte Treffen abgelehnt. Bei der Ankunft in Kingstown würdigte Maduro die Arbeit der Celac und der Caricom, die den Dialog mit seinem guyanischen Amtskollegen ermöglicht hatten. Seine Regierung betrachtet den Beginn der Gespräche als diplomatischen Sieg.

Das Treffen führte zwar nicht zu einer unmittelbaren Änderung der Standpunkte beider Seiten, aber die direkte Begegnung wurde in der Region positiv aufgenommen.

Die Spannungen zwischen Venezuela und Guyana haben sich durch die Möglichkeit eines militärischen Eingreifens der USA noch verschärft. In der vergangenen Woche führte das US-Südkommando Manöver mit den Streitkräften Guyanas durch. Beamte des US-Verteidigungsministeriums besuchten das Land. Jüngste Äußerungen Alis, das Land habe "seine militärischen Partner eingeschaltet", weckten Befürchtungen vor einem bewaffneten Konflikt.

Am Donnerstag erklärte Ali, dass "beide Parteien sich verpflichtet haben, dafür zu sorgen, dass die Region eine Zone des Friedens bleibt", bekräftigte jedoch, dass sich seine Regierung "das Recht vorbehält, mit allen unseren Partnern zusammenzuarbeiten, um die Verteidigung unseres Landes zu sichern".