Guatemala: Über 700 Angriffe auf Journalisten während der letzten Regierung

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Pressekonfernz zur Vorstellung des Berichtes über die Angriffe auf die Pressefreiheit in Guatemala
Pressekonfernz zur Vorstellung des Berichtes über die Angriffe auf die Pressefreiheit in Guatemala

Guatemala-Stadt. In der Amtszeit des ausgeschiedenen Präsidenten Alejandro Giammattei (2020-2024) hat es 707 Angriffe auf Pressevertreter gegeben. Das ist die höchste Zahl seit dem Ende des Bürgerkriegs 1996. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht der Presseagentur KM 169.

Die Agentur, die mit Prensa Comunitaria das in Guatemala führende Medium für kommunitären und kritischen Journalismus herausgibt, stellte den Bericht auf einer Pressekonferenz am 19. März vor.

2023 sei das "gewalttätigste Jahr gegen die unabhängige Presse" und auch das gewalttätigste Jahr unter dem "Regime Giammattei", heißt es in dem Bericht. Im Jahr 2023 habe es 277 Angriffe auf den Journalismus gegeben, vor allem in Form von Einschränkungen der Berichterstattung, gefolgt von gerichtlichen Schikanen. Letzteres habe mehrere Journalisten ins Exil getrieben, "ebenso wie Cyberattacken, Einschüchterungen, Verleumdungen, Angriffe und andere Arten von Einschränkungen der Presse".

Auch in den ersten Jahren der Regierung Giammattei gab es zahlreiche Übergriffe auf die Pressefreiheit. Im Jahr 2020 zählte der Bericht 144 "Angriffe auf die Presse", im Jahr 2021 125 und im Jahr 2022 161 Fälle. Giammattei, der für die rechte Partei Vamos das höchste Staatsamt bekleidet hatte, war Anfang Januar 2020 vereidigt worden, seine Amtszeit endete am 14. Januar dieses Jahres.

Vor Giammattei war 2015, das letzte Jahr der Regierung von Otto Perez Molina, mit 110 Angriffen das schlechteste Jahr für die Pressefreiheit gewesen.

Als Verantwortliche für die Vorfälle nannte der Bericht an erster Stelle "das Präsidentenamt der Republik, die Polizei, die Armee, die Ministerien für Kommunikation sowie für Kultur und Sport und die Regierung des Departements Quetzaltenango". Außerdem gehörten zum "ersten Block der Verantwortlichen" hohe Richter des Obersten Gerichtshofes, Angehörige des Sicherheitspersonals des Justizsystems und der Staatsanwaltschaft, insbesondere der Sonderstaatsanwaltschaft gegen Straflosigkeit (Feci).

Zum "zweiten Block" der Verantwortlichen rechnet der Bericht unter anderem "Richter des Obersten Wahlgerichts, den Parlamentsvorstand sowie mehrere Abgeordnete".

Der "dritte und sichtbar aktivste Block" besteht aus einer "Gruppe von Troll- und Netcenter-Accounts, die rechtsextreme Interessen vertreten". Organisationen wie die rechtsextreme "Stiftung gegen den Terror" nutzen die Online-Plattform X, um ihre Gegner anzugreifen.

Die vierte Gruppe umfasst "Rechtsanwälte, Bergbauunternehmen, Betreiber von Wasserkraftwerken, Ölgesellschaften, Agrarunternehmen, bestimmte Gewerkschaften" sowie "Schockgruppen", die im Konflikt um die staatliche Universität San Carlos hinter dem umstrittenen Rektor Walter Mazariegos stehen.

Der Bericht erwähnt auch den Fall von José Rubén Zamora. Der Journalist und Gründer der regierungskritischen Zeitung El Periódico sitzt seit über 600 Tagen in Haft. Während der Regierungszeit von Giammattei musste die Zeitung ebenfalls ihr Erscheinen einstellen (amerika 21 berichtete).

Die Angriffe auf die Pressefreiheit gingen einher mit einer zunehmend autoritären und undemokratischen Entwicklung in Guatemala in den letzten Jahren. Neben Journalisten mussten auch unabhängige Juristen das Land verlassen oder wurden inhaftiert. Zu den bekanntesten Fällen gehören der Richter Miguel Ángel Gálvez und der ehemalige Menschenrechtsombudsmann Jordán Rodas. Die ehemalige Ermittlerin der Sonderstaatsanwaltschaft gegen Straflosigkeit in Quetzaltenango, Virginia Laparra, saß fast zwei Jahre in Haft und wurde Anfang des Jahres nach 45 Prozent ihrer Haftzeit vorzeitig entlassen.

Der progressive Staatspräsident Bernardo Arévalo, der im vergangenen Jahr überraschend die Wahlen gewann und im Januar gegen den Widerstand der alten Eliten sein Amt antrat (amerika 21 berichtete), hat die Pressefreiheit zur "ersten Priorität" seiner Regierung erklärt. Verschiedene Organisationen weisen jedoch darauf hin, dass der Staats- und Justizapparat weiterhin vom so genannten Pakt der Korrupten kontrolliert wird. So bleibt die umstrittene Generalstaatsanwältin Consuelo Porras voraussichtlich bis Mai 2026 im Amt.