Guatemala-Stadt. Am vergangenen Montag war endgültig Schluss. Die regierungskritische Zeitung elPeriódico hat nach 27 Jahren ihre Arbeit eingestellt.
Als Gründe führte die Zeitung die Repression und Kriminalisierung an, die von der rechten Regierung von Staatspräsident Alejandro Giammattei gegen die Zeitung geführt wird. Die Zeitung hatte "die Korruption um den aktuellen Präsidenten stets angeprangert", hieß es in einem Artikel von "Resumen Latinoamericano". Der Gründer und Leiter von elPeriódico, José Rubén Zamora Marroquín, sitzt seit dem 29. Juli 2022 in Haft. Am gleichen Tag wurden die Konten der Zeitung gesperrt, was elPeriódico kurz danach zwang, ihre Druckausgabe einzustellen und die Mehrzahl ihrer Mitarbeiter zu entlassen. Die Zeitung konnte nur noch online erscheinen.
Zamora wird "Erpressung, Vorteilsgewährung und Geldwäsche" zur Last gelegt, im Zusammenhang mit einem Korruptionsskandal um die guatemaltekische Bank "Banco de los Trabajadores". Zamora hatte die Vorwürfe stets als konstruiert und politisch motiviert zurückgewiesen, in "weniger als 72 Stunden sei der 'Fall Zamora' artikuliert worden", hiess es in einer Mitteilung von elPeriódico vom 12. Mai, die das Ende des Medienunternehmens ankündigte. Nach der Inhaftierung von Zamora und der Repression "hatte man der Zeitung nur noch zwei Monate gegeben, doch das war nicht so gewesen. Dank der Unterstützung […] habe man 287 Tage der Verfolgung, dem politischen und ökonomischen Druck widerstanden".
Die Erklärung wies weiter darauf hin, das auch Anwälte und über den Fall berichtende Journalisten von der Repression betroffen seien. Die Staatsanwaltschaft hatte Anfang März bekanntgegeben, die Ermittlungen "wegen Behinderung der Justiz" auf Zamoras Anwälte auszudehnen, "vier Anwälte wurden inhaftiert, zwei sitzen noch in Haft". Die Festnahmen waren erfolgt, obwohl die Anwälte auf Wunsch Zamoras ihr Mandat Anfang März niedergelegt hatten.
Einer der beiden noch inhaftierten Anwälte ist Juan Fransisco Solórzano Foppa. Seine Festnahme Mitte April hat zusätzliche politische Bedeutung. Der im Land bekannte Rechtsanwalt und ehemalige Leiter der Steuerbehörde SAT wollte für ein linkes Parteienbündnis bei den Wahlen im Juni für das Amt des Bürgermeisters der Hauptstadt Guatemala-Stadt kandidieren. "Gegen sechs Journalisten und drei Kolumnisten von elPeriódico" werde ebenfalls von Seiten der "Sonderstaatsanwaltschaft gegen Straffreiheit (FECI)" ermittelt, schrieb elPeriódico in der Erklärung.
Am vergangenen Montag meldete sich die Redaktion in einer Erklärung unter der Überschrift "¡Hasta luego!", versehen mit Titelbildern aus den vergangenen Jahren, nochmal zu Wort. Sie ließ dabei Angestellte der Zeitung zu Wort kommen. Für die Angestellten "sei die Zeitung ihr zweites Zuhause gewesen, ökonomische Basis" gewesen, sie waren Teil eines "journalistischen Projekts gewesen, das trotz der Anschläge immer kritisch war und auf die jeweiligen Regierungen und die Korruption hinwies".
Auch Zamora veröffentlichte am Montag noch einen Artikel. Unter der Überschrift "elPeriódico verabschiedet sich von Guatemala" schreibt der inhaftierte Zeitungsgründer "30 Jahre unermüdlicher Kampf gegen Korruption, Straflosigkeit und Drogenhandel, gegen Machtmissbrauch, Staatsterrorismus, Ausgrenzung und Elend, für Freiheit, Toleranz und unverzichtbare Rechenschaftspflicht, politischen Pluralismus, Qualität der öffentlichen Ausgaben, öffentliche Investitionen in strategische Infrastruktur […] die politischen Rückschritte in Richtung eines tyranischen, anachronistischen Faschismus verschiedener Parteien haben uns erschöpft, einige ins Gefängnis und andere ins Exil gebracht".
Der Gründer verwies auch auf die wirtschaftlichen Aspekte der Schließung der Zeitung. "elPeriodico hat auch die Zahlung von mehr als 1800 Millionen Quetzales (etwa 213 Millionen Euro) an Gehältern bedeutet, Zahlungen an Lieferanten und Gläubiger, Abschreibungen an Banken, die Zahlung der Steuer. Auf seinem Höhepunkt 2012 hatte elPeriódico 400 direkte Arbeitsplätze geschaffen."
National und international rief das Ende von elPeriódico große Presseresonanz und Empörung hervor. Am Montag gab es eine kleine Kundgebung vor dem Obersten Gerichtshof gegen "den Mord an elPeriódico", über den die Zeitung am Montag noch selbst berichete. Der Journalist Gonzalo Marroquin Godoy, Direktor der Zeitung Nomada, bezweifelte in einem längeren Artikel für das Webportal Crónica Guatemala, dass elPeriódico langfristig "sterben" werde. "Für alle, die schon feiern: elPeriódico stirbt nicht! Es kann eine Weile dauern […], aber dein Geist wird präsent sein." In Kolumbien habe die "Drogenmafia" um Pablo Escobar den Gründer und Direktor der Zeitung El Espactador ermordet, "aber El Espactador ist noch am Leben". "Unser Großvater, Clemente Marroquin Rojas, gründete La Hora". Der damalige Diktator Jorge Ubico "zwang ihn für 14 Jahre ins Exil, aber von Mexiko aus druckte er einige Exemplare aus und brachte sie nach Guatemala", verwies der Journalist auf frühere Kämpfe für die Pressefreiheit in Guatemala.
Anmerkung der Redaktion: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels war der Onlineauftritt von elPeriódico "vorübergehend nicht erreichbar".