Nach Eskalation der Gewalt in Kolumbien: Indigene organisieren Gegenwehr

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Cric-Pressekonferenz am 22. Dezember
Cric-Pressekonferenz am 22. Dezember

Popayán. Im kolumbianischen Departamento Cauca sind zwischen dem 16. und 23. Dezember 17 Menschen getötet worden, die meisten von ihnen indigene und bäuerliche Anführer. Soziale Organisationen haben angesichts dessen eigene Maßnahmen der Gegenwehr angekündigt. Gegenüber der nationalen Regierung brachten sie ihre Besorgnis zum Ausdruck und forderten sie auf, ihre Bemühungen zum Schutz der Bevölkerung zu verdoppeln.

Die Vereinigung der Indigenen Räte des Nördlichen Cauca (Acin) hat in einem öffentlichen Kommuniqué ihre Erklärung einer "Ständigen Versammlung" nach den jüngsten Gewalttaten im Cauca bekräftigt und den Einsatz der indigenen Wache angekündigt: "Wir können nicht zulassen, dass unsere Rechte weiterhin verletzt werden, und wir müssen auf dem unschätzbaren Wert des Lebens bestehen. Es ist unsere Verantwortung als Autoritäten, die bewaffnete Gewalt als Strategie des Terrors aus unserem Gebiet zu vertreiben".

Zugleich prangert die Acin an, dass bis heute "sieben Massaker, 121 Morde, mehr als 80 direkte Drohungen und 142 Fälle von Rekrutierung von Minderjährigen" gemeldet wurden.

Auf einer Pressekonferenz am 22. Dezember berichteten Vertreter des Regionalen Indigenenrates von Cauca (Cric), dass bewaffnete Gruppen mehrere indigene Anführer im Norden Caucas auf ihre Liste der militärischen Ziele gesetzt hätten. "Wir haben die Anweisung gegeben, die Territorialkontrolle an den Punkten der indigenen Wache durchzuführen", sagte einer der Sprecher.

Die Indigene Wache (guardía indígena) ist für die Sicherheit in den indigenen Territorien zuständig und sorgt unter anderem dafür, bei Konfrontationen mit bewaffneten Akteuren zu deeskalieren. Jede indigene Gemeinschaft hat ihre eigene Einheit, die aus Kindern, Jugendlichen, Frauen und Männern jeder Altersgruppe besteht. Die Wachen unterscheiden sich in Größe und Organisationsgrad.

Der Interethnische und Interkulturelle Territoriale Rat von Nord-Cauca, in dem Indigene, Schwarze und bäuerliche Organisationen aus dieser Region des Departementos zusammengeschlossen sind, forderte seinerseits in einer öffentlichen Stellungnahme die Regierung auf, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, um die Sicherheit der Bevölkerung von Nord-Cauca zu gewährleisten. "Dies ist der Moment für eine entschiedene politische Antwort, die über bloße Erklärungen oder die Militarisierung der Gebiete hinausgeht", heißt es darin.

Neben dem Massaker an fünf Menschen im Schutzgebiet Canoas de Santander de Quilichao, bei dem der Lehrer John Freiman Ramos zusammen mit seiner Frau und seiner Tochter sowie zwei weitere junge Gemeindemitglieder in Santander de Quilichao ums Leben kamen, und der Ermordung des Bürgermeisters der Gemeinde Guachené, Elmer Abonía, wurde auch Eliécer Puyo Chocué ermordet. Zudem kam es zu einer Morddrohung gegen einen Bauernführer in der Gemeinde Cajibío. Der Cric informierte, dass Puyo, "ein Gemeindemitglied aus dem Indigenen Schutzgebiet von La Laguna", in den frühen Morgenstunden des 24. Dezember im Sektor Pescador in der Gemeinde Caldono getötet wurde.

Zudem hat der Nationale Agrarkoordinator (CNA) in einer öffentlichen Erklärung angeprangert, dass eines seiner Mitglieder, der Bauernanführer von Cajibío, am 19. Dezember von bewaffneten Gruppen eingeschüchtert wurde, als er mit seinem Motorrad in Crucero Palacé unterwegs war. Er habe bereits am 6. Juli Drohungen dieser Art erhalten, die bei den zuständigen Behörden angezeigt wurden. Der Betroffene habe seine Gemeinde daraufhin verlassen müssen.

Zahlen von Indepaz zeigen, dass zwischen dem 16. und 23. Dezember 2023 im Departamento Cauca ingesamt 17 Menschen ermordet wurden.

Ermes Pete Vivas, Parlamentsabgeordneter des Cauca und ehemaliges Cric-Mitglied, erklärte dazu: "Diese grausamen Taten sind ein Beweis für die wachsende humanitäre Krise in den indigenen Gebieten von Cauca. Wir fordern die Behörden auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um dieser eskalierenden Gewalt ein Ende zu setzen und die Sicherheit unserer Gemeinden zu gewährleisten".

Unterdessen hat die Regierung angekündigt, 130 zusätzliche Polizeibeamte einzusetzen, um die Sicherheitskrise im Cauca in den Griff zu bekommen. "50 Nachrichtendienst- und Ermittlungsbeamte sowie 80 weitere Spezialisten für Sondereinsätze" würden in das Gebiet entsandt, sagte Verteidigungsminister Iván Velásquez Gómez. Ziel der staatlichen Maßnahmen sei es, die illegale Wirtschaft und die bewaffneten Organisationen, die sie tragen, auszuschalten.

Nach Ansicht von Präsident Gustavo Petro sei die Gewalt in Cauca eine "Folge des Versuchs bewaffneter Organisationen, die Kontrolle über Gemeinden und populare Organisationen zu übernehmen". Diese bewaffneten Strukturen nutzten "den interethnischen Konflikt und die Macht der illegalen Wirtschaft aus". Er rief zu einer "Mobilisierung des Volkes" auf, um sich "dem Versuch der Kontrolle auf der Grundlage von Angst und Tod" zu widersetzen. Die Regierung werde diese Mobilisierung begleiten, so Petro.