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Venezuela: Exxon Mobil und die Zerschlagung des Staatsunternehmens Citgo

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Citgo brachte Venezuela jährlich Einnahmen von rund einer Milliarde US-Dollar ein
Citgo brachte Venezuela jährlich Einnahmen von rund einer Milliarde US-Dollar ein

Washington/Delaware. Mit dem US-Mineralölkonzern Exxon Mobil hat ein weiteres Unternehmen beantragt, seine Forderungen gegenüber dem venezolanischen Staat mit dem Verkauf von Citgo-Aktien zu verbinden.

Der laufende gerichtlich angeordnete Aktienverkauf könnte zur Zerschlagung von Venezuelas größtem Auslandsvermögen führen.

Citgo ist die in den USA ansässige Tochtergesellschaft des venezolanischen Ölunternehmens PDVSA. Ihr gehören drei Raffinerien und über 4.000 Tankstellen. Der Wert wurde auf zehn bis 13 Milliarden US-Dollar geschätzt. Die Firma lieferte regelmäßig jährliche Dividenden in Höhe von rund einer Milliarde Dollar. Caracas hat jedoch seit 2019 keine Einnahmen mehr erhalten, nachdem Washington die Selbstausrufung des Oppositionspolitikers Guaidós zum "Interimspräsidenten" anerkannt und die Leitung von Citgo an einen Ad-hoc-Vorstand der Opposition übergeben hatte.

Das Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) der Weltbank sprach Exxon Mobil vergangene Woche 77 Millionen US-Dollar zu, nachdem das Unternehmen erneut eine Klage gegen Venezuela über 1,4 Milliarden Dollar eingereicht hatte. Das Gericht erklärte, dass das Unternehmen bereits mit 908 Millionen Dollar aus einem von der Internationalen Handelskammer gewährten Schiedsspruch in Höhe von 984,5 Millionen Dollar entschädigt wurde und ihm nur die Differenz zusteht.

Exxon beantragte daraufhin, an der Versteigerung von Citgo-Aktien teilzunehmen, die vom Bezirksgericht in Delaware eingeleitet wurde, um eine Reihe von internationalen Schiedssprüchen gegen den Karibikstaat zu erfüllen.

Das Verfahren in Delaware wurde vom kanadischen Unternehmen Crystallex in Gang gesetzt, um eine Milliarde Dollar aus einem ICSID-Schiedsspruch einzutreiben, der 2008 für die Verstaatlichung seiner Goldbergbauaktivitäten in Venezuela erteilt wurde. Das Gericht stimmte der "Alter Ego"-Klage der Crystallex-Anwälte zu, wonach PDVSA und ihre Tochtergesellschaften für die Schulden des venezolanischen Staates haften.

Richter Leonard Stark leitete im Oktober 2022 das Aktienverkaufsverfahren ein und ernannte Robert Pincus zum "Special Master", um es zu leiten. Dieser setzte den Unternehmen eine Frist bis 21. August, um ihre Forderungen zusammen mit unterstützenden Urteilen und Aufstellungen von Schulden einschließlich Zinsen einzureichen.

Eine Reihe anderer Unternehmen haben Anträge gestellt, um zu versuchen, ihre internationalen Schiedsgerichtsforderungen einzufordern und durch die bevorstehende Versteigerung entschädigt zu werden. Sechs von ihnen erhielten in den letzten Wochen grünes Licht. Eine Gruppe von Hedgefonds fordert ebenfalls Zahlungen für ausstehende Schuldtitel.

Insgesamt belaufen sich die eingereichten Forderungen laut Reuters auf zehn Milliarden Dollar. Das Auktionsverfahren wird offiziell im Oktober beginnen, eine endgültige Entscheidung wird für Mitte 2024 erwartet. Die möglichen Käufer brauchen eine Sondergenehmigung der US-Regierung, das Finanzministerium hat indes eine "gefällige Genehmigungspolitik" zugesagt.

Exxon gehörte zu den Unternehmen, die sich weigerten, die neuen Rechtsvorschriften Venezuelas für den Ölsektor zu akzeptieren und ihre Projekte dort aufgaben. Nur Exxon Mobil und Conoco Phillips lehnten die Entschädigungsangebote der Regierung von Präsident Hugo Chávez ab und strebten ein internationales Schiedsverfahren an.

Conoco Phillips wird voraussichtlich 1,3 Milliarden Dollar aus einem Vergleich über zwei Milliarden zurückerhalten. Im Jahr 2019 sicherte sich das Unternehmen jedoch einen zweiten Vergleich vor dem ICSID in Höhe von 8,5 Milliarden Dollar, auf den inzwischen mehr als 1,5 Milliarden Dollar an Zinsen aufgelaufen sind. Obwohl gegen die Entscheidung noch die Berufung läuft, erwirkte die Firma ein Versäumnisurteil zur Vollstreckung des Schiedsspruchs, nachdem die Anwälte der "Übergangsregierung" nicht vor Gericht erschienen waren.

Guaidó und seine Mitarbeiter sind wegen ihres Umgangs mit venezolanischen Auslandsgütern und Rechtsstreitigkeiten mit dem Verdacht auf Amtsmissbrauch, geheime Absprachen und Interessenkonflikte konfrontiert. In dem Rechtsstreit mit ConocoPhillips ist einer der Hauptanwälte der Firma, Alberto Ravell, der Sohn von Guaidós ehemaligem Kommunikationsdirektor, dem Medienmogul Alberto Federico Ravell.

Die Regierung von Nicolás Maduro betont die Verantwortung der Opposition für die mögliche Zerschlagung des Unternehmens und bezeichnet den Verkauf von Citgo als "Raub des Jahrhunderts".