Argentinien / Politik

Kandidatenkür in Argentinien eröffnet, Präsident Fernández will keine zweite Amtszeit

alberto_fernandez_con_sergio_massa.jpg

Aus dem Rennen: Argentiniens Präsident Fernández (re.) und sein Wirtschaftsminister Massa
Aus dem Rennen: Argentiniens Präsident Fernández (re.) und sein Wirtschaftsminister Massa

Buenos Aires. Präsident Alberto Fernández stellt sich nicht zur Wiederwahl bei den Präsidentschaftswahlen im kommenden Oktober.

"Der wirtschaftliche Kontext zwingt mich, meine ganze Kraft darauf zu verwenden, die schwierigen Zeiten, die Argentinien durchlebt, zu bewältigen", sagte er am Freitag in einer Videobotschaft zur Begründung.

Trotz einiger positiver Entwicklungen, wie ein relativ hohes Wirtschaftswachstum und steigende Beschäftigungszahlen, leidet Argentinien weiterhin unter einer sehr hohen Inflation, die inzwischen über 100 Prozent im Jahr beträgt. Die von Wirtschaftsminister Sergio Massa getroffenen Maßnahmen brachten nicht den erwünschten Erfolg. Die freiwilligen Abkommen, die zu einer Begrenzung der Preise führen sollten, wurden von den Unternehmern nicht eingehalten und die Regierung wollte keinen Zwang anwenden, um sie durchzusetzen.

In den letzten Wochen gab es zudem starken Druck, um die Regierung zu einer Abwertung des Pesos zu zwingen. Der parallel und illegal gehandelte "Dollar Blue" erreichte neue Rekordwerte. Es handelt sich dabei zwar um einen Schwarzmarkt, der nur einen Bruchteil des offiziellen Devisenhandels beträgt. Dessen Kurs kennt jedoch jeder und er übt einen starken psychologischen Druck aus, vor allem über die oppositionellen Medien, die ihn fälschlicherweise als den "realen" Wert des Pesos darstellen. Dahinter steht einerseits politisches Kalkül, um die Regierung unter Druck zu setzen, aber auch ökonomische Interessen der Exporteure, die einen günstigeren Wechselkurs anstreben.

Ein weiteres schwerwiegendes Problem ist die Dürre, die im letzten Jahr zu einem drastischen Rückgang der Exporte und damit der Deviseneinnahmen geführt hat. Die Regierung schätzt einen Verlust bei den Exporterlösen von fast 20 Milliarden US-Dollar. Hinzu kommen die hohen Zahlungen, die auf Grund des von der Vorgängerregierung unter Mauricio Macri aufgenommenen Darlehens an den IWF geleistet werden müssen.

Die hohe Inflation setzt besonders den einkommensschwachen Teilen der Gesellschaft zu. Es mehren sich die Proteste der Gewerkschaften und der sozialen Organisationen gegen den IWF und seine Auflagen, die von der Regierung erfüllt werden.

Mit dem Rückzug von Fernández wird jetzt die Frage akut, wen die peronistische Bewegung aufstellen wird. Vizepräsidentin Cristina Kirchner ist laut Umfragen mit knapp über 30 Prozent Zustimmung nach wie vor die populärste Figur. Sie hatte jedoch nach der Verurteilung in dem äußerst umstrittenen Prozess gegen sie angekündigt, sich nicht zur Wahl stellen zu wollen. Wirtschaftsminister Massa hatte ebenfalls eine Kandidatur abgelehnt. Seine bisher dürftigen Ergebnisse im Kampf gegen die Inflation geben ihm auch wenig Chancen.

Daniel Scioli, unterlegener Präsidentschaftskandidat 2015 und aktueller Botschafter in Brasilien, hat Interesse bekundet. Er hat die Unterstützung des Präsidenten, aber sonst wenig Rückhalt in der Partei. Verteidigungsminister Agustín Rossi ist auch im Gespräch. Vom linken Flügel meldete sich bereits Anfang März Juan Grabois, Anwalt und Sozialaktivist. Gute Chancen hätte vermutlich der Gouverneur der Provinz Buenos Aires, Axel Kicillof, der jedoch vorerst lieber bei seinem aktuellen Posten bleiben will.

Bei der Opposition hatte Macri bereits seinen Rückzug aus dem Rennen angekündigt. Er führte zwar persönliche Motive an, die schlechten Umfragewerte dürften jedoch der tatsächliche Grund dafür sein. Um seine Nachfolge streiten die Präsidentin der Partei Propuesta Republicana (Pro), Patricia Bullrich, und der Bürgermeister von Buenos Aires, Horacio Larreta. Dieser Streit wird mit harten Bandagen geführt, inklusive Drohungen, Beschuldigungen und Durchstechen belastender Informationen.

Die bisher mit der Pro verbündete Unión Cívica Radical (UCR) will einen eigenen Kandidaten aufstellen, voraussichtlich den Gouverneur von Jujuy, Gerardo Morales, der seine Ambitionen bereits angekündigt hat.

Von rechts werden Pro und UCR derzeit von Javier Milei und seiner ultraliberalen Avanza la Libertad überholt, die bei Umfragen eine Zustimmung von bis zu 20 Prozent erzielt. Er lockt mit Vorschlägen wie der Abschaffung des Pesos und Übernahme des US-Dollar als Währung, die Abschaffung der Zentralbank und einem radikalen Zurücktreten des Staates, einschließlich der Aufhebung der Schulpflicht.