Keine Einheit der Linken in Guatemala für die kommenden Präsidentschaftswahlen

Langjährige Aktivistin der Landarbeiterorganisation Codeca als Kandidatin bereits 2019 mit Achtungserfolg. Weitere Akteure aus progressivem Lager treten an

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Thelma Cabrera kommt aus einer Landarbeiterfamilie und kandidiert für die Präsidentschaft
Thelma Cabrera kommt aus einer Landarbeiterfamilie und kandidiert für die Präsidentschaft

Quetzaltenango. Die linken und fortschrittlichen Parteien haben sich für die nächsten Präsidentschaft- und Parlamentswahlen in Guatemala auf keine gemeinsame Kandidatur geeinigt. Dies besiegelte die Festlegung der Partei Movimiento Para la Liberación de los Pueblos (MLP) auf ihre Kandidaten für Präsidentschaft und Vizepräsidentschaft.

Der Generalsekretär der ehemaligen Guerillaorganisation Unidad Revolucionaria Nacional Guatemalteca (URNG), Carlos Barrios, beklagte im Gespräch mit amerika 21, dass "die Einheit, wie sie die MLP gefordert hat", nicht akzeptabel gewesen sei.

Die Delegierten der MLP wählten am 28. Dezember Thelma Cabrera, die langjährige Aktivistin der Landarbeiterorganisation Comité de Desarrollo Campesino (Codeca) als Präsidentschaftskandidatin und Jórdan Rodas als Anwärter auf die Vizepräsidentschaft. Während die Ernennung von Cabrera erwartet worden war, nannten Beobachter die von Rodas überraschend.

Die MLP ging 2018 aus der Landarbeiterorganisation "Comité de Desarrollo Campesino" (Codeca) hervor. Zu ihren zentralen Forderungen gehören die Nationalisierung der privatisierten Daseinsvorsorge, Autonomierechte für die indigenen Völker und die Verfasstheit Guatemalas als plurinationaler Staat. Weitere Themen sind Umweltschutz und Widerstand gegen Großprojekte.

Cabrera kandidierte bereits 2019 für die Präsidentschaft (amerika21 berichtete) und konnte mit über zehn Prozent überraschend stark den viertgrößten Stimmenanteil erzielen, ihr fehlten nur rund drei Prozent, um die Stichwahl zu erreichen.

Rodas war bis August vergangenen Jahren als Menschenrechtsobman tätig. Nach Drohungen der politischen Rechten verließ er wenige Stunden vor Ablauf seiner Amtsperiode und der damit verbundenen Aufhebung der Immunität das Land (amerika21 berichtete). Der Vorsitzende der ultrarechten "Stiftung gegen den Terrorismus" hatte erklärt, man wolle Rodas nach dem Ende seiner Amtszeit "ins Gefängnis bringen".

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Die MLP bereitet sich auf die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Juni vor
Die MLP bereitet sich auf die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Juni vor

Die nationale Liste der MLP für die Parlamentsabgeordneten wird angeführt von Blanca Mejia, einem langjährigen leitenden Codeca-Mitglied. Auf Platz zwei und drei folgen Cirilo Perez Ordeñez, MLP-Generalsekretär und Vicenta Jeronimo, die aktuell einzige Abgeordnete der MLP.

Die URNG hat ein Wahlbündnis mit Winaq geschlossen ‒ der von Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú gegründeten Partei ‒ und damit ein Bündnis erneuert, das auch schon bei vergangenen Wahlen antrat, jedoch nur um die drei Prozent Wählerstimmen erreichte.

Die Partei Voluntad, Oportunidad y Solidaridad (VOS) tritt neu auf der politischen Bühne auf und benannte Ende Dezember Manuel Villacorta als ihren Präsidentschaftskandidaten. Der Journalist, Universitätsprofessor und ehemalige Diplomat Villacorta kandidierte 2019 noch für Winaq und erreichte seinerzeit gut fünf  Prozent der Stimmen.

Die Partei VOS wurde von Dissidenten der Partei Unidad Nacional de la Esperanza (UNE) gegründet, die von 2007 bis 2011 mit Álvaro Colom den Präsidenten stellte. Mehrere Abgeordnete der UNE hatten sich 2021 mit der langjährigen Parteichefin und mehrfachen erfolglosen Präsidentschaftskandidatin Sandra Torres zerstritten und daraufhin eine Gruppe der "Parlamentarischen Opposition" gegründet.

Schließlich will auch die aus den Antikorruptionsprotesten 2015 hervorgegangene links-sozialdemokratische Partei Movimiento Semilla mit eigenen Kandidaten antreten, diese allerdings erst im Januar wählen, erklärte der Semilla-Abgeordnete Román Castellanos gegenüber amerika 21.

Die Partei stellt mit fünf Abgeordneten in der aktuellen Legislaturperiode die stärkste Fraktion der politischen Linken und hat landesweit rund 25.000 Mitglieder.

Im rechten politischen Lager haben bisher sechs Parteien ihre Kandidaten benannt, erwartet werden allerdings bis zum Ablauf der Frist im März bis zu 30 Einschreibungen.

Aktuell will die Tochter des ehemaligen Diktators Efrian Rios Montt, Zury Rios, für ein Bündnis der Parteien Valor und Unionista für das Amt der Staatschefin kandidieren. Für die Partei Podemos tritt Roberto Arzú an, Sohn des Millionschweren Unternehmers Álvaro Arzú, der Guatemala von 1996 bis 2000 regierte und in dessen Amtszeit die Unterschrift des Friedensabkommens mit der Guerilla fiel, aber auch zahlreiche neoliberale Reformen und Privatisierungen.