St. Vincent und die Grenadinen: Setzt ein weiteres Land der Karibik Queen Elisabeth II ab?

Premierminister Gonsalves: Bevölkerung soll in einem Referendum abstimmen, ob ein Präsident des Landes die Königin als Staatsoberhaupt ersetzen soll

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Zuletzt besuchte "His Royal Highness" Prinz Charles als Vertreter von Königin Elisabeth II. St. Vincent und die Grenadinen (2019)
Zuletzt besuchte "His Royal Highness" Prinz Charles als Vertreter von Königin Elisabeth II. St. Vincent und die Grenadinen (2019)

Kingstown. Der Premierminister von St. Vincent und den Grenadinen hat eine Abstimmung über die Absetzung der englischen Königin Еlіzаbеth II als Staatsoberhaupt vorgeschlagen. Der karibische Inselstaat ist als parlamentarische Monarchie unter dem Dach Großbritanniens verfasst.

St. Vincent und die Grenadinen wurden im 17. Jahrhundert abwechselnd von Frankreich und Großbritannien beansprucht, 1783 übernahm Großbritannien dann die alleinige Kolonialherrschaft. 1969 erlangte St. Vincent eine weitreichende Autonomie. 1975 wurde das Land ein assoziierter Staat und am 27. Oktober 1979 unter dem neuen Namen St. Vincent und die Grenadinen unabhängig, verblieb aber im Commonwealth.

Premierminister Ralph Gonsalves von der Unity Labour Party erklärte nun die Absicht, die Bevölkerung des Landes in einem Referendum darüber abstimmen zu lassen, ob ein einheimischer Präsident die britische Königin als Staatsoberhaupt ersetzen soll.

Gonsalves erklärte jedoch vor dem Parlament, für das Referendum setze er die Unterstützung auch der Opposition voraus. Wenn die Opposition heute zustimme, sei er bereit, "vor Ende des Jahres oder Anfang nächsten Jahres die Frage in einem Referendum zu stellen", um einen Präsidenten ohne exekutive Funktionen, wie er in der Verfassung vorgesehen sei, einzusetzen. "Lassen Sie uns mit dieser einen Frage zu den Menschen gehen, um die nationale demokratische Aufgabe zu vollenden", so der Premier.

Im Jahr 2009 lehnten die Vincentianer eine entsprechend überarbeitete Verfassung noch mit deutlicher Mehrheit ab.

Der Premierminister stellte das angestrebte Referendum in den Zusammenhang des "Prozesses der Entkolonialisierung". Ein einzurichtendes Gremium sollte auch die koloniale Namensgebung von Einrichtungen und Orten, die die Kolonialverwaltung ehren, reflektieren und die Bezeichnung von Persönlichkeiten der Unabhängigkeitsgeschichte des Landes, wie George Augustus McIntosh, Ebenezer Theodore Joshua, Robert Milton Cato und JP Eustace als Nationalhelden empfehlen.

Auch in dieser Frage schlug Gonsalves vor, "parteiübergreifende Einigkeit" zu erzielen.

St. Vincent und die Grenadinen ist Mitglied der Karibischen Gemeinschaft (Caricom) und der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (Celac). Am 24. Juni 2009 trat das Land der von dem früheren venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez maßgeblich initiierten Bolivarischen Allianz für die Völker unseres Amerikas (Alba) bei.

Am 30. November 2021 hatte der unabhängige Karibikstaat Barbados die Königin von England als Staatsoberhaupt abgesetzt und Sandra Mason zum ersten einheimischen Staatsoberhaupt gewählt.

Anlässlich des Platinum-Jubiläums von Elisabeth II. reisten ihr Enkel William im März dieses Jahres mit seiner Ehefrau Kate in die Commonwealth-Realm-Staaten Bahamas, Belize und Jamaika. Diese ehemaligen britischen Kolonien haben ebenfalls weiterhin Elisabeth II. als Staatsoberhaupt. Die Besuche des Herzogenehepaars von Cambridge sollten dafür sorgen, dass sich die für London ungünstige Entwicklung nicht in noch mehr Staaten der Region fortsetzt.

Die Reise der "Royals" war indes von Kritik und Protesten geprägt.

Demonstrierende in Jamaika und den Bahamas forderten, dass das Königshaus sich für die Sklaverei des britischen Empire entschuldigt und zugesteht, dass Reparationen angebracht sind. In Belize sahen sie sich mit Protesten konfrontiert, die um einen Landstreit zwischen indigenen Gemeinden und der britischen Naturschutzorganisation "Fauna & Flora International" entbrannt sind. Deren "königlicher Patron" ist seit 2020 Prinz William. Die Demonstrierenden hoben auf Plakaten die koloniale Tradition von Landraub hervor und stellten den Streit um das Land als Fortsetzung einer jahrhundertealten Tradition illegaler britischer Landnahme dar. Den Besuch einer Kakaoplantage sagten die britischen Adligen wegen der Proteste ab.