Corona-Pandemie: Zentralamerika zwischen Leugnung und Abschottung

Staaten der Region unterschiedlich betroffen. Auch in Mittelamerika Debatten um Ausgangssperren. Massendemo gegen Virus in Managua

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Sicherheitskräfte drangen in Honduras auf der Suche nach Infizierten im Hauptstadtdistrikt in 240 Häuser ein
Sicherheitskräfte drangen in Honduras auf der Suche nach Infizierten im Hauptstadtdistrikt in 240 Häuser ein

Tegucigalpa u.a. Auch Zentralamerika sieht sich der Coronavirus-Krise mit bislang rund 400 Infizierten und zwei Todesfällen gegenüber. In den Ländern der Region wurden die beiden einzigen Todesfälle in Panama – dem Land der Region mit den meisten Fällen – und Guatemala gemeldet.

Zunächst gingen die Regierungen und Bürger Mittelamerikas entspannt mit der Krise um, weil angenommen wurde, dass hohe Temperaturen der Ausbreitung des Virus entgegenwirken. Heute aber gibt es tägliche Berichte über die Pandemie, die in Wuhan, China, begonnen und dort über 3.100 Tote gefordert hat.

Bislang ist El Salvador eines der Länder ohne nachgewiesene Infektionen mit dem Erreger SARS-CoV-2. Das Land hat sich im Wortsinn verbarrikadiert und bereitet sich mit großen Anstrengung darauf vor, die drohende Pandemie abzuwenden. Auch in Belize und Nicaragua sind das neuartige Coronavirus und die Atemwegserkrankung Covid-19 bislang nicht nachgewiesen – was aber nicht heißt, dass es keine Infektionsfälle gibt.

In Honduras sind inzwischen 26 Personen positiv auf das neuartige Coronavirus getestet worden. Für die ehemalige Gesundheitsministerin und Infektiologin Elsa Palou sind die bisher Infizierten jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Es gebe sicherlich schon Tausende SARS-CoV-2-Fälle, nur seien diese noch nicht diagnostiziert. Darüber hinaus bezweifle sie, dass die Labore ausreichend ausgestattet sind. Die in der letzten Woche vom Parlament verabschiedeten 420 Millionen US-Dollar für den Ausbau des Krankenhausnetzes seien nicht angemessen, da jetzt unter anderem Schutzmaterialien für das medizinische Personal und nicht Krankenhäuser benötigt würden, die in zwei Jahren fertiggestellt wären. Zudem sei die Anzahl der verfügbaren 100 Beatmungsgeräte unzureichend.

Weitere 140 Beatmungsgeräte und intensivmedizinische Gerätschaften sind am Mittwoch eingetroffen. Dr. Suyapa Figueroa, Vorsitzende der medizinischen Fakultät, kritisierte diese Käufe harsch und sagte, dass diese nicht die Mindestanforderungen erfüllen, die man nun für die Versorgung der betroffenen Bevölkerung benötige.

Bereits am vergangenen Sonntag hatte der honduranische Präsident Juan Orlando Hernández für das gesamte Staatsgebiet den Ausnahmezustand erklärt, der seit Montag in Kraft ist. Die Grenzen wurden für die nächsten sieben Tage geschlossen. Zusätzlich wurde in der Hauptstadt Tegucigalpa, in San Pedro Sula, Choluteca und La Ceiba eine absolute Ausgangssperre verordnet. Vergangene Woche sind bereits alle Schulen und Universitäten für 14 Tage geschlossen worden.

Medienberichten zufolge sind Sicherheitskräfte in Tegucigalpa auf der Suche nach Infizierten in Begleitung von medizinischem Personal in 240 Häuser eingedrungen.

Die Menschenrechtsaktivistin Bertha Oliva kritisiert die staatlichen Maßnahmen als unverhältnismäßig und willkürlich. Journalisten würden an der Ausübung ihrer Arbeit gehindert. Mehrere Anwälte hinterfragen die Aushebelung der freien Meinungsäußerung und betonen die Bedeutung der unabhängigen journalistischen Arbeit in der jetzigen Situation. Für den Anwalt Joaquin A. Mejía stellt die Ausgangsperre einen autoritären Akt dar.

Unterdessen forderten Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen die Mitgliedsstaaten in einer Presseerklärung auf, bei ihren Reaktionen auf das Coronavirus übertriebene Sicherheitsmaßnahmen zu vermeiden.

Guatemala meldete indes 17 Fälle und einen Toten durch Covid-19. Die Epidemie hat zu einem Verbot aller Aktivitäten geführt, bei denen Menschenansammlungen entstehen.

Costa Rica hatte zuletzt 117 positiv getestete Fälle gemeldet und Panama 245. Beide Länder haben mehr Tests auf das Coronavirus durchgeführt als andere Staaten der Region.

El Salvador hat bis zuletzt keine bestätigten Fälle gemeldet. Nach Angaben der Gesundheitsbehörden seien jedoch 1.900 Menschen im Zuge von Präventivmaßnahmen unter Quarantäne gestellt worden. Darüber hinaus wurde das Militär mobilisiert, um die illegale Einreise von Personen aus angrenzenden Staaten über die grüne Grenze zu verhindern.

In Nicaragua reagierte die Führung des linksgerichteten Daniel Ortega indes mit einem Appell zu "Liebe" – und Demonstrationen gegen den Virus. Ortegas Ehefrau und Vizepräsidentin, Rosario Murillo, hatte ihre Anhänger am Samstag vor einer Woche zu einem nationalen Aktionstag unter dem Motto "Liebe in der Zeit des Covid-19" aufgerufen. Der Marsch in der Hauptstadt Managua stand im Widerspruch zu allen Hinweisen von Virologen, wie die Ausbreitung des Virus in Mittelamerika gestoppt werden kann. Während andere Länder der Region ihre Bürger in Quarantäne schicken, motivierten Ortega und Murillo ihre Anhänger zur Teilnahme an der Aktion, bei der Tausende Menschen in Rot und Schwarz, den Farben der regierenden Sandinisten, auf der Avenida Bolívar, eine der größten Straßen der Hauptstadt, zusammenkamen. Daniel Ortega und Rosario Murillo nahmen an dem Aufmarsch nicht teil.