Argentinien / Politik

Narcoskandal in Argentinien erschüttert Mileis Partei vor Wahl

Enthüllungen über Verbindungen des inhaftierten Unternehmers Fred Machado zu Kandidaten und Regierungsleuten. Die Kampagne der Libertad Avanza leidet vor den Parlamentswahlen

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Präsident Milei gemeinsam mit dem Gouverneur der Provinz Chaco, Leandro Zdero und seiner in Korruptionsskandale involvierten Schwester Karina
Präsident Milei gemeinsam mit dem Gouverneur der Provinz Chaco, Leandro Zdero und seiner in Korruptionsskandale involvierten Schwester Karina

Buenos Aires. Mehrere Skandale setzen die Partei von Präsident Javier Milei in Argentinien vor den Parlamentswahlen unter Druck. Wahlumfragen sehen zwei Wochen vor dem Urnengang geringe Chancen für Libertad Avanza. Doch die Probleme für Milei beschränken sich nicht auf den Wahlkampf.

Finanzielle Engpässe zwangen ihn zum zweiten Mal innerhalb von kurzer Zeit, Unterstützung im Ausland zu suchen, diesmal bei der US-Regierung. Das ist die zweite Wirtschaftsrezession innerhalb von 24 Monaten für das südamerikanische Land. Dazu kommen der Skandal um seine Kryptowährung Libra, die Korruptionsvorwürfe gegen seine Schwester und die schwerwiegenden Beschuldigungen gegen gleich mehrere seiner Kandidaten.

Der Spitzenkandidat der Regierungspartei für die Provinz Buenos Aires, Javier Espert, musste erst vergangene Woche von seiner Kandidatur zurücktreten. Grund war der Vorwurf, er habe Geld von dem wegen Geldwäsche inhaftierten Fred Machado erhalten (amerika21 berichtete). Dieser soll auch enge Verbindungen zum mexikanischen Drogenkartell aus Sinaloa haben.

Espert hatte die Vorwürfe lange als "politische Operation" zurückgewiesen, jedoch kamen die Beweise durch den Prozess gegen Machado in Texas (USA) ans Licht. Der Unternehmer wartete seit drei Jahren unter Hausarrest auf seine Auslieferung.

Der Skandal brachte nun Bewegung in das Verfahren und der argentinische Oberste Gerichtshof genehmigte die Übergabe Machados an die US-Justiz. Bei der Durchsuchung seines Hauses tauchte ein Vertrag mit Espert über insgesamt eine Million US-Dollar auf.

Espert hatte zunächst die Zahlungen geleugnet, später jedoch mehrere unterschiedliche Erklärungen über deren Herkunft und Zweck abgegeben; das Geld hatte er außerdem nicht in der Offenlegung seiner Einkommen angegeben, obwohl dies Pflicht für Abgeordnete ist. Deshalb wurde auch gegen ihn eine Klage wegen Geldwäsche und unrechtmäßiger Bereicherung eingereicht. Sein Abgeordnetenposten lässt er derzeit ruhen.

In den Skandal wurde jedoch auch die derzeitige Sicherheitsministerin und Kandidatin auf einen Senatorenposten Patricia Bullrich hineingezogen. Sie musste eingestehen, dass ihr die Beziehungen zwischen Espert und Machado bereits seit 2021 bekannt waren.

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Nachfolger für den Posten des Spitzenkandidaten bringen ebenso belastenden politischen Ballast mit: Bei Diego Santilli, einem Überläufer aus der Partei von Ex-Präsident Macri, kam kürzlich heraus, dass sein letzter Wahlkampf von dem verurteilten Finanzbetrüger Leonardo Cositorto mitfinanziert wurde. Zudem wird ihm vorgeworfen, einen Lebensstil zu führen, der nicht zu seinen angegebenen Einkünften passt. Zudem besitzt er nicht deklarierte Firmen im Ausland. Im Jahr 2021 tauchte sein Name in den Pandora-Papers auf.

Die nächste mögliche Kandidatin, die ehemalige Schauspielerin und Vedette Karen Reichardt (bürgerlicher Name Carina Vasquez) hat zwar keine Probleme dieser Art, sie fiel jedoch aufgrund rassistischer und diskriminierender Kommentare auf X auf. Dies dürfte ihr zwar bei der Kernwählerschaft der LLA nicht schaden, bei moderaten Wählern aber auf Ablehnung stoßen.

Auch über die aktuelle Abgeordnete und Listenerste in der Provinz Río Negro, Lorena Villaverde, wurde bekannt, dass sie mit dem Umfeld von Fred Machado verbunden ist und vor Jahren in den USA wegen des Transports von 400 Gramm Kokain verhaftet wurde. Überhaupt scheinen die Verwicklungen Machados mit der Partei Mileis viel intensiver zu sein als bisher bekannt.

Neben dem Skandal selbst besteht nun das Problem für die Partei, dass Esperts Porträt noch immer auf den Wahlzetteln der Provinz zu sehen ist, die ca. 40 Prozent der Wählerschaft im Land stellt. Die Partei beantragte zwar schon, die Wahlzettel auszutauschen. Da jedoch kürzlich erst ein einheitlicher Wahlzettel eingeführt wurde, auf dem alle Parteilisten zusammen aufgeführt sind, wurde dieses Anliegen von der Wahljustiz zurückgewiesen. Grund hierfür seien die Kürze der Zeit und die damit verbundenen hohen Kosten - ca. zwölf Millionen US-Dollar.

Javier Milei geht indessen auf diese Themen gar nicht ein. Am Montag vergangener Woche präsentierte er in der Movistar Arena vor ca. 15.000 Anhängern sein Buch La construcción del Milagro (Der Aufbau des Wunders), bei dem er ein Rockkonzert veranstaltete mit sich selbst als Lead-Sänger und einigen seiner Mitarbeiter und zwei Abgeordneten in der Band und dem Chor. Die Veranstaltung wurde auch von ihm zugeneigten Politikern und Journalisten als geschmacklos und zum falschen Zeitpunkt bezeichnet.

Auch hier gibt es Kritik: Die hohen Kosten für die Miete der Arena von über 200.000 US-Dollar wurden angeblich von dem Pharmaunternehmen Droguería Suizo-Argentina gespendet, das im Korruptionsskandal um die Behindertenbehörde ANDIS verwickelt ist (amerika21 berichtete).