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Nationaler Wissenschaftsrat in Mexiko präsentiert marktreife Alternativen zu Glyphosat

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Im Rahmen des staatlichen Programms Sembrando Vida gibt es 18.200 bäuerlichen Lerngemeinschaften mit 4.000 Feldschulen
Im Rahmen des staatlichen Programms Sembrando Vida gibt es 18.200 bäuerlichen Lerngemeinschaften mit 4.000 Feldschulen

Mexiko-Stadt. Die mexikanische Regierung hat auf einer Pressekonferenz wissenschaftliche Ergebnisse präsentiert, denen zufolge die Nahrungsproduktion ohne Glyphosat möglich ist, und praktikable Alternativen vorgestellt. Das Totalherbizid gilt als wahrscheinlich krebserregend.

Der Nationale Rat für Geisteswissenschaften, Wissenschaften und Technologien (Conahcyt) und weitere Institutionen hatten im Auftrag der Regierung landesweit wissenschaftliche Versuchsprojekte durchgeführt. Das zugrunde liegende Dekret von Präsident Andrés Manuel López Obrador vom 13. Februar 2023 sieht die Einschränkung und das schrittweise Verbot von Glyphosat und gentechnisch verändertem Mais vor (amerika21 berichtete).

Mit diesem Präsidialdekret hat die Regierung einen agrarökologischen Wandel angestoßen zur Abkehr vom neoliberalen Modell industrieller Agrarproduktion, das hohe Treibhausgasemissionen, Landraub, Gesundheitsschäden bei Mensch und Tier und den Verlust der biologischen Vielfalt verursacht.

Die mexikanische Aktionsplattform zum Verzicht auf Glyphosat umfasste 85 Forschungsprojekte mit mehr als 100 Instanzen mit über 700 Fachleuten, bäuerlichen Gemeinschaften und Unternehmen. Der aufwändige wissenschaftliche Prozess diente der Validierung von 87 agrarökologischen Bewirtschaftungsplänen auf 17.000 Hektar in 22 Bundesstaaten.

Dabei wiesen 18.000 kleine und große Erzeuger:innen kooperativ nach, dass die agrarökologische Produktion ohne Glyphosat höhere Erträge und Gewinne sowie Gesundheits- und Umweltvorteile bringt und niedrigere Produktionskosten verursacht.

Die Verringerung des Glyphosat-Imports ab 2019 habe keinen Rückgang der Produktion von Lebensmitteln wie Mais und anderen zur Folge gehabt, die Ernährungssicherheit sei gewährleistet.

Laut Conahcyt wurden drei neue, mexikanische Herbizide mit Wirkungsgraden von über 90 Prozent entwickelt, deren Produktion derzeit auf industrielle Ebene ausgeweitet wird. Für eines davon hat der Nationale Dienst für Gesundheit, Sicherheit und Qualität in der Landwirtschaft bereits bei der Bundeskommission für den Schutz vor Gesundheitsrisiken die Genehmigung beantragt.

Zudem wurden drei in Mexiko und drei auf internationalen Märkten bereits kommerziell verfügbare Bioherbizide identifiziert, alle mit einer Wirksamkeit von bis zu über 90 Prozent im Stadium vor und nach Pflanzenaufgang. Diese Produkte sind in der Europäischen Union und in den USA zugelassen und seien bereit für die industrielle Produktion.

In Mexiko bewirtschaften bereits 4,5 Millionen Menschen 7 Millionen Hektar ohne Glyphosat und andere Pestizide. Die gemeinschaftliche Produktion von Bio-Inputs auf Dorfebene hat dabei besondere Bedeutung: Mit den Förderprogrammen "Produktion für das Wohlergehen" und "Leben Säen" wurden 67,8 Millionen Liter flüssige und 350.000 Tonnen feste Bio-Inputs produziert.

Weitere Kapazitäten hätten die 18.200 bäuerlichen Lerngemeinschaften des Sembrando Vida-Programms mit 4.000 Feldschulen, landesweit 30.290 Bioinput-Produktionsflächen und über 688.000 erfahrenen Bioinput-Erzeuger:innen.

Über diese beiden Programme hat die Regierung seit 2023 bereits auf 5,2 Millionen Hektar mit 1,95 Millionen Landwirt:innen agrarökologische Systeme eingeführt und viel Glyphosat eingespart.

Zudem betreiben in Mexiko 215.000 Landwirt:innen auf 658.000 Hektar zertifizierten Ökolandbau.

Der nationalen Erhebung des Conahcyt zum Glyphosateinsatz zufolge werden landesweit etwas über zwei Millionen Liter Glyphosat pro Jahr verwendet. Die meisten Landwirt:innen nutzten kein Glyphosat oder sind seit fünf Jahren im agrarökologischen Übergang.

Sämtliche Erzeuger:innen nutzten erfolgreich auch traditionelle, manuelle oder maschinelle Praktiken nichtchemischer Vegetations- und Schädlingskontrolle, wie Unkrautbekämpfung durch Freischneider oder Feuer, mit Macheten und von Hand, Bodenbearbeitung mit Tieren, Fruchtfolgen, Mischkulturen, vorgezogene Aussaat-Zeitpunkte sowie biologische Herbizide. Die meisten kleinen und mittleren Landwirt:innen verwenden einheimisches Saatgut im Rahmen des Milpa-Systems (Mais in Mischkultur mit Agroforstsystemen).