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Glyphosatverbot in Mexiko: Greenpeace widerspricht der Agrarindustrie

An Bericht beteiligte Expert:innen und Landwirt:innen bestätigen, dass eine glyphosatfreie Produktion technisch und wirtschaftlich machbar ist

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"Mein Stolz ist meine Wurzel, mein Mais" steht auf einem Wandbild in Mexiko
"Mein Stolz ist meine Wurzel, mein Mais" steht auf einem Wandbild in Mexiko

Mexiko-Stadt. Die Umwelttorganisation Greenpeace hat mit einer neuen Studie auf den in Mexiko immer größer werdenden Widerstand der Agrarindustrie gegen das Verbot von gentechnisch verändertem Mais und das schrittweise Verbot von Glyphosat bis 2024 reagiert. Vor rund neun Monaten hatte die mexikanische Regierung ein entsprechendes Dekret verabschiedet. Die Verbots-Gegner berufen sich vor allem auf das internationale Freihandelsabkommen zwischen Mexiko, den USA und Kanada (T-MEC) und haben mittlerweile 26 Einsprüche eingelegt. 

Greenpeace hat daher zusammen mit Landwirt:innen, Jurist:innen und Agrarwissenschaftler:innen in ihrem neuen Gutachten "Landwirtschaft ohne Glyphosat - Alternativen für einen agrarökologischen Übergang" ausführlich analysiert, warum die Anwendung dieses Dekrets verfassungsgemäß, möglich und legitim ist. Der Bericht beleuchtet verschiedene Arten von Regulierungsinstrumenten und bewertet juristisch die Rechtmäßigkeit des Dekrets sowie die Möglichkeiten, es vor nationalen und internationalen Justizbehörden zu verteidigen. Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass weder das T-MEC noch die Klageflut das mexikanische Glyphosatverbot kippen können.

Laut Manuel Becerra, emeritierter Forscher des Nationalen Forschungssystems, haben Normen zum Schutz der Umwelt Vorrang, wenn sie durch ein Freihandelsabkommen gefährdet werden. Er stellt fest, dass die mexikanischen Umweltgesetze wie auch das Genmais- und Glyphosatverbotsdekret im internationalen Recht verankert sind, das in Übereinstimmung mit der Verfassung angewendet werden muss. Das Dekret sei daher verfassungskonform und stehe im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsbestimmungen sowie den Bestimmungen der Freihandelsabkommen, die in den letzten Jahren Verpflichtungen zum Schutz der Umwelt aufgenommen haben.

Der Bericht erörtert zudem agrarökologische Alternativen zum Glyphosat-Einsatz, um Ökosysteme und die biologische Vielfalt nicht zu schädigen. Biologische "Unkrautkontrolle" ziele laut Miguel Ángel Escalona Aguilar, Wissenschaftler an der Universidad Veracruzana, darauf ab, ungewünschte Beikräuter zu regulieren, die mit den Hauptkulturen um Wasser und Nährstoffe konkurrieren.

Anwender:innen wie die Kaffeproduzentin Gisela Illescas Palma legen in dem Bericht dar, wie sie in Erzeugergemeinschaften seit über 15 Jahren in der Lage sind, agroökologischen Kaffee ohne den Einsatz von Glyphosat zu produzieren. Dies gelinge aufgrund einer ganzheitlichen Sichtweise des Kaffeesystems als ein Agrarökosystem, in dem Kaffee eines von mehr als 100 Produkten wie Früchten, Pilzen, Heilpflanzen, Insekten oder Brennholz ist. Der Wechsel von Monokulturen zur Agrarökologie habe es vielen Frauen ermöglicht, selbständig ihr Land zu bewirtschaften und eigene Entscheidungen zu treffen.

Laut Viridiana Lázaro, Landwirtschafts- und Klimaexpertin bei Greenpeace Mexiko, richtet sich der neue Bericht an die Bundesbehörden, die für die Umsetzung des Präsidialdekrets verantwortlich sind. Zuständig sind verschiedene Ministerien wie das Ministerium für Umwelt und natürliche Ressourcen, das Wirtschaftsministerium, das Ministerium für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung und das Gesundheitsministerium unter Beteiligung des Nationalen Rates für Wissenschaft und Technologie.

Das Greenpeace-Gutachten fordert die Behörden auf, den agrarökologischen Übergang zur Ernährungssouveränität durch sektorübergreifende Zusammenarbeit voranzutreiben. Daraus soll ein grundlegender Wandel auf der Grundlage agrarökologischer Prozesse und in Verbindung mit bäuerlichem Wissen zur Bekämpfung des fortschreitenden Klimaerhitzung resultieren.

Am 29. September, dem internationalen Tag des Mais, erinnerte die Kampagne "Ohne Mais gibt es kein Land" von 300 mexikanischen Nichtregierungsorganisationen daran, dass der Anbau von gentechnisch verändertem Mais den Einsatz des Herbizids Glyphosat als Teil des agroindustriellen Technologiepakets beinhaltet. Das Bündnis verteidigt daher das Präsidialdekret zum schrittweisen Glyphosat- und Genmais-Verbot, um den Schutz der biologischen Vielfalt und einheimischen Saatguts sowie der Milpa zu gewährleisten, die Teil der traditionellen mexikanischen Ernährung, der Kosmovision der indigenen und bäuerlichen Gemeinschaften sind.