"Kolumbien fördert den Frieden": Präsident Petro antwortet auf Brief von Israels Premierminister

Netanjahu bittet Petro um Einsatz für Freilassung der Hamas-Geiseln. Kolumbiens Präsident schlägt Friedenskommission vor und weist Handlungen, die "die Beseitigung des Anderen beinhalten" zurück

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Netanjahu und Petro äußern ihre unterschiedlichen Auffassungen deutlich
Netanjahu und Petro äußern ihre unterschiedlichen Auffassungen deutlich

Tel Aviv/Bogotá. Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro hat als Antwort auf einen Brief des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu sein Engagement für den Frieden bekräftigt.

Der Premier hatte Petro am 11. Januar in einem öffentlichen Schreiben um Unterstützung für die "sofortige und bedingungslose Freilassung" der Hamas-Geiseln gebeten.

Darin schlug Netanjahu ihm vor, Druck auf das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), den Iran, Katar und die Türkei auszuüben, da "sie direkt oder indirekt zugunsten der Hamas handeln."

Unter den "136 Geiseln, die von den Hamas-Terroristen festgehalten werden", befinde sich auch der kolumbianische Staatsbürger Elkana Bohbot, daher habe Kolumbien ein gemeinsames Interesse mit Israel, sich für die Freilassung der Geiseln einzusetzen, heißt es in seinem Schreiben.

In seinem Antwortbrief schreibt Petro, er halte es "für vorrangig, rasch auf eine sofortige Einstellung der Feindseligkeiten hinzuwirken und Gespräche über die Freilassung aller Geiseln aufzunehmen". Außerdem schlägt er die Einrichtung einer Friedenskommission aus mehreren Ländern vor, die die Freilassungen sicherstellen und "das übergeordnete Ziel der Beendigung der Gewalt zwischen Israel und Palästina erreichen" soll.

"Kolumbien und meine Regierung bieten ihre guten Dienste zu diesem Zweck an", so Petro. "Ich habe und werde Handlungen, die die Beseitigung des Anderen beinhalten, energisch zurückweisen", fügte er hinzu.

"Kein Blutvergießen bedeutet zu reden, immer wieder nach gemeinsamen Wegen zu suchen, bis die Menschen nicht mehr in die Knie gezwungen werden, bis die Rechte garantiert sind, bis der Frieden Realität ist. Inmitten dieser sinnlosen und verwerflichen Gewalt, die unsere Länder heimsucht, kann der einzige Weg nach vorne nur ein Friedensabkommen sein, um das Leben zu erhalten", so Petro.

Der progressive Politiker betont zum Schluss, "dass Kolumbien für den Frieden und die Achtung des Völkerrechts eintritt und keine Mühe scheuen wird, um den Frieden auf dem Planeten, den wir gemeinsam bewohnen, Wirklichkeit werden zu lassen."

In Bezug auf Elkana Bohbot informiert Petro Netanjahu, dass er am 21. November die Einbürgerung des Israeli angeordnet hatte, um seine Freilassung zu erleichtern. Bohbot sei mit einer kolumbianischen Staatsbürgerin verheiratet und die Regierung setzte sich auf "höchster Ebene" dafür ein, dass er zu seiner Familie zurückkehren könne.

In seinem Brief an Petro warf Netanjahu dem IKRK vor, "eine inakzeptable Passivität gegenüber den Bedürfnissen der Geiseln" an den Tag gelegt und "eine klare Stellungnahme zur Schuld der Hamas an der Verletzung der elementarsten Normen zivilisierten Verhaltens" vermieden zu haben.

Der Iran seinerseits habe die Hamas "finanziert, bewaffnet und diplomatisch unterstützt" und bleibe dennoch "unberührt von internationaler Kritik", so Netanjahu. Auch Katar und die Türkei seien "noch nicht dafür zur Rechenschaft gezogen worden, dass sie den Drahtziehern der Terrorkampagne der Hamas gegen Israel Unterschlupf gewährt haben."

Netanjahu empört sich in dem Brief zudem über die "moralische Verwirrung und vorsätzliche Desinformation", "als ob es irgendeine Gleichwertigkeit zwischen der Isis-ähnlichen Grausamkeit der Hamas und Israels Kampagne zur Befreiung der Geiseln und zur Verteidigung seines Volkes vor weiterer Barbarei gäbe".

Laut dem Premier müssen "die zivilisierten Länder gemeinsam gegen Terroristen und ihre Hintermänner vorgehen". Er appellierte an Petro, "alles in seiner Macht Stehende zu tun, um die Freilassung von Elkana und den anderen 135 Geiseln zu erreichen".

Petros Kritik an der Bombardierung der palästinensischen Bevölkerung durch Israel ist weithin bekannt. Die israelische Regierung beschuldigte ihn des Antisemitismus (amerika21 berichtete). Daraufhin erklärte der kolumbianische Regierungschef: "Mir wurde vorgeworfen, ich sei antisemitisch und unterstütze die Hamas. Das ist ignorant. Ich kann keine Organisation verteidigen, die die Verbindung von Religion und Staat stützt".

Davor hatte er auch geäußert: "Die Hamas und die israelische Rechte ernähren sich vom Blut des jeweils anderen". Zur Förderung des Dialogs zwischen Israel und Palästina hat er sich wiederholt für eine internationale Friedenskonferenz ausgesprochen.

Anfang November rief Petro Botschafterin Margarita E. Manjarrez Herrera zu Konsultationen aus Israel zurück. "Wenn Israel das Massaker an der palästinensischen Bevölkerung nicht stoppt, können wir dort nicht bleiben", postete er auf X.  In der offiziellen Erklärung des Außenministeriums hieß es: "Kolumbien verurteilt aufs Schärfste das Vorgehen der israelischen Sicherheitskräfte im Gazastreifen in den dicht von Zivilisten besiedelten Gebieten".

Zuletzt hatte er das Urteil des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag begrüßt: "Triumph der Menschlichkeit: Israel muss Völkermord verhindern", so der Präsident.

Südafrika hatte Klage gegen den Staat Israel wegen der mutmaßlichen Verletzung der Konvention über den Völkermord hinsichtlich der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen eingereicht. In einer ersten Entscheidung hat der IGH Israel am 26. Januar aufgefordert sicherzustellen, dass seine Kriegführung keinen der Tatbestände des Völkermords erfüllt. Israel muss zudem innerhalb eines Monats einen Bericht vorlegen, in dem es sämtliche Maßnahmen zur Verhinderung eines Genozids dokumentiert.