Gustavo Petro auf der COP28: "Heuchlerisches fossiles Kapital" will keine Demokratie

Aufruf zur Umkehrung der "Machtverhältnisse" für das Klima. Ungleichheit und Nahostkonflikt thematisiert. Kritik aus Deutschland. Applaus von Hollywood-Stars

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Präsident Gustavo Petro: Der "Konsum der reichsten Bevölkerungsschicht der Menschheit" bringe das Leben auf der Erde "an den Rand des Aussterbens"
Präsident Gustavo Petro: Der "Konsum der reichsten Bevölkerungsschicht der Menschheit" bringe das Leben auf der Erde "an den Rand des Aussterbens"

Dubai. Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro hat auf der UN-Klimakonferenz in Dubai den fossilen "Kapitalismus der reichen Länder" für die Klimakrise verantwortlich gemacht. Deren Folgen träfen die armen Länder am härtesten und lösten immer größere Migrationsströme aus, denen die reichen Länder mit immer mehr Gewalt begegnen würden. Ihre aktuelle Reaktion auf den "Völkermord und die Barbarei" in Palästina sei ein Beispiel dafür, was künftige Klimavertriebene erwarte.

Die "Diskurse der Demokratie, der menschlichen Werte und des Völkerrechts" der reichen Länder des "fossilen Kapitals" seien "heuchlerisch". Sie kümmerten sich heute nicht um das Kind, "das unter der Bombe stirbt". Das "fossile Kapital umarmt" lieber den Zionisten und "rettet nicht das Kind unter den Bomben", so Petro bei der Eröffnungszeremonie der COP28.

Dieses Verhalten der reichen Länder stehe im Zusammenhang mit ihrer "einwanderungsfeindlichen Haltung" und dem "Aufstieg der extremen Rechten in diesen Ländern". "Hitler klopft an die Türen der europäischen und nordamerikanischen Mittelschicht und viele haben ihn bereits hereingelassen", sagte Petro. Sie "bereiten sich darauf vor, ihren hohen Kohlenstoffverbrauch zu verteidigen" und die damit verbundene Einwanderung aus dem globalen Süden abzuwehren.

Das Auswärtige Amt wies Petros Vergleich als "schräg" zurück. Es sei "inakzeptabel", "krude Vergleiche zur NS-Zeit zu ziehen", postete die Behörde auf X. Petro relativiere damit den Holocaust.

Die Ziele des Pariser Klimaabkommens bezeichnete Petro als gescheitert. Heute würden zwölf Prozent mehr CO2 ausgestoßen als 2010, was bedeute, dass die reichsten Schichten der Menschheit ihren Kohlenstoffverbrauch erhöht hätten. Es sei "der Konsum der reichsten Bevölkerungsschicht der Menschheit", der "das Leben auf der Erde, einschließlich des menschlichen, an den Rand des Aussterbens bringt".

Der Klimafonds sei nicht wie versprochen mit Finanzmitteln ausgestattet worden. Der Fonds soll die Bevölkerungsgruppen schützen, die kaum CO2 ausstoßen, nämlich die ärmeren. Das Scheitern des Pariser Abkommens sei "auf den Widerstand der derzeitigen globalen Machtstruktur gegen die Beseitigung der sozialen Ungleichheit zurückzuführen", so Petro.

Wenn die reichen Teile der Gesellschaften am meisten CO2 produzieren und die ärmeren am wenigsten, dann müsse eine "dekarbonisierte Gesellschaft" Gleichheit in einem kohlenstofffreien Konsum bringen. Dies setze eine andere Produktions- und Konsumlogik voraus und würde die "Machtverhältnisse in der Welt" auf den Kopf stellen.

Die bestehende "Machtarchitektur" ändere sich jedoch nicht von selbst. Es sei die Aufgabe des globalen Südens, sich zu vereinen und "sich mit denen zu verbünden, die im Norden und in China die Straßen fegen, die Toiletten putzen und die Maschinen der Industrie bewegen", erklärte Petro.

Kolumbien schlage vor, die COP-Pläne verbindlich zu machen und den "Multilateralismus", also die Zusammenarbeit der Staaten bei der Planung des Übergangs zu einer "kohlenstofffreien Wirtschaft", zu stärken. Da die meisten Klimaschutzmaßnahmen nicht profitabel seien, sei der öffentliche Sektor der jeweiligen Staaten gefragt, betonte Petro auch auf dem Forum "Transformation der Klimafinanzierung".

Kolumbien habe bereits vorgeschlagen, das internationale Finanzierungssystem zu reformieren und Auslandsschulden gegen Klimaschutzmaßnahmen einzutauschen. Dies umzusetzen liege unter anderem "in den Händen der Eigentümer des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank", so Petro. "Es kann nicht um Milliarden gehen, sondern um Billionen von US-Dollar".

Auch an China appellierte der kolumbianische Präsident bei einem Treffen der G77-Gruppe plus China im Rahmen der COP28. "Einer der Besitzer der internationalen Auslandsschulden ist hier in dieser Veranstaltung", sagte Petro. "Mit China müssten wir innerhalb des IWF und des multilateralen Bankensystems einen Dialog darüber führen, wie die Schulden der Staaten auf der ganzen Welt reduziert werden können".

Petro bezog sich auch drauf, dass Kolumbien das erste lateinamerikanische Land ist, das der Initiative zur Nichtverbreitung fossiler Energien beigetreten ist. "Kolumbien unterzeichnet keine Verträge mehr für die Exploration von Öl, Kohle oder Gas, hat die Subventionierung von Benzin abgeschafft und wird Fracking verbieten." Im vergangenen Jahr habe das Land die Abholzung im Amazonasgebiet aus eigener Kraft um 70 Prozent reduziert. 70 Prozent des eigenen Bedarfs decke Kolumbien mit sauberer Energie, berichtete Petro bei der Eröffnungszeremonie der COP28.

Die Reden der kolumbianischen Umweltministerin Susana Muhamad in den Foren der COP28 fanden großen Beifall. Sie forderte unter anderem offene Debatten, an denen alle UN-Mitglieder teilnehmen können, anstelle solcher, die derzeit teilweise "hinter verschlossenen Türen" stattfinden.

Internationale Stimmen haben die Statements der kolumbianischen Regierung auf der COP28 gelobt. Zum Beispiel die Hollywood-Schauspieler Mark Ruffalo, der den Hulk spielte, und John Leguízamo. Beide fanden den Auftritt von Petro und Muhamad auf der COP28 "beeindruckend".