Andenländer vereinbaren enge Kooperation gegen das organisierte Verbrechen

Eskalation der Gewalt in Ecuador durch die organisierte Kriminalität wird als "Bedrohung für die demokratische Institutionalität" der Region eingeschätzt

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Außerordentliche Tagung der Außenminister und der für die Sicherheit zuständigen Minister der Andengemeinschaft
Außerordentliche Tagung der Außenminister und der für die Sicherheit zuständigen Minister der Andengemeinschaft

Lima. Bolivien, Ecuador, Kolumbien und Peru haben die Schaffung eines Sicherheitsnetzwerkes gegen das organisierte Verbrechen vereinbart. Dies geht aus einer gemeinsamen Erklärung hervor, die die vier Mitgliedsländer der Andengemeinschaft (Comunidad Andina, Can) am vergangenen Sonntag in der peruanischen Hauptstadt Lima unterzeichnet haben.

Der Beschluss wurde auf einer außerordentlichen Sitzung des Rates der Außenminister und der für die Sicherheit zuständigen Minister der einzelnen Länder gefasst.

Bolivien, das derzeit den Can-Vorsitz innehat, hatte die Sitzung angesichts der jüngsten Welle der Gewalt durch die organisierte Kriminalität in Ecuador einberufen, die dort nach der Flucht des Drogenbosses "Fito", am 7. Januar ausgelöst wurde (amerika21 berichtete). Dabei war es zu mehreren Toten, Gefängnisunruhen, Entführungen von Polizisten und Gefängnisbeamten sowie Explosionen auf den Straßen gekommen. Schwer bewaffnete Männer waren in eine Livesendung des Fernsehsenders TC Television in Guayaquil eingedrungen und hatten mehrere Mitarbeitende als Geiseln genommen. Präsident Daniel Noboa erklärte daraufhin den "internen bewaffneten Konflikt" und rief den Ausnahmezustand aus.

Diese Eskalation der Gewalt wurde von der Andengemeinschaft als "Bedrohung für die demokratische Institutionalität" der Region betrachtet. Das nun von Bolivien einberufene außerordentliche Treffen der Andengemeinschaft hatte zum Ziel, "eine koordinierte Antwort auf die Herausforderungen der subregionalen Sicherheit zu finden".

Das Anden-Sicherheitsnetzwerk soll täglich rund um die Uhr Informationen über die Aktivitäten von kriminellen Gruppen, die grenzüberschreitend tätig sind oder sein könnten, bereitstellen, empfangen und von anderen Ländern anfordern. Eine gemeinsame Datenbank soll eingerichtet werden. Zudem wurde vereinbart, "so schnell wie möglich koordinierte Polizei- und/oder Militäroperationen in den Grenzgebieten der Mitgliedsländer durchzuführen, um die grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen". Der Schwerpunkt solle auf der Bekämpfung von Drogenhandel, Menschenhandel, illegalem Bergbau und Waffenhandel liegen. Alle Operationen müssten die Gesetze und die Politik der einzelnen Can-Länder respektieren.

Das Sicherheitsnetz werde seine Arbeit im ersten Quartal 2024 aufnehmen. Dafür werde eine hochrangige Gruppe eingesetzt, um diesen und andere Punkte des vereinbarten Plans umzusetzen, heißt es in der Vereinbarung weiter.

Unterdessen informierte die US-Botschaft in Ecuador, dass eine US-Delegation unter Leitung des Sonderberaters des Präsidenten für Amerika, Christopher Dodd, vom 22. bis zum 25. Januar das südamerikanische Land besucht. Ziel sei, "Möglichkeiten zur Beschleunigung der bilateralen Sicherheitskooperation zu erörtern und gemeinsame Ansätze zur Bekämpfung der Bedrohung durch transnationale kriminelle Organisationen zu diskutieren".

Dodd werde von Sicherheits- und Verteidigungsbeamten begleitet, darunter die Befehlshaberin des Southern Command, Laura Richardson, und der stellvertretende Sekretär des Bureau of International Narcotics and Law Enforcement Affairs des Außenministeriums, Christopher Landberg. Dieses Büro setzt sich nach eigenen Angaben "für die Sicherheit der Amerikaner ein, indem es gegen Kriminalität, illegale Drogen und Instabilität im Ausland vorgeht".

Auf dem Programm stünden unter anderem Treffen mit Ecuadors Präsident Daniel Noboa, seinen Ministern für Verteidigung, auswärtige Angelegenheiten sowie Wirtschaft und Finanzen und mit hochrangigen Vertretern der Sicherheitskräfte und Justizbehörden.

Die Gewaltkriminalität in Ecuador ist in den vergangenen Jahren explodiert. Das Land galt noch 2017 als Beispiel für erfolgreiche Kriminalitätsbekämpfung und mit einer Mordrate von 5,8 je 100.000 Einwohner nach Chile als zweitsicherstes Land Lateinamerikas. 2023 wurde eine Gesamtzahl von 7.878 Verbrechen verzeichnet, was einer Rate von 46,5 Morden, Tötungsdelikten, Femiziden und Auftragsmorden pro 100.000 Einwohner entspricht. Dies war die höchste Anzahl in der Geschichte des Landes.

Der Drogenhandel hat massiv zugenommen, Ecuador ist zu einem der größten Drogenexporteure geworden. Nach Schätzungen des US-Außenministeriums wird ein Drittel des kolumbianischen Kokains durch Ecuador transportiert, bevor es nach Nordamerika und Europa gelangt. 2022 wurden dort 201,3 Tonnen Drogen beschlagnahmt, die zweithöchste Menge in der ecuadorianischen Geschichte.