Mutmaßlicher Mord an indigenem Anführer in Peru

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Nach Angaben von indigenen Organisationen in Peru ermordet: Der Gemeindeaktivist Benjamin Flores Ríos
Nach Angaben von indigenen Organisationen in Peru ermordet: Der Gemeindeaktivist Benjamin Flores Ríos

Pucallpa/Lima. Der Gemeindeaktivist Benjamín Flores Ríos aus der indigenen Gruppe der Kakataibo ist tot in seinem Haus in der Gemeinde Mariscal Caceres in der peruanischen  Amazonas-Provinz Ucayali aufgefunden worden.

Dies teilten die regionale indigene Organisation Orau und die Föderation der Kakataibo Gemeinden Fenacoka in einem gemeinsamen Kommuniqué mit. Beide gehen davon aus, dass Flores Ríos ermordet wurde. Dies begründen sie unter anderem damit, dass er einige Tage vor seinem Tod bedroht worden sei.

Flores Ríos hatte an der Demarkierung des Gemeindeterritoriums teilgenommen, was dem Schutz gegen die zunehmende Abholzung des Waldes und den Kokaanbau dienen soll. Unter den Augen von anwesenden Beamten sollen er und seine Mitstreiter:innen dann von Kokabauern bedroht worden sein.

Die Mord-Hypothese wird jedoch von den Behörden angezweifelt. Der zuständige Staatsanwalt behauptete, dass es keine Anzeichen von Gewalteinwirkungen an Flores Ríos' Leiche gegeben habe, weshalb ein Mord ausgeschlossen werden könne. Seiner Einschätzung nach sei ein Schlangenbiss die wahrscheinlichere Todesursache. Dem untersuchenden Gerichtsmediziner zufolge sei der Verwesungszustand der Leiche schon zu weit fortgeschritten gewesen, um eine genaue Antwort über die Todesursache geben zu können.

Álvaro Másquez, Rechtsanwalt und Berater der Fenacoka, sagte jedoch aus, dass die Leiche bei der Obduktion keinen Schlangenbiss aufgewiesen habe, dafür aber ein Hämatom am Kopf. Es seien keine stumpfen Gegenstände am Tatort gefunden worden, die auf einen Unfall hindeuten würden.

Herlín Odicio, einer der Anführer der Kakataibo, beklagt, dass der Staatsanwalt "eine Hypothese aufstellt, die auf Aussagen von Leuten beruht, die nicht aus der Gemeinschaft stammen […] Sie sagen, es sei ein Vipernbiss gewesen, eine Vergiftung. Es ist, als ob sie versuchen, den Staat von der Verantwortung freizusprechen und die Mafia zu decken."

Der Tod von Flores Ríos reiht sich ein in eine Serie von weiteren mutmaßlichen Morden an Indigenen in der Region. Erst vor wenigen Wochen wurde Quinto Inuma, Vorsitzender einer lokalen Gemeinde, von einer Gruppe vermummter Männer vor den Augen seiner Familie umgebracht. Damit steigt die Anzahl der indigenen Anführer, die in den letzten zehn Jahren gewaltsam ums Leben gekommen sind, auf 33 an. Das geht aus den Statistiken von Aidesep hervor, der Dachorganisation, zu der auch die Orau gehört.

Die Indigenen sollen ermordet worden sein, weil sie versucht haben, ihr Territorium gegen die Zunahme von illegalem Holzeinschlag, Bergbau und Drogenhandel zu verteidigen. Laut Jakeline Odicio, Vertreterin der Kakataibo-Frauenföderation, geht diese Gewalt mit der Vertreibung der indigenen Bevölkerung einher: "Wir leben praktisch so, als ob wir die Eindringlinge wären, als ob wir aus anderen Gebieten kämen. Wir werden von anderen Menschen, die hierher kommen, bedroht."

Orau und Fenacoka, die in ihrem Kommuniqué den Behörden ihr Misstrauen aussprechen, kündigten daher drastischere Maßnahmen an: "Wir haben die Trägheit des Staates wirklich satt, wir werden die Ermordung unserer Anführer nicht länger hinnehmen, wir werden radikale Maßnahmen des Selbstschutzes ergreifen, uns bleibt nichts anderes übrig, als uns kollektiv organisiert zu verteidigen."