Paraíba/Pernambuco. In weniger als einer Woche sind im Nordosten von Brasilien drei Landlose umgebracht worden. Am vergangenen Samstag wurden Ana Paula Costa Silva und Aldecy Viturino Barros in der Ansiedlung Quilombo do Livramento Sitio Rancho Dantas erschossen, die von der brasilianischen Landlosenbewegung (Movimento dos Trabalhadores Rurais Sem Terra, MST) organisiert wird. Das Verbrechen geschah in der Region Sertão in nordöstlichen Bundesstaat Paraíba.
"Mit großer Empörung und verbunden mit der Forderung nach Gerechtigkeit verurteilt die Bewegung der landlosen Landarbeiter von Paraíba die Ermordung von Ana Paula Costa Silva und Aldecy Viturino Barros und fordert rasche polizeiliche Ermittlungen durch das Sekretariat für öffentliche Sicherheit", so die MST in einer Erklärung.
Costa Silva war 29 Jahre alt und hatte drei Kinder. Der 44-jährige Viturino Barros war Vater von zwei Kindern und Koordinator der Siedlung. Nach Berichten von Anwohnern wurden sie von zwei Männern erschossen, die mit einem Motorrad kamen und Viturino Barrossuchten. Demnach haben die Täter ihn aufgefordert, ein Dokument zu unterschreiben. Sie feuerten mehrere Schüsse auf ihn ab, dabei wurde auch Costa Silva tödlich getroffen.
Der Fall wird derzeit noch von der Zivilpolizei von Paraíba untersucht. Die MST fordert eine Untersuchung des Verbrechens und die Verhaftung der Täter.
"Als Bewegung bekräftigen wir unseren Kampf gegen alle Formen von Gewalt. Unseren Toten keine Sekunde des Schweigens, sondern ein Leben lang Kampf", so die Bewegung in einer Erklärung.
Bereits am 5. November wurde Josimar da Silva Pereira getötet ‒ Bauer, Siedler und MST-Mitglied in Vitória de Santo Antão, wo er lebte. Der 30-Jährige wurde in den Hinterkopf und in den Rücken geschossen, als er mit dem Motorrad zur Ansiedlung Francisco de Assis fuhr. Dort arbeitete er an der Bewässerung der ökologischen Reisplantage mit. Täter und Motiv sind noch nicht bekannt.
Pereira hatte sich am Kampf für die Enteignung von Engenho São Francisco beteiligt, wo sich die Ansiedlung seit 29 Jahren befindet. Es ist eine der ältesten Besetzungen der MST im Bundesstaat Pernambuco und bis heute noch nicht legalisiert.
Im Gespräch mit Brasil de Fato äußerte sich Fernando Lourenço von der Leitung der MST in Pernambuco zum Tod seines Kampfgefährten und zur Welle der Gewalt durch Großgrundbesitzer in der Region Zona da Mata.
"Das Incra hätte diese Angelegenheit lösen müssen, damit wir nicht einen Genossen verlieren. Wir sind empört über diese Situation und der Fall muss untersucht werden. Die Großgrundbesitzer schließen sich zusammen", so Lourenço, ein Bewohner der Siedlung Maré in der Gemeinde Aliança (PE).
Das Nationale Institut für Besiedlung und Agrarreform (Incra) wurde 1970 gegründet, um die Agrarreform voranzutreiben und den Landbesitz des Bundes zu kontrollieren. Sie ist auch zuständig für die Regulierung von Ländereien, die von der MST übernommen und bearbeitet werden, da sie zuvor nicht produktiv genutzt wurden.
"Hier in Goiânia gab es eine Räumung, bei der auf die Familien geschossen wurde. Noch heute gibt es Verletzte, weil auf sie geschossen wurde, und andere, die von Milizen aus der Zona da Mata und auch hier im Stadtgebiet zusammengeschlagen wurden", berichtet er.
Lourenço zufolge eskaliert die Gewalt gegen Besetzer und Siedler in allen brasilianischen Bundesstaaten. Dies sei auf die Untätigkeit des Staates und die mangelnde Umsetzung des Agrarreformgesetzes zurückzuführen.
"Die Agrarreform wird nicht durch Blutvergießen durchgeführt, sondern im Rahmen der Regeln und des Gesetzes. Und das Agrarreformgesetz muss eingehalten werden. Noch immer liegt so viel Land brach. Land, das keine Nahrungsmittel produziert, Land mit Zuckerrohr-Monokulturen, unrechtmäßig angeeignetes Land. Müssen wir so weitermachen, damit die Regierung das Land enteignen kann? Also, Incra, gehen wir aufs Land, verhindern wir den Agrarkonflikt, der im ganzen Land ausgefochten wird", schloss er.
In einer Stellungnahme prangert die MST "die Eskalation der Gewalt gegen Besetzer und Siedler in allen brasilianischen Bundesstaaten an, wo Vertreter des Agrobusiness als Organisatoren von Landmilizen agieren, die Drohungen, Gewalt und Terror auf dem Land verbreiten" und fordert die Regierung auf, "dringend eine Agrarreform durchzuführen und den Tod der ermordeten Bauern zu ahnden".