Regierung von Venezuela beruft Referendum über Esequibo-Streit ein

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Der 160.000 Quadratkilometer große Esequibo-Streifen ist Gegenstand eines diplomatischen Streits zwischen Venezuela und Guyana
Der 160.000 Quadratkilometer große Esequibo-Streifen ist Gegenstand eines diplomatischen Streits zwischen Venezuela und Guyana

Caracas. Die Venezolaner werden am 3. Dezember an die Urnen gehen, um über die Souveränität des Landes über den Esequibo-Streifen abzustimmen.

Der Nationale Wahlrat (CNE) gab das Datum und die Fragen für das Referendum bekannt. Die oberste Wahlbehörde nahm die Petition an, die vom Parlament nach dem jüngsten öffentlichen Aufflammen des langjährigen Territorialstreits mit dem Nachbarland Guyana eingereicht worden war.

Caracas protestierte, nachdem Georgetown ein Ausschreibungsverfahren für Erdölbohrungen in den Hoheitsgewässern des Esequibo-Streifens eröffnet hatte. In einem diplomatischen Schriftwechsel beschuldigte die Regierung von Nicolás Maduro ihren guyanischen Amtskollegen, als "Angestellter von Exxon Mobil" zu agieren. Der US-Konzern ist stark an Bohrprojekten in dem Gebiet beteiligt. Venezuela hat Guyana wiederholt beschuldigt, gegen die Genfer Abkommen von 1966 zu verstoßen, in denen sich die beiden Länder verpflichtet hatten, eine gütliche Lösung für den Streit zu finden, der auf das späte 19. Jahrhundert zurückgeht.

Im Widerspruch dazu hat die Regierung Guyanas unter Präsident Irfaan Ali die Souveränität des Landes über das ressourcenreiche, dünn besiedelte 160.000 Quadratkilometer große Gebiet bekräftigt. Sie beruft sich auf ein Urteil eines Pariser Schiedsgerichts aus dem Jahr 1899, das den Esequibo Guyanas ehemaligem Kolonialherrn, dem Vereinigten Königreich, zusprach. Die Grenzfrage ruhte jahrzehntelang weitgehend, bis 2015 umfangreiche Offshore-Ölvorkommen entdeckt wurden.

Georgetown hat außerdem beantragt, dass der Internationale Gerichtshof (IGH) den Vertrag aufrechterhält. Caracas seinerseits erklärt den Entscheid von 1899 aufgrund der Abwesenheit venezolanischer Verhandlungsführer für unrechtmäßig. Man verweist auf das Abkommen von 1966, das die früheren Vereinbarungen ersetzt, und lehnt die Zuständigkeit des IGH in der Sache ab. Der Gerichtshof in Den Haag hat jedoch die Einwände Venezuelas zurückgewiesen. Die Regierung Maduro wird nun ihre "Gegendarstellung" vorlegen müssen, um ihre Position zu untermauern.

Die nicht bindende Abstimmung am 3. Dezember soll die Unterstützung der Bevölkerung für den langjährigen Gebietsanspruch Venezuelas ermitteln.

In dem Referendum wird die Bevölkerung gefragt, ob sie das Schiedsverfahren von 1899 ablehnt, das Abkommen von 1966 als einzigen verbindlichen Mechanismus zur Lösung des Problems unterstützt, die Zuständigkeit des IGH nicht anerkennt und die einseitige Aneignung der Hoheitsgewässer des Esequibo durch Guyana zurückweist.

Zudem wird gefragt, ob sie mit der Gründung eines neuen Bundesstaates namens Guayana Esequiba in dem strittigen Gebiet einverstanden ist, wobei den Bewohnern die venezolanische Staatsbürgerschaft zuerkannt und "beschleunigte" Sozialprogramme umgesetzt werden sollen.

"Dies ist ein Referendum, das uns alle einschließt, unabhängig davon, ob wir Chavisten oder Anti-Chavisten sind", sagte Maduro und rief zu massiver Wahlbeteiligung auf. "Es geht um unsere Liebe zu unserem Land und die Empörung darüber, dass Imperien, multinationale Konzerne und Guyana uns unter Vorwänden das wegnehmen wollen, was uns gehört."

Während die venezolanische Verfassung bereits die Verpflichtung zur Verteidigung der "territorialen Integrität" Venezuelas festschreibt, versucht die Regierung Maduro, die Unterstützung der Bevölkerung für ein potenzielles zentrales Wahlkampfthema im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr zu gewinnen.

Die Regierung von Irfaan Ali reagierte am Montagnachmittag auf die Ankündigung des Referendums und erklärte, dass die Abstimmung darauf abziele, den "unrechtmäßigen und unbegründeten" Anspruch Venezuelas zu unterstützen und "Frieden und Sicherheit" in der Karibik gefährden könnte.

"Die Regierung von Guyana lehnt kategorisch jeden Versuch ab, die territoriale Integrität [des Landes] zu untergraben", hieß es in dem Kommuniqué. Georgetown widersprach besonders der letzten Frage und argumentierte, dass sie einer "Annexion" gleichkomme, die gegen internationales Recht verstoße.

Die Kontroverse um den Esequibo-Streifen hat auch andere Länder auf den Plan gerufen: Kanada und die USA haben Guyana ihre Unterstützung erklärt. Venezuela lehnt eine ausländische Einmischung ab und kritisiert die gemeinsamen Militärübungen der guyanischen Armee und des US-Südkommandos (Southcom) als Bedrohung für die Region. Caracas hat ebenfalls vor Plänen gewarnt, eine US-Militärbasis in Guyana einzurichten.