Costa Rica: Regierung ruft Notstand wegen "Rekordzahl" von Migrant:innen aus

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Wollen gemeinsam gegen Migrant:innen vorgehen, die illegal einreisen: Costa Ricas Präsident Chaves mit seinem Amtskollegen aus Panama, Laurentino Cortizo, im Grenzgebiet Darién
Wollen gemeinsam gegen Migrant:innen vorgehen, die illegal einreisen: Costa Ricas Präsident Chaves mit seinem Amtskollegen aus Panama, Laurentino Cortizo, im Grenzgebiet Darién

San José. Präsident Rodrigo Chaves hat angesichts zunehmender Migrant:innenzahlen in Costa Rica am 29. September per Dekret den Notstand erklärt. In den vergangenen Monaten habe eine "Rekordzahl" von Panama aus die Südgrenze Costa Ricas überquert. Die institutionellen Kapazitäten reichten nicht mehr aus, um die durchreisenden Menschen zu versorgen.

Präsident Chaves sagte bei einer Pressekonferenz: "Wir sind ein Transitland für Migranten, die die USA erreichen wollen, für Menschen aus Venezuela, Ecuador, China und Haiti. Aufgrund der Zahl der Menschen, die unser Territorium durchreist, verdient es die Situation, dass der nationale Notstand ausgerufen wird". Die hohe Zahl ankommender und durchreisender Migrant:innen übe enormen Druck auf Gemeinden, die öffentliche Sicherheit, die Müllversorgung, das Gesundheitssystem und besonders auf den Staatshaushalt aus, so Chaves.

Das kleine zentralamerikanische Land befinde sich in einem Austeritätsprogramm des Internationalen Währungsfonds, das darauf abziele, die Staatsschulden zu reduzieren, sagte er weiter. Die Haushaltssituation des Landes habe sich jedoch durch die aktuelle Entwicklung der Migration weiter verschärft. Der Präsident kritisierte, dass "wir nicht genügend finanzielle Unterstützung für die Lösung dieses internationalen Problems erhalten".

Gegenüber CNN erklärte Chaves, dass der Notstand keine "Polizeimaßnahme" sei. Es gehe darum, "mehr Mittel und eine bessere Verwaltung für die Hilfe der Menschen auf ihrem Weg durch Costa Rica nach Norden zu ermöglichen". Zugleich würden die Behörden bei kriminellen Handlungen und der Verletzung der öffentlichen Ordnung hart durchgreifen. Er verkündete zudem, dass 28 venezolanische Staatsbürger abgeschoben werden. Sie werden beschuldigt, an gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften am Grenzübergang Paso Canoas beteiligt gewesen zu sein.

Der nahe der Pazifikküste gelegene Grenzübergang Paso Canoas ist der am stärksten frequentierte zwischen Costa Rica und Panama. Viele Migrant:innen aus dem Süden kommen dort in Costa Rica an, um anschließend zur Grenze mit Nicaragua im Norden weiterzufahren. Alleine im September haben dort laut Behörden 60.000 Menschen die Grenze überquert. Täglich sollen derzeit 2.500 bis 3.000 Menschen ankommen. Die bei weitem größte Zahl stammt aus Venezuela, gefolgt von Ecuador, Haiti und Kolumbien.

Ein Großteil der ankommenden Migrant:innen sucht nach der Ankunft keine Behörden auf, sondern verweilt an öffentlichen Orten. Eli Silva aus Venezuela erklärt im Interview mit CNN: "Sie stecken uns in ein Refugium, geben uns dort keine Möglichkeiten zu arbeiten oder uns zu entwickeln. Einige von uns erhalten zwar Geldüberweisungen, aber die Mehrheit nicht. Wir kommen aus armen Verhältnissen und der Grund, weshalb wir aus unseren Heimatländern migrieren, ist, weil wir kein Geld haben". Viele Migrant:innen könnten sich nach Ankunft die 30 US-Dollar teure Weiterfahrt an die Grenze zu Nicaragua nicht leisten.

Regierungsvertreter:innen haben in den vergangenen Tagen internationale Lösungen bemüht. Costa Ricas Minister für öffentliche Sicherheit, Mario Zamora, kündigte an, dass mit Panama an einer Lösung gearbeitet werde. Migrant:innen sollen sich in Zukunft in Migrations- und Durchreisezentren melden müssen. Die Weiterfahrt zur Nordgrenze mit Nicaragua solle dann einzig von dort aus möglich sein.

Außenminister Arnoldo André Tinoco verwies auf einen Ausbau der unter UN-Verwaltung stehenden "Centros de Movilidad Segura" in Costa Rica, Guatemala und Kolumbien. Von diesen Zentren aus können Migranten sich für eine legale Migration nach Kanada, Spanien und die USA bewerben. In Costa Rica ist dies derzeit jedoch nur für registrierte Asylbewerber:innen aus Nicaragua und Venezuela möglich.

Präsident Chaves forderte eine verstärkte regionale Kooperation. Mexiko und die USA müssten klar kommunizieren, "wie viele Migranten sie bereit sind aufzunehmen". So wüssten alle anderen Länder, dass es eine "bestimmte Zahl an Personen gibt, die gesteuert werden könnte". Die südlich gelegenen Länder Panama und Kolumbien stünden dann in der Verantwortung der Mitarbeit, um einen "organisierten Fluss" der gewünschten Zahl an Migrant:innen zu ermöglichen.

Die USA haben unterdessen angekündigt, Costa Rica finanziell zu unterstützten. US-Botschafterin Cynthia Ann Telles versprach, "die Personen, die sich in Costa Rica befinden, bei ihrer Weiterreise oder Integration in Costa Rica zu unterstützten".

Costa Rica gilt im Verhältnis zu seiner Bevölkerungszahl weltweit als eines der wichtigsten Transit- und Ankunftsländer für Migrant:innen. Aus südlicher Richtung werden dieses Jahr hunderttausende Menschen Costa Rica auf ihrem Weg in Richtung USA durchqueren.