Costa Rica zieht sich aus Umweltabkommen von Escazú zurück

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Mit 41 von 57 Stimmen votierte die Mehrheit der Kongressabgeordneten in Costa Rica gegen eine Verlängerung der Ratifizierungfrist des Escazú-Umweltabkommen.
Mit 41 von 57 Stimmen votierte die Mehrheit der Kongressabgeordneten in Costa Rica gegen eine Verlängerung der Ratifizierungfrist des Escazú-Umweltabkommen.

San José. Nach vier Jahren ohne Fortschritt hat der costa-ricanische Kongress einen Antrag auf Verlängerung der Ratifizierungsfrist des seit 2021 geltenden Escazú-Umweltabkommens (Acuerdo de Escazú) abgelehnt. Die Initiative ist der erste regionale Vertrag in Lateinamerika und der Karibik sowie der erste weltweit, der Bestimmungen über die Rechte von Umweltschützern enthält. Von insgesamt 57 Abgeordneten stimmten 41 dagegen und nur elf dafür, so dass der Text beerdigt wurde.

Die Mehrheit der Abgeordneten argumentierte, dass der Mechanismus des Abkommens jenen Akteuren zu viel Macht gebe, die Wirtschaftsunternehmen der Umweltschädigung beschuldigen könnten.

Dabei hat das regionale Umweltabkommen eine besondere Bedeutung für Lateinamerika, denn in der Region werden weltweit die meisten Umweltaktivisten ermordet. Das Escazú-Abkommen ist ein regionales Instrument, das die Verbindungen zwischen Menschenrechten und Umweltschutz stärkt, indem es den Mitgliedstaaten Anforderungen in Bezug auf den Schutz von Menschenrechtsverteidigern in Umweltsachen auferlegt.

Für Melina Ajoy, Abgeordnete der konservativen Christlich-Sozialen Einheitspartei (PUSC), die gegen das Abkommen votierte, verfüge "Costa Rica bereits über eine solide Gesetzgebung zum Schutz der Umwelt."

Das zentralamerikanische Land ist eigentlich international bekannt für seinen Einsatz für den Umwelt- und Klimaschutz sowie seine Politik zum Schutz der Wälder, die heute die Grundlage für die Ökotourismusindustrie bilden.

Neben der Mehrheit im Kongress lehnt auch die Regierung von Präsident Rodrigo Chaves das bisher einzigartige Umweltabkommen ab. Mehrfach erklärte er, dass die Bestimmungen von Escazú bereits im costaricanischen Recht verankert seien ‒ mit einer Ausnahme, die seiner Meinung nach ein Risiko für die Rechtsicherheit von privaten Investitionsprojekten darstellten, wenn diese wegen Umweltschäden gestoppt werden.

Unter Akademikern und internationalen Organisationen herrschte Enttäuschung darüber, dass das Abkommen blockiert wurde. Die ehemalige costaricanische Kongressabgeordnete und Politikwissenschaftlerin Paola Vega bezeichnete die Entscheidung des Kongresses als "historischen Fehler".

"Wir haben soeben eine jahrzehntelange Führungsrolle in Umweltfragen weggeworfen. Ich danke der Fraktion der Frente Amplio, dass sie als einzige dafür gestimmt hat", sagte die Wissenschaftlerin der Universität von Costa Rica.

Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Menschenrechte und Umwelt, David R. Boyd, forderte auf Twitter, dass das Abkommen sofort von Costa Rica ratifiziert werden sollte. "Ich verstehe nicht, warum Costa Rica den Escazú-Vertrag nicht ratifiziert hat. Costa Rica gilt als Vorreiter in Sachen Umwelt und Menschenrechte, daher ist das Scheitern untypisch".

Der "Regionale Vertrag über den Zugang zu Informationen, über die Beteiligung der Öffentlichkeit und über die juristische Prüfung in Umweltangelegenheiten in Lateinamerika und der Karibik" wurde 2018 mit Unterstützung der UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (Cepal) in der gleichnamigen Gemeinde Costa Ricas von 25 Staaten der Region Lateinamerika und Karibik unterzeichnet (amerika21 berichtete). Seither ratifizierten 14 Staaten das Abkommen: Antigua und Barbuda, Argentinien, Bolivien, Kolumbien, Ecuador, Guyana, Mexiko, Nicaragua, Panama, St. Vincent und die Grenadinen, St. Kitts und Nevis, St. Lucia und Uruguay.

Das Abkommen soll durch regionale Standards die vollständige und wirksame Umsetzung des Rechts auf Zugang zu Umweltinformationen, der Beteiligung der Bürgerschaft an umweltrelevanten Entscheidungsverfahren und des Rechts auf Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten in der Region gewährleisten. Es soll zudem Kapazitäten und Kooperationen im Umweltbereich schaffen und stärken, die zum Schutz des Rechts jeder Person heutiger und künftiger Generationen auf ein Leben in einer gesunden Umwelt und auf nachhaltige Entwicklung beitragen.