Costa Rica mit weltweit höchstem Verbrauch von Pestiziden

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Costa Rica und der Pestizid-Einsatz
Trotz Öko-Image in der Welt: Costa Rica erneut auf Platz 1 im globalen Pestizid-Einsatz

San José. Laut einer aktuellen Studie ist Costa Rica weiterhin das Land, in dem weltweit am meisten Pestizide eingesetzt werden.

Der costa-ricanische Agrarwissenschaftler Elidier Vargas hat dafür Daten der letzten 21 Jahre aus der FAOSTAT-Datenbank der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) ausgewertet. Demnach wurden in Costa Rica im Untersuchungszeitraum jährlich 23,44 Kilogramm Pestizide pro Hektar Anbaufläche versprüht.

Die FAO-Statistiken zeigen, dass Costa Rica im Zeitraum zwischen 1990 und 2018 nach Mauritius, Ecuador und Trinidad und Tobago auf dem vierten Platz der Länderliste mit dem höchsten Pestizidverbrauch liegt. Wird der Untersuchungszeitraum auf 2000 bis 2020 verschoben, nimmt Costa Rica sogar die Spitzenposition ein.

Die neue Auswertung bestätigt die Ergebnisse einer Studie, die Vargas im vergangenen Jahr im Namen des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) veröffentlicht hatte. Vargas, der früher für das Ministerium für Umwelt und Energie (Minae) arbeitete, erklärt die teils schwierige Auswertung der Daten wie folgt: "Bei Pestiziden fluktuiert der jährliche Verbrauch je Land teils enorm, wie man beispielhaft an den Import- und Exportmengen Costa Ricas ablesen kann."

Den massiven Anstieg des Pestizideinsatzes in in dem mittelamerikanischen Land seit 1996 führt der Wissenschaftler vor allem auf die neoliberalen Reformen der 1990er-Jahre zurück. Durch Sparmaßnahmen unter Präsident José María Figueres (1994-1998) wurden die Beratungs- und Forschungskapazitäten des Landwirtschaftsministeriums drastisch reduziert.

Diese Lücke wurde in der Folge durch Privatunternehmen gefüllt, die zugleich Pestizide vertreiben. "Das Ministerium für Wirtschaft, Industrie und Handel stellte schon 2011 fest, dass fast die Hälfte aller Landwirte technische Unterstützung durch Verkäufer von Pestiziden erhielten", so Vargas.

Vargas kritisiert zudem, dass die dem Landwirtschaftsministerium angegliederte Staatliche Pflanzenschutzbehörde (SFE) weder die Nutzung noch die Umweltverträglichkeit der einzelnen Pestizide kontrolliert. Zahlreiche Pflanzenschutzmittel werden trotz abgelaufener Zulassung massenweise verwendet. Er empfiehlt deshalb eine Art Buchführung der Betriebe und ihrer Pestizide sowie die konsequente Vernichtung kontaminierter Lebensmittel. 

Das Umweltschutz-Kollektiv Bloque Verde, das die neue Studie von Vargas veröffentlicht hat, weist darauf hin, dass deutliche Unterschiede bei den Zahlen zum Pestizidverbrauch in Costa Rica kursieren. Während Vargas Untersuchung aus diesem Jahr den Verbrauch auf 23,44 Kilogramm beziffert, kam er in der Studie für die UNDP im vergangenen Jahr auf 34,45 Kilogramm pro Hektar.

Deutlich darunter liegen die offiziellen Zahlen des SFE, die lediglich einen Wert von 10 Kilogramm pro Hektar angibt. "Diese Differenz ist darauf zurückzuführen, dass die staatlichen Behörden den totalen Verbrauch an Pestiziden durch die Gesamtfläche an Weide- und Ackerland teilen", so Bloque Verde. Vargas berechne hingegen ausschließlich Ackerflächen, da auf Weideflächen deutlich geringere Mengen an Pestiziden versprüht würden.

Die Zahlen zum Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft stehen im scharfen Kontrast zum gängigen Bild Costa Ricas: Das Land gilt weltweit als Vorreiter bei Themen wie Nachhaltigkeit und Naturschutz und ist ein beliebtes Urlaubsziel von Öko-Tourist:innen.