Ermittlungen wegen Korruption in Venezuela erreichen höchste Kreise

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Schwer zu führen und zu kontrollieren: Pdvsa, die staatliche Ölgesellschaft von Venezuela
Schwer zu führen und zu kontrollieren: Pdvsa, die staatliche Ölgesellschaft von Venezuela

Caracas. Der venezolanische Erdölminister Tareck El Aissami ist im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen schwerer Korruptionsfälle beim staatlichen Ölkonzern PDVSA zurückgetreten.

Medien berichteten am Wochenende über eine Reihe von Verhaftungen von Beamten aus der Ölindustrie, der Justiz und der Legislative wegen mutmaßlicher Korruption.

Darunter sind Antonio Pérez Suárez, Vizepräsident für Handel und Qualitätsversorgung von PDVSA, Samuel Testamarck, Generaldirektor der PDVSA-Seefahrtsparte PDV Marina sowie der Leiter der Nationalen Aufsichtsbehörde für Krypto-Vermögenswerte (Sunacrip), Joselit Ramírez und der Abgeordnete der regierenden Vereinigten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV), Hugbel Roa, der auch an der Einführung der staatlichen Kryptowährung Petro beteiligt war.

Ebenfalls festgenommen wurden der Präsident des Strafgerichtshofs von Caracas, Cristóbal Cornieles und der Richter José Maxcimino Márquez sowie der Bürgermeister der Gemeinde Las Tejerías im Bundesstaat Aragua, Pedro Hernández.

Die Nationale Polizei gegen Korruption, eine erst 2014 eingerichtete Behörde, teilte am Freitag mit, dass sie bei der Staatsanwaltschaft einen Antrag auf strafrechtliche Verfolgung einer Gruppe von Personen gestellt habe, die in schwere Fälle von Korruption und Veruntreuung in der Verwaltung verwickelt sein könnten.

El Aissami, der auch das Amt des Vizepräsidenten für Wirtschaft innehatte, erklärte, dass er wegen der eingeleiteten Ermittlungen bei PDVSA beschlossen habe, seinen Rücktritt einzureichen, um den von der Regierung geförderten Prozess zur Bekämpfung von Korruption "voll und ganz zu unterstützen".

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro leitete in diesem Zusammenhang ein Arbeitstreffen mit der Führung der PSUV, die die Vorgänge bewerten sollte.

Dabei erklärte Maduro, dass er selbst in Zusammenarbeit mit der Generalstaatsanwaltschaft und der Antikorruptionspolizei an der Spitze der Ermittlungen gestanden habe. Bereits seit Oktober letzten Jahres seien Untersuchungen im Gang gewesen gegen die "Korruptionsmafia", die in der staatlichen Ölgesellschaft PDVSA verankert sei, mit Verbindungen in die Privatwirtschaft und zu einigen Beamten, die sich für diese Verbrechen zur Verfügung gestellt hätten. Eine Umstrukturierung bei PDVSA auf höchster Ebene und in den Gerichten der Republik habe bereits begonnen, so der Präsident.

Maduro sprach von einer schmerzhaften Episode, die "hart, aber notwendig für die Wiedergeburt der ethischen Revolution" sei, und rief die Bevölkerung zur Unterstützung auf. "Wir müssen vereint sein, um diesen Kampf gegen die Korruption zu gewinnen", sagte er.

Der Rücktritt von El Aissami wird auch politisch gewertet und die Opposition in Venezuela interpretiert ein Jahr vor den Präsidentschaftswahlen den Schritt als Zeichen für Brüche innerhalb des Chavismus. Der Vizepräsident der PSUV, Diosdado Cabello, wies die Theorie zurück. "Diese Dinge bewirken, dass wir uns noch mehr in Chávez vereinen", sagte er auf einer Pressekonferenz. "In der Revolution gibt es keinen Platz für die Korrupten", so Cabello.

Der Oppositionspolitiker Juan Guaidó betrachtet den Rücktritt des Ölministers als "ein Eingeständnis, wie sie das Land zerstört haben", so der von den USA bis Januar noch als "Präsident Venezuelas" anerkannte Politiker. Maduro sei "der Hauptverantwortliche für dieses Korruptionsnetz".

Henrique Capriles, der wie Guaidó ein Kandidat der Opposition für die Präsidentschaftswahlen von 2024 sein dürfte, erklärte: "Was wir in den letzten Stunden gesehen haben, ist alles andere als ein Akt der Gerechtigkeit, sondern eine Abrechnung innerhalb der Machtelite".

Der zurückgetretene El Aissami ist eine bedeutende Persönlichkeit des Chavismus. Er ist Vorstandsmitglied der PSUV und leitete seit 2007 eine Reihe wichtiger Ministerien. Im Jahr 2008 wurde er mit 33 Jahren vom damaligen Präsidenten Hugo Chávez zum Innen- und Justizminister ernannt. Nach dem Amt des Gouverneurs im Bundesstaat Aragua, in das er 2012 gewählt wurde, ernannte Maduro ihn 2018 zum Vizepräsidenten und zum Minister für Industrie und Nationale Produktion. Seit April 2020 war er Erdölminister.