Behandlung von Gefangenen in El Salvador löst weltweit Entsetzen aus

Videos und Fotos von der Verlegung in das neu erbaute Massengefängnis zeigen Demütigung der Häftlinge. Bukele: "Sie werden jahrzehntelang dort leben"

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Bukele bei der Besichtigung des neuen Gefängnisses im Januar
Bukele bei der Besichtigung des neuen Gefängnisses im Januar

San Salvador. In den frühen Morgenstunden des 24. Februar hat die Regierung El Salvadors die ersten 2.000 Gefangenen in das "Centro de Confinamiento del Terrorismo" (Cecot) verlegt. Das neu gebaute Gefängnis für circa 40.000 Insassen liegt 70 Kilometer entfernt von der Hauptstadt San Salvador in Tecoluca. Die Verlegung war nicht angekündigt worden.

Präsident Nayib Bukele präsentierte in den Sozialen Netzwerken ein Video davon und kündigte an, dass diese Gefangenen dort "jahrzehntelang leben werden, sich einfügen und der Bevölkerung keinen weiteren Schaden zufügen können".

Familien sollen nun jeden Monat umgerechnet rund 170 US-Dollar für Verpflegung, Kleidung und Hygieneartikel ihrer inhaftierten Angehörigen bezahlen.

Die Art und Weise der Verlegung und Behandlung, die in Bukeles Video und auf Pressfotos festgehalten ist, löste weltweit Entsetzen aus und führte zu massiver Kritik in Medien, seitens Menschenrechtsorganisationen und Angehörigen von Inhaftierten. Zu sehen waren kahlgeschorene Gefangene mit nackten Oberkörpern, ihren Bandentattoos, in Handschellen, wie sie im Laufschritt in den Zellentrakt getrieben werden und dann zusammengekauert mit verschränkten Armen hinter dem Kopf auf dem Boden sitzen.

Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International kritisierten schon länger, dass "der Bau dieses neuen Gefängnisses die Fortsetzung und Eskalation von Misshandlungen bedeuten könnte".

Der Präsident von Kolumbien, Gustavo Petro, bezeichnet das Cecot gar als Konzentrationslager: "Sie können die schrecklichen Fotos im Internet sehen. Ich kann nicht auf andere Länder eingehen, aber das Konzentrationslager in El Salvador voller junger Menschen, die zu Tausenden inhaftiert sind, lässt einen erschaudern. Ich glaube, es gibt Leute, denen das gefällt, zweifellos", sagte Petro und riet seinem Amtskollegen, in Schulen und Universitäten zu investieren, statt in den Neubau von Gefängnissen.

Bukele konterte auf Twitter mit den Worten: "Herr Gustavo Petro, Ergebnisse zählen mehr als Rhetorik. Ich hoffe, dass es Kolumbien wirklich gelingt, die Mordrate zu senken, wie wir Salvadorianer es getan haben. Gott segne Sie".

Auf Nachfrage der spanischen Nachrichtenagentur EFE erklärte ein Sprecher des US-Außenministeriums, man sei sich der Herausforderung bewusst, vor der El Salvador bei der Eindämmung der Bandengewalt stehe. Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit liege in der Verantwortung der Regierungen und "sie sind auch dafür verantwortlich, ein ordentliches Gerichtsverfahren und die Achtung der Menschenrechte zu gewährleisten".

Geplant ist, dass rund 60 Prozent der rund 65.000 Personen, die während des Ausnahmezustandes inhaftiert wurden, ins Cecot verlegt werden. Justiz- und Sicherheitsminister Gustavo Villatoro kündigte außerdem an, dass der Ausnahmezustand nicht aufgehoben werde, bis alle Mitglieder von kriminellen Banden inhaftiert sind. Es gebe noch rund 30.000 weitere Personen, die festgesetzt werden müssten.

Gleichzeitig gibt es immer mehr Belege dafür, dass die Regierung früher mit den Banden über eine Reduktion der Gewalt verhandelt hat. Das US-Justizministerium hat eine Anklageschrift gegen 13 Anführer der MS-13-Bande veröffentlicht, in der es heißt, die kriminelle Organisation habe mit der Regierung von Nayib Bukele verhandelt, um die Zahl der Morde zu verringern. Im Gegenzug bot die Regierung dem Dokument zufolge Vergünstigungen in den Bereichen Gefängnis, Gesetzgebung und Justiz an, darunter auch einen Stopp der Auslieferung von Bandenführern. Der Ausnahmezustand und die massiven Inhaftierungen gelten entsprechend als Konsequenz aus nicht eingehaltenen Absprachen in den Verhandlungen.

Der Bau des Gefängnisses und der Beginn der Inbetriebnahme lösten indes auch positive Reaktionen in anderen Ländern aus. Die guatemaltekische Präsidentschaftskandidatin Zury Ríos bezeichnete die Strategie von Bukele als "Referenzmodell". Der Sicherheitsminister der argentinischen Provinz Buenos Aires, Sergio Berni, sagte in einem Interview, das Gefängnismodell von Bukele "ist Musik in meinen Ohren".

Währenddessen werden ständig weitere Details über die Misshandlung von Gefangenen und die Verweigerung ihrer Rechte bekannt. Es gibt Stimmen, die von 64.000 illegalen Verhaftungen sprechen.

Die Organisation Socorro Jurídico Humanitario (SJH) veröffentlichte Informationen über vier Gefangene, die tot in einem Massengrab aufgefunden worden sind: "Wir haben mit der systematischen Erfassung der unschuldigen Menschen begonnen, die der Staat gefangen genommen, inhaftiert, getötet und in Massengräbern verscharrt hat, ohne ihre Familien zu benachrichtigen. Keiner von ihnen wurde als Bandenmitglied eingestuft, keiner von einem Gericht verurteilt."