Vor dem Verfassungsreferendum in Chile: Hunderttausende auf den Straßen

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"Ich stimme zu" steht auf den wehenden Fahnen der Teilnehmer
"Ich stimme zu" steht auf den wehenden Fahnen der Teilnehmer

Santiago. Drei Tage vor der historischen Abstimmung am Sonntag haben Befürworter und Gegner einen neuen Verfassung für Chile ihren Wahlkampf mit Großveranstaltungen beendet.

250.000 bis 500.000 Menschen folgten dem Aufruf des Lagers "Apruebo" ("Ich stimme zu") zum Wahlkampfabschluss ins Zentrum von Santiago. Namhafte Künstler wie Illapu, Inti-Illimani und Ana Tijoux traten auf, um für die ausgearbeitete neue Verfassung zu werben. Organisiert und getragen wurde die Wahlkampagne von linken Parteien, Gewerkschaften, sozialen Bewegungen, Künstlern und Schüler-, sowie Studierendenvertretungen.

Gleichzeitig fand auch der, von rechten Parteien organisierte, Wahlkampfabschluss des ablehnenden Lagers "Rechazo" statt. Den Organisatoren zu Folge nahmen etwa 700 Leute an der Kundgebung teil, welche im Nachhinein als geschlossene Veranstaltung deklariert wurde.

Eine große Diskrepanz der Teilnehmerzahl bei Kundgebungen, Solidaritätsaktionen und Demonstrationen zwischen beiden Wahlalternativen war in der zurückliegenden Kampagne keine Seltenheit und zeigte sich in allen Regionen Chiles. Trotz der vielen Menschen, die für die Verfassungsreform auf die Straße gehen, sagen Umfragen einen klaren Sieg des gegnerischen Lagers mit 55 bis 62 Prozent voraus.

Die Auseinandersetzungen um die neue Carta Magna wird sowohl in den sozialen Medien als auch auf den Straßen mit Erbitterung geführt. Falschmeldungen und Bots in den sozialen Netzwerken, aber auch die Festnahme des Mapuche-Anführers Héctor Llaitul in Concepción, eine Performance bei einer Veranstaltung des "Apruebos", welche angeblich die chilenische Fahne entwürdigte und der Faustschlag eines republikanischen Abgeordneten gegen den Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses bestimmten diese Woche die Schlagzeilen und wurden im Vorfeld der Wahl stark diskutiert.

Bei der Wahl am Sonntag, bei der die aus der Pinochet-Diktatur stammende Verfassung durch eine von freigewählten Vertretern geschriebene ersetzt werden soll, sind laut Wahlbehörde 15.076.690 Menschen stimmberechtigt. Um 18 Uhr Ortszeit schließen die Wahllokale, gegen 20 Uhr könnte die nationale Wahlbehörde Servel die ersten Ergebnisse präsentieren. Die Stimmabgabe ist für alle Chileninnen und Chilenen über 18 Jahre Pflicht. Das Bußgeld für diejenigen, die am Sonntag nicht zur Wahl gehen, beträgt umgerechnet bis zu 200 Euro.