Frauen in Ecuador und Kolumbien feiern Urteile zum Abtreibungsgesetz

In Kolumbien ein großer, in Ecuador ein kleiner Schritt. Rechtsgerichtete Regierungschefs halten weiter dagegen

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"Feministischer Triumph! Wir feiern die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs in Kolumbien"
"Feministischer Triumph! Wir feiern die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs in Kolumbien"

Bogotá/Quito. Das kolumbianische Verfassungsgericht hat beschlossen, den Schwangerschaftsabbruch bis zur 24. Woche zu entkriminalisieren. Mit fünf Pro- und vier Gegenstimmen wurde der Straftatbestand des Schwangerschaftsabbruchs bis zur 24. Woche am Montag aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. In Kolumbien gilt nun das liberalste Gesetz zur Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen in Lateinamerika noch vor Argentinien, wo ein Abbruch bis zur 14. Woche möglich ist.

Angestoßen wurde die Gesetzesänderung durch die feministische Gruppe Causa Justa. Vor eineinhalb Jahren hat diese beim Verfassungsgericht beantragt, dass die Kriminalisierung und Verurteilung aufgrund eines illegalen Schwangerschaftsabbruchs endet. Jedes Jahr werden etwa 400 Frauen zu Haftstrafen zwischen 16 und 54 Monaten verurteilt.

Am Tag des Urteils haben sich in der Hauptstadt rund um das Gericht Hunderte Menschen eingefunden, die die Entscheidung feierten. Allerdings müssen der Kongress und die Regierung den Beschluss noch umsetzen. Das Verfassungsgericht forderte beide Institutionen auf zu gewährleisten, dass dies so schnell wie möglich geschieht.

Der amtierende Präsident Ivan Duque hat das Urteil einen Tag nach der Verkündung in Frage gestellt. Er sagte in einem Interview, man müsse vermeiden, dass ein Abbruch für viele Frauen zu einem gewöhnlichen Vorgang oder sogar zu einer alternativen Verhütungsmethode werde. Auch die Vizepräsidentin und Außenministerin Marta Lucía Ramírez lehnte die Entscheidung ab, da so Schwangerschaftsabbrüche legitimiert werden würden.

Aus Brasilien äußerte sich der ultrarechte Präsident Jair Bolsonaro, der die Entscheidung zum Anlass nahm, das Urteil und die brasilianische feministische Bewegung zu kritisieren sowie seine frauenfeindliche Anti-Abtreibungs-Agenda neu aufzunehmen.

Bisher konnten Frauen in Kolumbien nur dann legal ihre Schwangerschaft abbrechen, wenn es um eine Vergewaltigung, eine Missbildung des Fötus oder einer Gefährdung der Frau ging. Allerdings blieb auch in diesen Fällen vielen der Zugang verwehrt, da sie eine Stigmatisierung und rechtliche Verfolgung fürchteten. Mariana Ardila, Anwältin bei Women's Link und Teil von Causa Justa, betont, dass zwischen 59 und 70 Prozent der Anzeigen wegen vermeintlich illegalem Abbruch von Mitarbeiter:innen des Gesundheitswesens erstattet werden.

Das kolumbianische Gesundheitspersonal weigerte sich oftmals den Abbruch vorzunehmen, da sich der Straftatbestand einer illegalen Abtreibung nicht nur gegen die Schwangere richtet, sondern auch gegen die Person, die den Abbruch durchführt. In der Folge riskierten viele Frauen in illegalen Kliniken oder aufgrund ungeeigneter Methoden ihr Leben.

In Ecuador ist ein Schwangerschaftsabbruch bisher nur in Extremfällen erlaubt, und zwar wenn die Gesundheit der Frau gefährdet ist oder eine Frau mit geistiger Behinderung vergewaltigt wurde. Die geplante Entkriminalisierung bis zur 12. Woche (bei Minderjährigen und Frauen aus ländlichen Gegenden bis zur 18. Woche) im Falle einer Vergewaltigung geht auf ein Urteil des ecuadorianischen Verfassungsgerichts zurück. Es wurde bisher vom amtierenden, rechtskonservativen Präsidenten Guillermo Lasso blockiert (amerika21 berichtete). Nun hat die Nationalversammlung das Gesetz in zweiter Abstimmung gebilligt. Allerdings verfügt Lasso über eine Frist von 30 Tagen, um es im amtlichen Register zu veröffentlichen oder sein Veto einzulegen. Dieses hat er bereits angekündigt.

Für die feministische Bewegung in Ecuador ist die Ratifizierung in der Nationalversammlung nur ein erster kleiner Erfolg auf dem Weg zu mehr reproduktiven Rechten. Sie kritisiert insbesondere die Frist von 12 Wochen, die im neuen Gesetz gegeben ist. Ecuador hat im Vergleich mit anderen lateinamerikanischen Staaten ein äußerst strenges Abtreibungsrecht und weist außerdem eine besonders hohe Rate von minderjährigen Müttern auf.

Der Erfolg in Kolumbien hat Signalwirkung über die Landesgrenzen hinaus: Aus Argentinien, Ecuador und anderen Ländern solidarisieren sich feministische Bewegungen. "Feministischer Triumph! Wir feiern die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs in Kolumbien und werden nicht in die Klandestinität und das Gefängnis zurückkehren!", so die Frauen-Organisation Surkuna aus Ecuador.