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Expertenbericht weist gezielte Tötungen nach Putsch in Bolivien nach

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Gedenkstätte an der Straße nach Sacaba für die Opfer des Massakers
Gedenkstätte an der Straße nach Sacaba für die Opfer des Massakers

La Paz. Aus ersten veröffentlichten Ergebnissen des Berichts der Interdisziplinären Gruppe unabhängiger Experten zu Menschenrechtsverletzungen beim Putsch in Bolivien geht hervor, dass die Sicherheitskräfte ganz gezielt auf Demonstranten geschossen haben. Laut GIEI liegen Beweise vor, dass Polizei- und Militäreinheiten mit der Absicht gehandelt haben, Menschen bei den Protesten zu töten, auch wenn diese auf der Flucht waren.

Die Streitkräfte hatten demnach am 11. November den Beginn gemeinsamer Operationen mit der Polizei angekündigt, "um die Sicherheit wesentlicher Strukturen des staatlichen Ordnung zu gewährleisten und Patrouillen durchzuführen".

Am 15. November, drei Tage nach der Proklamation von Jeanine Áñez zur "Übergangspräsidentin" und fünf Tage nach dem Rücktritt von Präsident Evo Morales, hatten dem Bericht zufolge Soldaten und Polizisten den Befehl, auf der Huayllani-Brücke in Sacaba, Cochabamba, einen Marsch von Kokabauern in die Stadt gewaltsam verhindern. Dabei wurden zehn Menschen getötet, vier von ihnen wurden Opfer von Schussverletzungen am Kopf, die übrigen wurden im Bauch- und Brustkorbbereich tödlich getroffen. Die Verletzungen deuteten auf den Einsatz von Hochgeschwindigkeitsmunition hin, so die GIEI.

Bei dem Einsatz der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten in Senkata am 19. November starben sechs der zehn getöteten Demonstranten durch Kopfschüsse.

Unterdessen hat das Plenum des Obersten Gerichtshofs (TSJ), die Anklageschrift gegen Áñez im Zusammenhang mit den Massakern von Sacaba und Senkata an das Parlament zur Prüfung übergeben, ob ein Prozess über die Verantwortlichkeiten stattfinden kann.

Áñez, die derzeit wegen des Staatsstreichs 2019 im Gefängnis von Miraflores einsitzt, wird beschuldigt, eine der Verantwortlichen dieser Massaker zu sein, bei denen im Zuge der polizeilichen und militärischen Repression zwanzig Demonstranten ums Leben kamen.