Weltfrauentag in Lateinamerika unter Pandemiebedingungen

Kundgebungen und Streiks geplant. Hauptthemen 2021 sind Anstieg von häuslicher Gewalt und Femiziden in der Pandemie

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Überall in Lateinamerika, wie hier in Guatemala, sind der Pandemie zum Trotz zahlreiche Aktionen zum Weltfrauentag geplant
Überall in Lateinamerika, wie hier in Guatemala, sind der Pandemie zum Trotz zahlreiche Aktionen zum Weltfrauentag geplant

Mexiko-Stadt et al. Trotz Restriktionen und Auflagen aufgrund der Corona-Pandemie sind in zahlreichen Ländern Lateinamerikas Demonstrationen zum Weltfrauentag geplant. Die Demonstrierenden wollen darauf aufmerksam machen, dass die Menschenrechtslage der Frauen sich seit 2020 gravierend verschlechtert hat.

Organisationen in Mexiko wiesen darauf hin, dass die Zahl der Femizide im vergangenen Jahr weiter zugenommen hat, ebenso wie das gewaltsame Verschwindenlassen, Vergewaltigung und sexuelle Belästigung. Deswegen machten Kollektive den Kampf gegen Gewalt gegen Frauen erneut zu ihrer Hauptforderung. "Unsere einzige Waffe ist der Protest. Am 8. März gehen wir auf die Straße, weil viele von uns die Quarantäne mit unserem Aggressor verbringen mussten, weil die Pandemie die Femizide und das Verschwinden unserer Schwestern nicht gestoppt hat, weil die Gewalt gegen uns nicht aufhört", schrieb die Gruppe "Marea Verde Mixteca" in ihrem Aufruf.

Heftig debattiert wurde in Mexiko-Stadt die Barriere aus Metallzäunen, die die Bundesregierung in weitem Abstand um den Nationalpalast aufstellen ließ. Viele politische Beobachter:innen urteilten, dass damit das Demonstrationsrecht der Frauen deutlich eingeschränkt sei. Im vergangenen Jahr waren nach unbestätigten Angaben mehr als 100.000 Menschen am 8. März auf die Straßen gegangen. Dabei wurden auf dem zentralen Platz vor dem Nationalpalast kleinere Barrieren verbrannt, Vermummte sprühten an Mauern und Fassaden von Häusern und Denkmälern Sprüche gegen die Gewalt an Frauen. Bereits damals warfen sie der Regierung vor, sich mehr um die Sicherheit historischer Denkmäler zu kümmern als um die der Frauen im Land. Am Wochenende bemalten Aktivist:innen die Absperrungen rund um den Nationalpalast mit den Namen der Opfer von Femiziden.

In vielen Ländern, etwa in El Salvador und Guatemala, nutzten die Frauen bereits den gestrigen Sonntag, um auf die Straße zu gehen, da der 8. März kein offizieller Feiertag ist. "Im Angesicht von parteipolitischer Krise, Angst, und der Gesundheitskrise, gehen wir auf die Straße für die, die nicht mehr da sind, die nicht mehr rufen können", erklärte das salvadorianische Kollektiv "Amorales". "Von Januar bis Dezember 2020 gab es 130 Morde an Frauen, die meisten während der Pandemie, während die Regierung uns erklärte, dass wir doch nun sicherer seien."

Auch im Netz sind Kampagnen geplant: im Süden Mexikos etwa ein "pañuelazo virtual", bei dem Frauen sich mit einem lila Dreieckstuch fotografieren sollen, um Solidarität zu zeigen. In Guatemala sind Demonstrierende aufgerufen, Fotos und Videos mit lila Schleifen, Kerzen, Pfiffen und Topfschlägen hochzuladen.

Die feministische Koordination des 8. März in Chile hat für Montag zu einem Streik aufgerufen. "Wir werden nicht im Namen der Care-Arbeit unsere Berufung, auf die Straßen zu gehen, aufgeben", hieß es in ihrem Aufruf. Ab 11 Uhr morgens sollen die Frauen sowohl ihre Tele- als auch Präsenzarbeit niederlegen. Von elf bis 15 Uhr soll die "Küche kalt bleiben". Am Nachmittag wird landesweit zu Demonstrationen aufgerufen, die am Abend in einem cacerolazo, also dem lauten Schlagen auf Töpfen und Pfannen, enden sollen, um "gegen Ausgangssperre und Staatsterrorismus" zu demonstrieren.

Auch in Argentinien riefen Kollektive zu einem Streik im Laufe des Tages und Kundgebungen am späten Nachmittag und Abend auf. Auf der langen Liste der Forderungen standen dabei unter anderem eine feministische Justizreform, eine öffentliche Politik zur Linderung der negativen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie bei Frauen, die Umsetzung einer Quote für Trans-Personen in der Arbeitswelt und die Freilassung von Personen, die wegen Abtreibung inhaftiert sind. "Wir sind diejenigen, die mehr Betreuungsaufgaben zu Hause übernehmen und unter Niedriglöhnen und Arbeitslosigkeit leiden", hieß es in dem Streikaufruf, den Dutzende Organisationen unterschrieben. Deswegen müssten Löhne und Renten schneller steigen als die Inflation.