Venezuela / Politik

Venezuela bereitet Parlamentswahlen vor

Über 14.000 Kandidaten für die Wahlen zur Nationalversammlung eingeschrieben. Mehrere Oppositionsparteien nehmen teil. Regierungslager startet Kampagne

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Präsident Maduro vereidigte die Mitglieder des Wahlkampf-Kommandos "Darío Vivas", das die Kampagne der regierenden PSUV organisiert
Präsident Maduro vereidigte die Mitglieder des Wahlkampf-Kommandos "Darío Vivas", das die Kampagne der regierenden PSUV organisiert

Caracas. In Venezuela laufen die Vorbereitungen für die am 6. Dezember anstehenden Parlamentswahlen. Der Nationale Wahlrat (CNE) gab bekannt, dass sich über 14.000 Kandidierende eingeschrieben haben, die sich um die 277 Sitze in der Nationalversammlung bewerben. Insgesamt haben 107 Parteien oder Organisationen Kandidaten aufgestellt.

Darunter befinden auch auch mehrere größere Oppositionsparteien, nachdem zuletzt verschiedene Politiker von der harten Boykotthaltung der Fraktion um Juan Guaidó abgekehrt sind. Guaidó bezeichnet sich immer noch als "Interimspräsident" Venezuelas und wird von den USA, den meisten EU-Staaten sowie einigen rechtsgerichteten Regierungen lateinamerikanischer Länder unterstützt. In Venezuela selber scheint sein Rückhalt selbst in Oppositionskreisen immer mehr zu bröckeln.

Die Oppositionsparteien Demokratische Aktion (Acción Democrática, AD), Hoffnung auf den Wandel (Esperanza por el Cambio), Cambiemos (Verändern wir), Progessiver Fortschritt (Avanzada Progesista) und die christdemokratische Copei haben sich indes zu einem Bündnis zusammengeschlossen. Unter dem Namen Demokratische Allianz (Alianza Democrática) wollen sie in den verschiedenen Wahlkreisen jeweils Einheitskandidaten aufstellen, um ihre Kräfte zu bündeln.

"Es ist besser, mit Wählerstimmen zu kämpfen, als mit Wahlenthaltung", sagte Javier Bertucci, einer der Spitzenkandidaten. Die neue Allianz sei nicht nur wahltaktisch begründet, sondern solle "dem Land Möglichkeiten aufzeigen, um aus dem furchtbaren Konflikt herauszufinden, den wir gegenwärtig erleben", so Bertucci. Er deutete an, dass die fünf Parteien auch bei den regionalen Wahlen in den Bundesstaaten im Jahr 2021 kooperieren wollen.

Auch der ehemalige Präsidentschaftskandidat der Opposition von 2012 und 2013, Henrique Capriles Radonski, hatte zuletzt für eine Teilnahme an den Wahlen plädiert. Die Boykotthaltung habe "keine Ergebnisse gebracht", weshalb die Opposition "die Wahlen als Gelegenheit nutzen" solle. Capriles will mit seiner Bewegung Die Kraft ist der Wandel (La Fuerza es el Cambio) in allen Wahlkreisen antreten. Inzwischen folgte eine öffentliche Einladung zur Zusammenarbeit von Seiten Henri Falcóns, Präsidentschaftskandidat von 2018 und Anführer von Avanzada Progresista.

Das Regierungslager hat ebenfalls seine Kandidaten bekanntgegeben. Die im Großen Patriotischen Pol (Gran Polo Patriótico, GPP) versammelten Parteien treten mit insgesamt 554 Kandidaten an. Neben der Vereinten Sozialistischen Partei (PSUV) von Präsident Nicolás Maduro vereint der GPP acht weitere Parteien. Die Kampagne trägt den Namen des kürzlich am Coronavirus verstorbenen Regierungschefs des Hauptstadtbezirks Caracas, Darío Vivas. Präsident Maduro kündigte für November einen Kongress der GPP-Parteien an, um einen gemeinsamen Plan für die kommende Legislaturperiode zu verabschieden.

Das Linksbündnis "Revolutionäre Volksalternative für Venezuela" (APR), dem die Kommunistische Partei sowie einige weitere linke und chavistische Basisgruppen angehören, hat eine eigene Kandidatenliste beim CNE vorgelegt und ihre Wahlkampagne gestartet. Dies bedeutet einen deutlichen Politikwechsel für die linken Parteien. Die APR will sich nach eigenen Angaben der "arbeiterfeindlichen Regierungsagenda, Korruption und Reformismus" entgegenstellen.

Die Parlamentswahlen finden am 6. Dezember statt. Gegenüber der laufenden Periode wird die Anzahl der Abgeordneten von 167 auf 277 erhöht. 144 davon (52 Prozent) werden im Proporzverfaren nach Listenstimmen gewählt, 133 (48 Prozent) im Mehrheitsverfahren in ihrem jeweiligen Wahlkreis.

Die venezolanische Regierung hat auch die Europäische Union (EU) zur Wahlbeobachtung eingeladen. Laut der Nachrichtenagentur Reuters erklärte eine Sprecherin der EU am Freitag, die "Mindestbedingungen für glaubwürdige, integrative und transparente Wahlen" seien bisher nicht erfüllt und die Zeit bereits zu kurz, um eine "vollständige EU-Wahlbeobachtungsmission zu entsenden“, wenn der Wahltermin nicht verschoben werde.

Dagegen signalisiert China Unterstützung für den Wahlprozess. Der Botschafter der Volksrepublik in Caracas, Li Baorong, sagte gegenüber den Medien, China werde "weiterhin alle Bemühungen der venezolanischen Regierung unterstützen, Differenzen durch Dialog im Rahmen der Verfassung zu lösen". Die Wahlen seien "Ausdruck des Volkswillens" und müssten "von der gesamten internationalen Gemeinschaft anerkannt werden", so der Botschafter.