Venezuela / Politik

Oberstes Gericht in Venezuela wechselt Führungen linker Parteien aus

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Sitz des Obersten Gerichtshofes in Caracas
Sitz des Obersten Gerichtshofes in Caracas

Caracas. Der Oberste Gerichtshof (TSJ) in Venezuela hat die Vorsitzenden der Linksparteien "Vaterland für alle" (PPT) und "Tupamaros" (MRT) abgesetzt. In beiden Fällen ordnete das Gericht die Bildung einer neuen Ad-hoc-Führung an, deren Aufgabe die "Neuorganisierung und Demokratisierung der Partei" sei.

Betroffen ist Rafael Uzcategui, der die PPT seit 2010 leitete und sich zunehmend kritisch gegenüber der Politik der Regierung von Präsident Nicolás Maduro geäußert hatte. Bei den Tupamaros wurde Generalsekretär José Pinto abgesetzt.

Neue Vorsitzende der PPT ist Ilenia Medina. Sie hatte die Klage gegen Uzcategui wegen "Verletzung ihrer Mitgliedsrechte" eingereicht und damit begründet, dass die internen Konflikte von der Führung zwei Jahre lang ignoriert worden seien. Nach dem Urteil versicherte sie, "das demokratische Leben der PPT neu zu ordnen". Zudem gab sie bekannt, dass ihre Partei bei den kommenden Wahlen zusammen mit der regierenden Vereinten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) antrete und sich vom Bündnis "Revolutionäre Volksalternative für Venezuela" (APR) zurückziehe.

Uzcategui bezeichnete dies als "Verrat": Medina habe die Partei im Tausch gegen 18 gut platzierte Kandidatenplätze in der regierungsgeführten Koalition für die Parlamentswahlen am 6. Dezember "verkauft". Es gebe auch keine rechtliche Basis für den Gerichtsbeschluss, zudem verstoße er gegen die Verfassung.

Die APR ist ein Bündnis, das PPT, die Kommunistische Partei (PCV) und eine Reihe chavistischer Basisgruppen kürzlich gegründet haben. Einige Tage vor dem TSJ-Urteil hatten sie bereits begonnen, ihre eigene Kandidatenliste für die Dezember-Wahlen vorzulegen, was einen deutlichen Politikwechsel für die linken Parteien bedeutete. Die APR will sich nach eigenen Angaben der "arbeiterfeindlichen Regierungsagenda, Korruption und Reformismus" entgegenstellen.

Uzcategui hatte Parteimitglieder und Wähler aufgefordert, das neue Bündnis und die APR-Kandidaten zu unterstützen. Dies wurde von mehreren lokalen Basisgruppen der PPT befürwortet. Sie haben nun Proteste vor dem TSJ-Sitz in Caracas angekündigt.

Zuvor hatte das Gericht bereits die Leitung der Tupamaros um Generalsekretär José Pinto abgelöst und den Landessprecher der Partei, José Rondon, dafür eingesetzt. Pinto ist seit 15. Juli wegen Mordverdachtes in Haft. Er beteuert seine Unschuld und bezeichnet seine Festnahme als politisch motiviert. Momentan wartet er auf den Prozess.

Rondon erklärte unmittelbar nach dem TSJ-Urteil seine Unterstützung für das von der PSUV geführte Wahlbündnis.

Dagegen kündigte MRT-Sekretär Ares Di Fazio an, Parteimitglieder würden die TSJ-Entscheidung anfechten und Straßenproteste organisieren. "Heute ist unsere Organisation geraubt worden", sagte er. Man werde "Oligarchie, Imperialismus und den mächtigen reformistischen Fraktionen" entgegentreten, die hinter diesem Schritt stünden. Zahlreiche lokale MRT-Anführer hatten sich für das alternative Linksbündnis ausgesprochen.

Die PCV hat sich indes mit einer Stellungnahme an die Öffentlichkeit gewandt. Die Gerichtsurteile stellten "eine offene und flagrante Verletzung des Rechts auf politische Vereinigung" dar. Die Partei verurteilte den "politischen Charakter" der Urteile und die Versuche, eine "fiktive, auferlegte und untergeordnete 'Einheit' linker Parteien für die bevorstehenden Wahlen durchzusetzen".

Im Juni hatte der TSJ bei den rechten Oppositionsparteien Demokratische Aktion, Gerechtigkeit Zuerst und Volkswille interveniert. In allen drei Fällen hatten Parteimitglieder Klagen gegen die Führungen eingelegt, die zum Boykott der Wahlen im Dezember aufgerufen hatten. Die neu ernannten Ad-hoc-Vorstände versicherten die Teilnahme ihrer Parteien an den Parlamentswahlen.