Bolivien: De-facto-Regierung weist mexikanische und spanische Diplomaten aus

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Die Führung unter Senatorin Jeanine Áñez wendet sich gegen das Lithium-Geschäft mit Deutschland
Die Führung unter Senatorin Jeanine Áñez wendet sich gegen das Lithium-Geschäft mit Deutschland

La Paz. Die De-facto-Präsidentin von Bolivien, Jeanine Áñez, hat die Botschafterin von Mexiko, María Teresa Mercado, sowie die Geschäftsträgerin von Spanien, Cristina Borreguero, und den spanischen Konsul, Álvaro Fernández, zu "personae non gratae" erklärt und ihnen 72 Stunden eingeräumt, das Land zu verlassen. Im Gegenzug kündigte Spanien als Reaktion auf diese "feindliche Geste" die Ausweisung von drei bolivianischen Diplomaten an. Die mexikanische Regierung wies ihre Botschafterin zum Schutz ihrer eigenen Sicherheit an, umgehend nach Mexiko zurückzukehren.

Áñez begründete die Ausweisung mit der Anwendung des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen. Ihre Putsch-Regierung hatte zuletzt den Vorwurf erhoben, die spanische Botschaft habe MAS-Politikern, die in der mexikanischen Botschaft wegen politischer Verfolgung Schutz gesucht haben, dabei geholfen, aus dem Gebäude der Botschaft zu kommen. Bereits am Samstag hatten deswegen sechs Mitarbeiter der spanischen Botschaft Bolivien verlassen.

Die Bewegung zum Sozialismus (Movimiento al Socialismo, MAS) will indes am 19. Januar in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires ihre Kandidaten für die Wiederholung der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen wählen. Der MAS-Vorsitzende, Evo Morales, der bereits angekündigt hat, nicht noch mal antreten zu wollen, erklärte, dass zu dem Treffen neben den führenden MAS-Funktionären auch Vertreter sozialer Bewegungen und des Nationalen Einheitspakts kommen werden.

Ob die MAS an den Wahlen überhaupt unter ihrem bisherigen Namen antreten darf, steht laut dem neuen Präsidenten des Obersten Wahlgerichtshofs (TSE), Salvador Romero Ballivián, jedoch noch nicht fest. In den kommenden Wochen sollen dessen neu berufene Mitglieder entscheiden, ob die MAS aufgrund des erhobenen Vorwurfs des Wahlbetrugs aufgelöst werde und ihre Kandidaten somit für eine andere oder neue Partei antreten müssten.

Ballivián hatte sich auch zu den nach wie vor nicht fest terminierten Wahlen geäußert. So müsse man bis zum 7. Januar das Datum festlegen und habe ab diesem Zeitpunkt 120 Tage Zeit, die Wahlen durchzuführen. Somit müsses sie bis zum 10. Mai abgehalten werden, führte Ballivián aus. Da 120 Tage für die Organisation von Wahlen jedoch überaus knapp seien, werde man den Zeitraum aller Voraussicht nach voll ausschöpfen.

Zudem kündigte Ballivián an, die technische Auszählung überarbeiten zu wollen. An der Auszählung hatte sich nach der Wahl im Oktober der Vorwurf entzündet, die MAS habe die Wahlen zu ihren Gunsten beeinflusst. Dies hatte auch die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) mehrfach wiederholt, war aber Beweise schuldig geblieben. Wie zu erwarten, will der neu formierte TSE nun auch bei der Wahlwiederholung mit der OAS zusammenarbeiten. In den ersten Januartagen wolle man einen Rahmen dafür schaffen. Es werde eine technische Delegation der OAS erwartet, mit der die Bedingungen geklärt werden sollen, erklärte Ballivián.

Derweil äußerte sich ein Mitglied des Wahlrats gegenüber der bolivianischen Zeitung El Deber anderslautend als ihr Vorsitzender. So könnte der Wahltermin sogar erst im Juni sein. Laut Julio Mujica, dem Sprecher des Wahlgerichts der Provinz Potosí, gebe es mittlerweile einen Entwurf, wonach die erste Runde im Juni und eine mögliche Stichwahl dann im Juli stattfinden würde. Eine neue Regierung werde demnach sogar erst im August ihre Amtsgeschäfte aufnehmen.

Am Wochenende war ein Videomitschnitt aufgetaucht, in dem der mögliche ultrarechte Kandidat und ehemalige Vorsitzende des Bürgerkomitees von Santa Cruz (Comité Cívico de Santa Cruz), Luis Camacho, einräumt, dass es während der Proteste wegen möglichen Wahlbetrugs Absprachen mit Militär und Polizeieinheiten gab, damit diese nichts gegen die teils gewalttätigen Proteste, wie Brandanschläge auf Wahlbüros, nichts unternehmen sollten. Diese Anweisung habe laut Camacho sein eigener Vater gegeben. Einer der Empfänger sei Fernando López gewesen, der unter Añez derzeit Verteidigungsminister ist. Damit gibt es nun ein weiteres Detail, dass es sich bei den Vorkommnissen nach dem 20. Oktober aufgrund eines Bündnisses zwischen Polizei, Militär und oppositionellen Kräften um einen gut vorbereiteten Putsch handelte.

Mittlerweile erklärte Camacho außerdem, dass nicht nur mit Militär- und Polizeieinheiten entsprechende Absprachen getroffen worden seien, sondern auch mit verschiedenen Vertretern von Bergbau- und Indigenenorganisationen.

Morales äußerte dazu über den Kurznachrichtendienst Twitter: "Camacho bestätigt, dass Zivilisten mit dem Militär und der Polizei gesprochen haben, um meine Regierung zu stürzen. Es war ein Staatsstreich, obwohl Áñez, Mesa und Camacho selbst versuchen, es zu leugnen, das Video ist ein unwiderlegbarer Beweis. Die Justiz muss gegen die Putschisten vorgehen".