Sohn des neuen Präsidenten: Folter, Inhaftierung und Parteiverbote in Brasilien

Eduardo Bolsonaro erwägt offen Repression gegen soziale Bewegungen und befürwortet Folter. Aufgabe der neuen Geheimdiensteinheit unklar

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Phantasien in der Bolsonaro-Familie: Dieses Foto twitterte Präsidentensohn Carlos im Wahlkampf

Brasília. In Brasilien hat Eduardo Bolsonaro, Parlamentsabgeordneter und Sohn des designierten Präsidenten Jair Bolsonaro, erneut massive Repression gegen soziale Bewegungen und die Opposition angekündigt. "Wenn es notwendig ist, 100.000 Menschen zu inhaftieren, wo ist das Problem?", so Bolsonaro junior. Der Nachwuchspolitiker hatte zuvor von sich Reden gemacht, weil er mehrfach öffentlich Folter befürwortete.

Im Visier der Bolsonaros stehen vor allem die Landlosenbewegung (Movimento dos Trabalhadores Rurais Sem Terra, MST) und die Obdachlosenbewegung (Movimento dos Trabalhadores Sem Teto, MTST). Die einflussreichen Organisationen haben in den vergangenen Jahren in erheblichem Maße soziale Rechte erkämpft und die Interessen der mächtigen Agraroligarchie angegriffen. Beide hatte der künftige Präsident bereits im Wahlkampf als "Terroristen" tituliert.

In einem Interview mit der Tageszeitung Estadao kündigte Eduardo Bolsonaro nun eine Reihe von Gesetzesvorhaben unter der ultrarechten Regierung seines Vaters an. Er wolle Programme zur Sexualerziehung beenden, die er als "Indoktrination" von Kindern bezeichnete. Auch wolle er ein Programm mit dem Titel "Schule ohne Partei" vorantreiben. Kern dieses Vorhabens ist, Portale im Internet zu schaffen, auf denen politische Aussagen gegen die designierte Regierung anonym gemeldet werden können. Zudem sollten mehr Gefängnisse gebaut werden.

Der Sohn des gewählten Präsidenten erwähnte zugleich die Möglichkeit, politische Parteien der Opposition zu verbieten. Dies stünde nicht im Widerspruch zu den politischen Freiheitsrechten, die von der brasilianischen Verfassung garantiert sind, so Eduardo Bolsonaro. "Das ist ein Vorschlag, den ich gerne voranbringen würde, aber das hängt von der künftigen Zusammensetzung des Kongresses ab", sagte er. Als politisches Beispiel führte er Zensurgesetze in Ländern wie Polen an, "das den Kommunismus zu spüren bekommen hat". Den "Kommunismus" bezeichnete der Bolsonaro-Sohn als Krebsgeschwür.

Im Wahlkampf hatte Eduardo Bolsonaro bereits für einen Skandal gesorgt, als er Folter als Mittel des politischen Kampfes befürwortete. Mitten im Wahlkampf seines Vaters repostete ein weiterer Sohn von Jair Bolsonaro, Carlos, über den Kurznachrichtendienst Twitter das Foto eines erstickenden, blutigen und gefesselten Mannes mit einer Plastiktüte über dem Kopf. Auf der Brust stand in schwarzer Schrift das Motto der Protestbewegung gegen Jair Bolsonaro: "Ele Não" (Er nicht). Das Bild stammte von einem Instagram-Konto mit dem Namen @direitapvh, das nach einer Strafanzeige inzwischen gelöscht wurde.

Bei dem Vorgehen gegen die Opposition ziehen die amtierende De-facto-Regierung unter Michel Temer und die designierte Bolsonaro-Führung offensichtlich an einem Strang. Während die Gesetze gegen das organisierte Verbrechen schon jetzt verschärft werden, befürchten soziale Bewegungen nach dem Regierungswechsel eine  zunehmende Kriminalisierung, in deren Folge sie ins Visier der Strafverfolgung geraten. Kritiker ziehen bereits Parallelen zu repressiven Strukturen der Militärdiktatur (1964-1985).

Am 15. Oktober verabschiedete die Temer-Führung das Dekret 9.527, mit dem "die Gründung einer geheimdienstlichen Aktionseinheit zum Kampf gegen das organisierte Verbrechen" ermöglicht wird. Die spanische Journalistin Rocío García geht davon aus, dass Bolsonaro das Gesetz zur Kriminalitätsbekämpfung dazu nutzen wird, gegen politische Gegner vorzugehen. Angesichts der aggressiven Rhetorik des künftigen Staatschefs und seiner offenen Bewunderung für die Militärdiktatur sei nicht auszuschließen, dass die Methoden der Geheimpolizei der Diktatur wiederbelebt würden.

Die Geheimpolizei DOI-CODI hatte damals die politische Opposition ausgekundschaftet und brutal bekämpft. Im Ziel der Geheimdienstler standen vor allem die Studierendenbewegung, soziale Organisationen und die politische Opposition, es gab zahlreiche politische Morde.

Im ersten Absatz des nun verabschiedeten Dekrets 9.527 heißt es, die neu zu schaffende Geheimdiensteinheit solle "das organisierte Verbrechen in Brasilien bekämpfen, indem sie befähigt wird, Daten zu analysieren und zu teilen sowie geheimdienstliche Berichte zu verfassen, um so eine Grundlage für das Handeln der Polizei und der Regierung mit dem Ziel zu schaffen, gegen kriminelle Organisationen vorzugehen, die den brasilianischen Staat und seine Institutionen angreifen". Offen bleibt allerdings, wer im Sinne der Regelung und des Arbeitsauftrags als kriminelle Organisation gilt.