Venezuela / Politik

Abwahlreferendum in Venezuela gestoppt, Opposition spricht von Verfassungsbruch

Nationaler Wahlrat folgt Anweisungen regionaler Gerichte. Ermittlungen wegen Wahlfälschung in mehreren Staaten. Scharfe Kritik der Opposition

wahlrat_venezuela.jpg

Die Wahlbehörde von Venezuela rief alle politischen Lager auf, den Dialog zu suchen, um den sozialen Frieden und die Stabilität des Landes zu gewährleisten
Die Wahlbehörde von Venezuela rief alle politischen Lager auf, den Dialog zu suchen, um den sozialen Frieden und die Stabilität des Landes zu gewährleisten

Caracas. Venezuelas Wahlbehörde hat das Verfahren für ein Abwahlreferendum gegen Präsident Nicolás Maduro auf Eis gelegt. Der Nationale Wahlrat (CNE) berücksichtigt damit die einstweiligen Verfügungen von fünf Regionalgerichten, die die erste Phase der Unterschriftensammlung wegen Unregelmäßigkeiten annulliert haben. Ursprünglich war die zweite Stufe, bei der die Opposition rund vier Millionen Stimmen gegen Maduro hätte sammeln müssen, um ein Referendum zu erreichen, auf den 26. bis 28. Oktober angesetzt.

Regionalgerichte der Bundesstaaten Carabobo, Aragua, Bolívar, Monagas und Apure gaben am Donnerstag Einsprachen statt, welche die Gültigkeit der Aktivierung der Referendums bestritten. Zumindest in Carabobo und Aragua muss die erste Unterschriftensammlung wiederholt werden. Im Zentrum des Disputs steht eine hohe Anzahl ungültiger Unterschriften in den betreffenden Staaten.

Der Prozess zur Anberaumung des Abwahlreferendums gegen Präsident Maduro läuft gemäß den venezolanischen Wahlgesetzen in mehreren Phasen ab:

  • Beantragung der Wahlscheine vom CNE für die Unterschriftensammlung. Dafür sind mindestens 2.500 Unterschriften nötig.
  • Im zweiten Schritt müssen die Antragsteller die Unterschriften von einem Prozent der Wählerschaft zusammentragen, um die Vorabstimmung zu beantragen, insgesamt von 197.978 Personen;
  • Bei einem positiven Ergebnis muss der CNE das Datum und die landesweiten Adressen der Wahllokale bekanntgeben. Binnen drei Tagen müssen in jedem der 23 Bundesstaaten sowie im Hauptstadtdistrikt 20 Prozent der Wahlberechtigten dem Referendum zustimmen;
  • Ist dies erreicht, wird eine landesweite Abstimmung anberaumt. Um den Präsidenten abzuwählen muss eine Stimme mehr zusammengetragen werden als der Amtsträger bei seiner Wahl erhalten hat. Im Fall von Präsident Maduro wären das 7.587.579 plus eine Stimme.

Mit der neuerlichen Verzögerung ist die Anberaumung des Abwahlreferendums noch in diesem Jahr allerdings ausgeschlossen. Findet die Abstimmung 2017 statt, könnte Maduro zwar abgewählt werden, an seine Stelle würde dann aber der derzeitige Vizepräsident und Parteigenosse Aristóbulo Istúriz treten.

Das Oppositionsbündnis "Tisch der demokratischen Einheit" (MUD) hatte im Mai beim Wahlrat über eine Millionen Unterschriften für die Einleitung eines Abwahlreferendums vorgelegt. Bei der ersten Überprüfung der Wahlscheine wurden massive Unregelmäßigkeiten festgestellt: Über 600.000 Unterschriften wurden für ungültig erklärt, weil sie unvollständig, falsch oder doppelt aufgeführt waren oder weil die Personen nicht im Wahlregister eingetragen waren. Unter anderem waren 10.995 Verstorbene aufgeführt, 9.333 gefälschte Personalausweisnummern wurden nachgewiesen. Zahlreiche Klagen waren diesbezüglich anhängig, so erstatteten mehr als 8.000 Einzelpersonen Anzeige, deren Identitäten das Oppositionsbündnis ohne ihr Einverständnis benutzt haben soll.

MUD-Vertreter kritisierten die Verschiebung durch die Wahlbehörde scharf. Der zweimalige unterlegene Präsidentschaftskandidat Henrique Capriles Radonski sprach von "schwerwiegenden Vorfällen" und einer Verletzung der Verfassung. Der Abgeordnete Juan Andrés Mejía von der Rechtsaußen-Partei Voluntad Popular äußerte, "das Regime hat die Demokratie begraben und die Diktatur erklärt". Maria Corina Machado von der Partei Vente Venezuela twitterte, jetzt sei "die Stunde der großen nationalen Einheit um den Übergang auf der Straße" durchzusetzen und rief zu Demonstrationen am heutigen Samstag auf.

Ein Gericht in Valencia im Bundesstaat Carabobo hat indes im Rahmen der Ermittlungen wegen Wahlbetruges Ausreiseverbote gegen Capriles und den Generalsekretär des Oppositionsbündnisses, Jesús Torrealba, verhängt. Den Politikern wird zur Last gelegt, Falschaussagen gemacht sowie falsche Daten benutzt und der Wahlbehörde übergeben zu haben. Weitere 15 MUD-Führer, die in den Bundesstaaten Aragua, Bolívar und Apure für die Durchführung der Unterschriftensammlung verantwortlich zeichneten, dürfen nach Beschlüssen der Regionalgerichte ebenfalls das Land nicht verlassen.

Wenn Sie über diesen Artikel mitdiskutieren wollen, nutzen Sie bitte die Kommentarfunktion auf unserer Facebook-Seite oder folgen Sie einfach diesem Link