Bolivien / Politik

Streit um erneute Präsidentschaft von Evo Morales in Bolivien

Indigene und Bauernorganisationen mobilisieren für Verfassungsänderung. Opposition ruft Bürger zur Ablehnung bei Volksabstimmung auf

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Vertreter der Nationalen Koordination für den Wandel (Conalcam) kündigten am 1. September an, ein Referendum für die Verfassungsreform zu beantragen
Vertreter der Nationalen Koordination für den Wandel (Conalcam) kündigten am 1. September an, ein Referendum für die Verfassungsreform zu beantragen

La Paz/Sucre. In Bolivien ist eine Auseinanderstzung um die erneute Präsidentschaftskandidatur von Präsident Evo Morales und Vizepräsident Álvaro García Linera entbrannt. Laut Artikel 168 der aktuellen Verfassung dürfte das Gespann nach einer zweimaligen Wiederwahl hintereinander nicht noch einmal für die Wahlen im Jahr 2019 kandidieren.

Auf Initiative der Nationalen Koordination für den Wandel (Conalcam) und dem Zentralen Gewerkschaftsverband (COB), die beide der Regierungspartei Bewegung zum Sozialismus (MAS) nahe stehen, wurde vor einem Monat die teilweise Verfassungsänderung ins Parlament eingebracht. Der damit befasste Verfassungsausschuss aus Parlamentsvertretern unterschiedlicher politischer Couleur war am 22. September zu der Einigung gekommen, dass das Volk über die Frage entscheiden solle. Das Parlament verabschiedete daraufhin das Gesetz zur Verfassungsänderung.

Nun befasste sich exakt einen Monat später das Verfassungsgericht mit dem Reformvorschlag und gab grünes Licht zu dessen Umsetzung. Die Volksbefragung ist für den 21. Februar 2016 angesetzt, sofern das Parlament den Referendumstext gesetzlich durchwinkt. Bejaht die Mehrheit der Wähler die Frage nach der Möglichkeit der zweimaligen Wiederwahl der Präsidentschaft, müsste die Abänderung des Artikels 168 mit einer Zweidrittelmehrheit das Parlament passieren.

Demnach könnten Morales und García Linera für insgesamt 20 Jahre im Amt bleiben – eine politische Zäsur im Andenstaat. 2005 wurden beide nach Jahren der politischen Krise erstmals in der Geschichte Boliviens mit absoluter Mehrheit direkt gewählt. Im Zuge der Annahme der neuen Verfassung per Referendum mit über 90 Prozent im Januar 2009 wurden Neuwahlen für Dezember desselben Jahres angesetzt. Erneut wurde das Regierungsgespann ebenso wie fünf Jahre später mit überwältigender Mehrheit als erste Staatsoberhäupter des neuen Plurinationalen Staates bestätigt. Die Opposition hatte bereits bei der Wahl 2014 moniert, dass Morales entgegen der neuen Verfassung zwei mögliche Amtszeiten absolviert hätte. Das Verfassungsgericht hatte dies mit der Begründung zurückgewiesen, dass es die erste Wiederwahl unter der neuen Verfassung und damit rechtens sei.

Nun meldet sich die Opposition erneut zu Wort und versucht, das Reformprojekt zu stoppen. Federführend ist einmal mehr das Department Santa Cruz im Tiefland, dessen politische Führung um den Gouverneur Rúben Costas seit jeher zu den schärfsten Widersachern der Regierung Morales zählt. Die gesetzgebende Versammlung des Departments lehnte das Referendum in einer Erklärung ab und rief die cruzeñische Bevölkerung aus Gründen der politischen Bürgerrechte zur Ablehnung der Wiederwahl auf. Weiterhin behalte sich die Opposition internationale Schritte vor, um die Unregelmäßigkeiten bei der vorschnellen Entscheidung des Verfassungsgerichtes anzufechten.

Der letzte Präsident der neoliberalen Regierung Boliviens und Kandidat der christlich-demokratischen Partei, Jorge Tuto Quiroga, polemisierte gegen Morales und verglich die Zukunft Boliviens mit existierenden Monarchien. García Linera hielt dagegen, indem er an die dreifache Regierungszeit des US-Präsidenten Truman erinnerte, die niemand als undemokratisch bezeichnet hätte. Evo Morales rief die sozialen Bewegungen dazu auf, sich der Conalcam und der COB anzuschließen und für den positiven Ausgang des Referendums zu mobilisieren. Sofern das Volk die Verfassung ändere und seine jetzige Regierung wiederwähle, sei er mit aller Kraft bereit, weiterhin für das Wohl des bolivianischen Volkes zu regieren.

Bereits vor Wochen hatten Teile der einflussreichen indigenen Bauernorganisation aus dem andinen Hochland (CONAMAQ) und des Zusammenschlusses der indigenen Völker des Tieflands (CIDOB) ihre Unterstützung der Mandatsverlängerung erklärt.