Chiles Justiz beantragt Auslieferung von Sektenarzt der Colonia Dignidad

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Interpol-Fahndungsfoto von Hartmut Hopp
Interpol-Fahndungsfoto von Hartmut Hopp

Santiago de Chile. Der Oberste Gerichtshof von Chile hat am Dienstag (Ortszeit) einstimmig beschlossen, bei der deutschen Bundesregierung die Auslieferung des nach Deutschland geflüchteten Ex-Funktionärs der Sektensiedlung Colonia Dignidad, Hartmut Hopp, zu beantragen. Der enge Vertraute des damaligen Colonia Dignidad Anführers Paul Schäfer hatte sich Anfang Mai aus Chile in die niederrheinische Stadt Krefeld geflüchtet, um sich seiner in dem südamerikanischen Land ausstehenden mehrjährigen Gefängnisstrafe wegen Beihilfe zum sexuellen Missbrauch Minderjähriger in der Colonia Dignidad zu entziehen.

Angesichts der Schwere der Verbrechen Hopps, sah der Oberste Gerichtshof einen Auslieferungsantrag als gerechtfertigt an. Dieser sei vom Völkerrecht gestützt, da die Taten des 67-Jährigen sowohl in Deutschland als auch in Chile strafbar seinen. Zwar verbietet das deutsche Grundgesetz die Auslieferung deutscher Staatsbürger, betonten die Richter, doch habe der verurteilte Deutsche viele Jahre nicht in seiner Heimat sondern in Chile gelebt und erwiesenermaßen Verbrechen verübt, die nun geahndet werden müssten. Bei Interpol ist er zur dringenden Festnahme ausgeschrieben, was in Deutschland bisher nicht beachtet wurde.

Die chilenischen Richter berufen sich in ihrer Urteilsbegründung auf die Normen der panamerikanischen "Konvention von Havanna", da zwischen Chile und Deutschland kein bilaterales Auslieferungsabkommen besteht.

Die Colonia Dignidad war 1961 von dem im vergangenen Jahr verstorbenen Paul Schäfer gegründet worden. Nach dem Militärputsch gegen die sozialistische Regierung von Salvador Allende 1973 diente die Colonia Dignidad als Folter- und Vernichtungslager.