Guatemala-Stadt. Guatemalas Regierung hat eine einstweilige Verfügung gegen Generalstaatsanwältin María Consuelo Porras eingebracht. Dies erklärte Präsident Bernardo Arévalo auf einer Pressekonferenz am Dienstag und sprach von einem "Putschversuch" durch die Behörde.
Er reagierte damit auf die Festnahmen von Luis Pacheco und Hectór Chaclán am Mittwoch vergangener Woche. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden Aktivisten der indigenen Selbstverwaltungsstruktur 48 Kantone unter anderem "Terrorismus, Behinderung der Justiz und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung" vor. Bei der Pressekonferenz waren neben Arévalo auch Vizepräsidentin Karin Herrera, sein Kabinett und verschiedene indigene Autoritären anwesend. Das Alternativmedium Prensa Comunitaria sprach von einer "historischen Aktion".
Hintergrund sind die Massenproteste und Straßenblockaden von 2023, mit denen überwiegend indigene Organisationen gegen den versuchten Staatsstreich demonstrierten, mit dem der Amtsantritt von Arévalo verhindert werden sollte (amerika 21 berichtete). Pacheco war damals Vorsitzender der 48 Kantone und Chaclán Finanzverantwortlicher. Pacheco wurde am August vergangenen Jahres zum Vizeminister für Bergbau und Energie ernannt (amerika 21 berichtete).
Nach Medienberichten bestehen noch mindestens drei weitere Haftbefehle, unter anderem gegen Edgar Tuy, 2023 indigener Bürgermeister von Sololá. Er genießt als aktueller Gouverneur des Departamento Sololá allerdings Immunität. Die Staatsanwalt hat aber angekündigt, die Aufhebung beantragen zu wollen.
Die Festnahmen von Mittwoch gingen von der Staatsanwaltschaft aus, jenem Akteur, der auch versucht hat, mit juristischen Konstrukten 2023 den Amtsantritt von Arévalo zu verhindern.
Der Präsident erklärte, "wir bestehen auf den Rücktritt von Consuelo Porras und fordern die Reform von Artikel 14 des Organgesetzes der Staatsanwaltschaft, eine grundlegende Reform, um unsere Justizinstitutionen von der korrupten Bande zu befreien, die sie ihrer Würde beraubt hat. Kann mir jemand sagen, welche legalen Wege wir nicht einschlagen? Ich kann Ihnen sagen, welche illegalen Wege wir nicht einschlagen werden", sagte er zum weiteren Verbleib von Porras bei der Staatsanwaltschaft.
In den vergangenen Tagen war auch Kritik laut geworden, das Arévalo konsequenter gegen seine Gegner in der Staatsanwaltschaft vorgehen müsse. Der seit 2022 im Exil lebende Journalist Juan Luis Font sagte in einer Videobotschaft: "Worte reichen gegen die Diktatur der Justiz nicht mehr aus."
Zahlreiche nationale und internationale Organisationen und Persönlichkeiten verurteilten die Festnahmen. Die britische Botschaft erklärte ihre "tiefe Besorgnis" und sprach sich für das Recht auf friedliche Proteste und Versammlungen aus. Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum solidarisierte sich mit den "indigenen Autoritäten und Präsident Arévalo". Dies sei "keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Guatemalas, sondern Ausdruck unserer Außenpolitik zur Verteidigung der Demokratie." In Berlin solidarisierten sich Aktivisten der "Stimmen Guatemalas in Berlin" mit den Inhaftierten.
Verschiedene Organsationen aus Guatemala sammeln Unterschriften gegen die Festnahmen.
Schon am Montag hatte die Landarbeiterorganisation Codeca (Komitee für bäuerliche Entwicklung) an 18 Punkten im Land wichtige Verbindungsstraßen blockiert. Der Protest stand nicht in umittelbarem Zusammenhang mit den Festnahmen, die Aktivisten forderten aber auch die Freilassung von Pacheco und Chaclán und den Rücktritt der Staatsanwaltschaft, neben weiteren sozialen und politischen Forderungen. Gegen 17 Uhr wurden die meisten Blockadepunkte beendet.
Vorausgegangen war ein Treffen von Abgesandten von Codeca mit Mónica Mazariegos, Sekretärin für politischen Dialog der Präsidentschaft. Dabei wurde für den 6. Mai ein Treffen der Organisation mit Arévalo vereinbart.
Neftali López, Koordinator von Codeca für den städtischen Raum, erklärte, seit Februar 2024 habe man "formell um ein Treffen gebeten, um Themen wie Korruption, Privatisierungen, die Kriminalisierung von Menschenrechtsverteidigern und die Untersuchungen der Morde an Codeca-Mitgliedern mit dem Präsidenten zu erörtern". Bis jetzt habe Arévalo die Anfragen jedoch ignoriert. Er hoffe, jetzt eine "Vertrauensbeziehung zum Präsidenten aufzubauen, damit der angestrebte Dialog wirksam wird", wurde López in der Presse zitiert.
Codeca hat eine kritische Position zu Arévalo und strebt strukturelle Veränderungen im Land an. Edvin Sánchez, leitendes Mitglied der Organisation, verurteilte in einer Videobotschaft die Festnahmen von Pacheco und Chaclán und die "makabren Aktionen der Staatsanwaltschaft". Allerdings gebe es in Guatemala "für die Völker keine Demokratie, daher könne man auch nicht für diese falsche Demokratie kämpfen". Nötig sei stattdessen ein "Plurinationaler Staat unter Teilnahme der Völker".