Buenos Aires. Der Cryptogate-Finanzskandal, in dem Argentiniens ultrarechter Präsident Javier Milei eine dubiose Rolle spielte, hat dessen Image auf ein bisher unerreichtes Tief in den Sozialen Medien fallen lassen.
Milei hatte über X eine Plattform angepriesen, die eine Krypto-Währung ($Libra) auf den Markt brachte, die nach kurzem Höhenflug rasant an Kurs verlor (amerika21 berichtete).
Nachdem Milei die Nachricht einige Stunden verbreitet hat, löschte er sie – doch der Riesenverlust für die meisten Anleger und ein satter Gewinn für einige Wenige waren unumkehrbar.
Begriffe wie "Betrug", "Skandal" und "$Libra" beherrschten in Argentinien kurz darauf die Narrative Sozialer Netzwerke und digitaler Medien zu Milei.
Laut einer Untersuchung von Monitor Digital hat der Fall "beispiellose Folgen für das digitale Profil des Präsidenten". Nach Analyse der wichtigsten Onlinekanäle sei seine Glaubwürdigkeit vermutlich "anhaltend" gesunken.
Mileis Darstellung, dass sein Tweet weder ein Verbrechen noch eine Werbung gewesen sei, wird von den meisten digitalen Nutzer:innen abgelehnt.
Das Beratungsunternehmen, das die Stimmung in den Sozialen Netzwerken auf einer Skala von "normal" bis "furchtbar" klassifiziert, stellte in den Nachrichten und Posts zum Skandal die schlechtmöglichste Stimmung fest.
Die am Wochenende durchgeführten Umfragen zeigten zudem, dass die medialen Rechtfertigungsversuche Mileis nicht aufgingen. In den Sozialen Medien "erreichten die Chats und Berichte über das Cryptogate rund 65 Prozent aller Veröffentlichungen über den Präsidenten", heißt es in dem Bericht.
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Eine Analyse des Beratungsunternehmens Synopsis diagnostiziert eine ähnlichen Ansehensverlust. Der Höhepunkt wurde demnach am 16. Februar mit 81,7 Prozent negativer Erwähnungen erreicht.
Knapp eine Woche nach dem Skandal weist auch die Beratungsfirma Zuban Córdoba auf "eine tiefe Krise" hin, die Milei "nicht unterschätzen sollte". Nach dieser Umfrage glauben sechs von zehn Argentinier:innen, dass es sich um Betrug handelte und mehr als die Hälfte, dass die Präsidentenschwester Karina Bestechungsgelder für ihre Kryptowerbung erhielt.
Zubán Cordoba kommt zu dem Schluss, dass die Bevölkerung Milei vorwirft, "als Influencer statt als Präsident agiert zu haben". Bei einer Stichprobe von 1.200 Fällen (mit Fehlerquote von 2,83 Prozent) sind zudem 40 Prozent der Meinung, "dass es von der Justiz untersucht werden sollte". Nur zehn Prozent stimmen der von der Regierung vorgeschlagenen Idee einer internen Untersuchung zu.
Mileis Beteiligung an diesem Fall bleibt dubios. Trotz seiner klaren Förderung der Kryptowährung versucht er, sich von seiner Verantwortung zu distanzieren, indem er versicherte, nichts über die Details des Projekts gewusst zu haben.
Dem widerspricht Hayden Mark Davis, ein Milei nahestehender Geschäftsmann und Hauptförderer von $LIBRA. Er warf der Regierung vor, in ihrer Unterstützung für das Projekt wankelmütig geworden zu sein. Nach dem Crash forderte Davis von Milei binnen 48 Stunden einen Entschädigungsplan für die Opfer. Danach begann er, kompromittierende Informationen über die Verwaltung der Gelder und unerfüllte Versprechen des Präsidenten preiszugeben.
Milei reiste indes am Donnerstag zu politischen und wirtschaftlichen Gesprächen in die USA. Er nahm an einer Konferenz der Conservative Political Action Conference (CPAC) teil und hielt einen Vortrag bei der Interamerikanischen Entwicklungsbank unter dem Titel "Argentiniens Wirtschaftsmodell". Geplant ist außerdem ein Treffen mit der Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgieva, um Unterstützung für ein neues Darlehen zu suchen.
Die auf digitale Rechtsstreitigkeiten spezialisierte Anwaltskanzlei Burwick Law in New York bereitet derweil eine Klage im Namen von 300 Opfern des $LIBRA-Manövers vor. Investoren aus Argentinien, den USA, Europa, Asien und Afrika fordern die Rückgabe verlorener Gelder, die sich auf rund vier Milliarden Dollar belaufen. Laut Burwick besteht die Absicht, die Klage an verschiedenen Gerichtsbarkeiten vorzubringen, zu denen je nach Herkunft der Beteiligten und Opfer die USA, Europa und Lateinamerika gehören könnten.