Buenos Aires. Wald- und Buschbrände halten Bewohner:innen und Feuerwehren in einigen Andenregionen der patagonischen Provinzen Neuquén, Chubut und Río Negro in Atem.
In El Bolsón, einem Zentrum des Andentourismus im Süden der Provinz Rio Negro, sind die Brände in den letzten Tagen außer Kontrolle geraten. "Alles brennt, es herrscht totales Chaos", so der Bürgermeister gegenüber der Zeitung Bariloche 2000. Die "schrittweise und geordnete Evakuierung“ von rund 700 Häusern in den verstreuten Siedlungen wurde angeordnet. Windböen von jüngst bis zu 80 Stundenkilometern erschweren die Arbeit der Feuerwehrleute und freiwilligen Brigaden.
Bis zum vergangenen Dienstag sind bereits rund 25.000 Hektar Wald, Plantagen und Grasland verbrannt. Die größten Brandherde liegen in den touristisch bedeutsamen Nationalparks Lanín (Neuquén) und Nahuel Huapi (Río Negro).
Ein Mann starb bisher in den vom Wind angefachten Flammen, von mindestens 150 Familien wurden Hab und Gut zerstört. Die betroffenen Landstriche sind dünn besiedelt und liegen circa 1.500 Kilometer südwestlich von Buenos Aires.
Nach Meinung vieler Beobachter sind die anhaltenden Brände auch Folge der Mittelkürzungen der Zentralregierung und der Untätigkeit von Sicherheitsministerin Patricia Bullrich. Diese habe lediglich die Mindestressourcen des unterfinanzierten Nationalen Brandschutzplans bereitgestellt. Buenos Aires habe nur zwei Flugzeuge, einen Hubschrauber und dreißig Feuerwehrleute geschickt. Eine Solidaritätserklärung mit den Betroffenen gab es nicht.
Auch nach Aussage der Behörden vor Ort mangelt es an Personal, Gerät und Flugzeugen für die Brandbekämpfung. Orlando Báez, Leiter des Brandschutzes im Touristenort Bariloche (Río Negro), sagte der Tageszeitung Página/12: "Um einen Brandherd zu bekämpfen, müssen wir einen anderen vernachlässigen". Aufgrund der Entscheidung von Staatspräsident Javier Milei, den Haushaltsetat von 2023 unverändert für 2024 anzuwenden, seien die Mittel für den Brandschutz unzureichend. Die Prävention werde den Provinzen überlassen.
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Selbst der Gouverneur von Rio Negro, Alberto Weretilneck, bat nun im Präsidentenpalast vergeblich um Hilfe. Beistand kam vom peronistischen Gouverneur der Provinz Buenos Aires, der 50 Feuerwehrleute entsandte.
Expert:innen warnen, dass die Zerstörung der Wälder Auswirkungen sowohl auf Flora und Fauna als auch auf Tourismus und Wirtschaft habe. Rechte Politiker in den Provinzen Chubut und Río Negro versuchen zudem, die Brände politisch auszunutzen und in den Social Media diffuses Feindbilder aufzubauen.
Die Provinzregierung in Chubut etwa beschuldigte eine Gemeinschaft von indigenen Mapuche, die sie kurz zuvor vertrieben hatte. Anwohner:innen dagegen erklärten: "Wir wissen, dass niemand in der Mapuche-Gemeinschaft in der Lage wäre, so etwas zu tun. Es ist, als würden sie sich selbst angreifen".
Laut Tiempo Argentino wird der Einsatz gegen die Brände von freiwilligen Feuerwehrleuten sowie einer großen Mobilisierung der Bevölkerung getragen. Rund 600 Menschen kämpften gegen die Flammen, höchstens 200 davon gehörten zu offiziellen Einheiten.
Die vielen Freiwilligen würden von sozialen, gewerkschaftlichen und nachbarschaftlichen Organisationen unterstützt. Mitarbeiter:innen öffentlicher Krankenhäuser führten Notdienste durch, Tierärzt:innen behandelten verletzte Tiere, Lehrer:innen und Psycholog:innen kümmerten sind um die Opfer, insbesondere Kinder.