La Paz/Santa Cruz. Laut der Forest Declaration Assessment hat Bolivien aufgrund der Waldbrände im letzten Jahr etwa neun Prozent seiner feuchttropischen Regenwälder verloren. "Die Degradation war für 32 Prozent der gesamten CO2-Emissionen aller tropischen Regenwälder verantwortlich", heißt es im diesjährigen Bericht des Zusammenschlusses aus zivilgesellschaftlichen Organisationen und Forschungsinstitutionen.
Laut der bolivianischen Fundación Tierra erlebte das Andenland 2024 die schlimmsten Brände seiner Geschichte. Insgesamt 12,6 Millionen Hektar seien zerstört worden. Durch die Brände seien siebenmal mehr Treibhausgase in der Region emittiert worden als in den Jahren zuvor.
Dafür ist nicht allein Bolivien verantwortlich. Auch in Brasilien, Kolumbien, Ecuador, Guyana, Peru, Surinam und Venezuela ist die Zerstörung von Waldflächen durch Feuer enorm gewesen. Phänomene wie Abholzung, Straßenbau und Brennholzeinschlag verschärfen die Schädigung der Wälder und führen zur zusätzlichen Freisetzung von Kohlenstoff.
60 Prozent des verlorenen Waldbestandes in Bolivien seien 2024 auf absichtliche Brände zurückzuführen. In Bolivien fallen die Warnungen vor Feuer mit dem sogenannten "Chaqueo" zusammen. Das ist eine landwirtschaftliche Praxis des Abbrennens, um den Boden vor der Aussaat vorzubereiten. Allerdings erhöhen der Mangel an Regen und starke Winde das Risiko einer raschen Ausbreitung des Feuers.
Gonzalo Colque von der Fundación Tierra erklärt, dass "ein Hektar vorsätzlicher Brandrodung im Durchschnitt zehn Hektar Waldbrand verursachte". Er fordert von der Regierung Anreize für Landwirt:innen, um auf Brandrodung zu verzichten. Darüber hinaus müsse die gesetzlich erlaubte Rodung von Flächen verboten werden. Umweltschutzorganisationen und Expert:innen sehen in der Ausweitung der Landwirtschafts- und Viehzuchtgebiete eine Hauptursache für den Verlust der Biodiversität.
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Auch in diesem Jahr gehen die Brände in Bolivien weiter. Vergangene Woche hatte der stellvertretende Minister für Zivilschutz, Juan Carlos Calvimontes, von 2.200 Brandherden auf nationalem Gebiet berichtet, vor allem in den Departamentos Santa Cruz und Beni. Das Kommando für Sofortmaßnahmen bei Katastrophen (C-CREA) verstärkte die Maßnahmen zur Bekämpfung und Eindämmung.
Mauricio Dávila, Kommandant des Katastrophenschutzes in Bajo Paragua, Santa Cruz, bedauerte die geringe Präsenz der departamentalen Regierung, trotz der Notlage. Allein an diesem Ort seien 60 Militärs und zwanzig Gemeindemitglieder im Einsatz, um die Brandherde unter Kontrolle zu bringen. Calvimontes forderte die regionalen Behörden in Santa Cruz auf, den Notstand auszurufen. Auf diese Weise sei eine bessere Koordination zwischen nationalen und lokalen Einsatzkräften sowie eine Bereitstellung personeller und finanzieller Ressourcen möglich.
Vor knapp zwei Monaten sah sich die Regierung gezwungen, einen Sonderkredit in Höhe von 250 Millionen US-Dollar von der Interamerikanischen Entwicklungsbank aufzunehmen, um gegen Brände in Naturschutzgebieten vorzugehen. Betroffen waren unter anderem das Schutzgebiet Carrasco in Cochabamba und der Nationalpark Noel Kempff Mercado in Santa Cruz, von der UNESCO erklärtes Weltnaturerbe. Daraufhin hatte die Regierung den nationalen Notstand ausgerufen, begründet mit dem Schutz der Umwelt und der öffentlichen Gesundheit sowie dem Erhalt der biologischen Vielfalt.
Der Bericht der Forest Declaration Assessment nennt Zahlen zu Waldverlusten. Im Jahr 2024 gingen weltweit 8,1 Millionen Hektar Wald verloren, 3,1 Millionen mehr als das für 2030 vorgesehene Höchstziel. Die Zerstörung unberührter Tropenwälder weltweit erreichte laut Global Forest Watch 2024 einen Rekordwert in der Größe von Panama. Das entspräche einem Verlust von 18 Fußballfeldern pro Minute. Allein in Brasilien und Bolivien konzentrierten sich zwei Drittel der verlorenen Fläche. Doch es gäbe auch positive Signale: Derzeit fänden auf mindestens 10,6 Millionen Hektar abgeholzter und degradierter Flächen Wiederaufforstungsinitiativen statt.

