Guatemala / Politik

Guatemala: Schock und Trauer nach schwerem Busunglück

Mindestens 54 Tote bei Verkehrsunfall. Schwierige Rettungsarbeiten und große Solidarität in der Bevölkerung. Land leidet an gravierenden Verkehrsproblemen

unfall_guatemala_rotes_kreuz.jpg

Das Rote Kreuz vor Ort nach dem schweren Verkehrsunfall in Guatemala
Das Rote Kreuz vor Ort nach dem schweren Verkehrsunfall in Guatemala

Guatemala-Stadt. Ein Bus ist am Montagmorgen gegen 4:30 Uhr bei der Belice Brücke in der Zone sechs der Hauptstadt einen Abhang heruntergestürzt. Laut einer Regierungsmitteilung hat der Busfahrer aufgrund des starken Verkehrs an der Brücke eine Ausweichroute am Kreisverkehr Calzada de Paz gesucht. Dabei habe er auf der kurvenreichen Strecke die Kontrolle über den Bus verloren, sei mit zwei Autos zusammengestoßen und rund 60 Meter in die Tiefe in einen Fluss gestürzt. Mehrere Medien berichteten unter Berufung auf Augenzeugen, dass der Bus zu schnell gefahren sei. Auch habe er eine Ampel bei Rot überquert und die Bremsen seien defekt gewesen. Das Fahrzeug war nach Medienangaben 30 Jahre alt und hatte eine Zulassung bis Mai dieses Jahres.

Rettungskräfte der Freiwilligen Feuerwehr waren als Erste am Unfallort. Die Rettungsarbeiten wurden erschwert, weil das Gelände in der armen Wohngegend aufgrund mangelnder Infrastruktur schwer zugänglich war. Trotzdem konnten die Rettungskräfte noch mehrere Personen lebend aus dem Bus bergen. Nach offiziellen Angaben gab es mindestens 54 Tote.

Die Solidarität der Anwohner sei groß gewesen, berichteten Medien. Diese hätten sofort geholfen und Lebensmittel und Getränke für Überlebende und Retter bereitgestellt. Ein Anwohner erklärte, sie wollten mit dem wenigen, was sie selbst hätten, den Betroffenen helfen. Weiterhin sei dies nicht der erste Unfall im Viertel gewesen, es habe bereits andere "mit toten Kindern" gegeben. Die Behörden müssten darauf stärker eingehen und die Busse besser kontrollieren.

hilfe_der_anwohner_unfall.jpg

Eine Anwohnerin verteilt Lebensmittel an Helfer und Angehörige bei dem Busunglück
Eine Anwohnerin verteilt Lebensmittel an Helfer und Angehörige bei dem Busunglück

Die Regierung dementierte Gerüchte, wonach ein versuchter Raubüberfall Ursache des Unfalls war. Zwar hätten Sicherheitskräfte bei einem der tödlich verunglückten Passagiere eine Schusswaffe sichergestellt, es gäbe aber keine Zeugenaussagen, die von einem versuchten Raub innerhalb des Busses sprechen.

Guatemalas Präsident Bernardo Arévalo sprach auf einer Pressekonferenz am Morgen des Unglücks sein Beileid aus und ordnete drei Tage Staatstrauer an. "Ihr Schmerz ist mein Schmerz", schrieb der Staatschef auf X und erklärte, dass er den Katastrophenschutz und Einheiten der Armee zur Unterstützung an den Unfallort entsand habe. Außerdem habe er "besondere Maßnahmen für die medizinische Versorgung der Verwundeten" angeordnet.

Der Bus war gegen 3 Uhr morgens im Landkreis San Agustín Acasaguastlán, einem armen Landkreis im Departamento El Progreso im Nordosten Guatemalas, aufgebrochen. An Bord hatten sich überwiegend Schulkinder befunden, die in Guatemala-Stadt die Schule besuchten, sowie Kleinhändler, die zum Verkauf ihrer Waren in die Stadt fuhren. Im Zuge des Verkehrunfalles wurde in einigen Medien die Lebensrealitäten von Menschen aufgegriffen, die aufgrund von mangelnder Verdienstmöglichkeiten in ihren Gemeinden jeden Morgen lange Strecken in die Hauptstadt fahren.

In der Metropolregion um die Hauptstadt und die benachbarten Städte Mixco und Villa Nueva leben ca. 5,6 Millionen Menschen. Zusätzlich pendeln täglich zahlreiche Personen aus den angrenzenden Departamentos dorthin. Das Verkehrsaufkommen in der Metropolregion stellt eine gewaltige Herausforderung dar und kilometerlange Staus sind Alltag. Zwar werden Konzepte für den Bau eines Metrosystems diskutiert, bislang gibt es jedoch nur die Option das eigene Auto oder den Bus zu nehmen.

2024 ereigneten sich 8.600 dokumentierte Verkehrsunfälle mit insgesamt 2.863 Todesfällen in Guatemala, mehr als die Hälfte der 5.083 Verkehrstoten in Mittelamerika. La Prensa de Occidente zufolge gibt es allein im ländlichen Raum 23.000 Busse, aber nur neun Inspekteure der Generaldirektion des Verkehrs, die den technischen Zustand der Busse kontrollieren sollen.

Homero Fuentes vom Verband der Transportunternehmen hatte bereits Ende 2022 in einem Interview auf weitere strukturelle Probleme hingewiesen. Fuentes erklärte die Fahrer arbeiteten alle auf eigene Rechnung und seien meist die Besitzer der Busse. Sie müssten aber Abgaben an Unternehmen bezahlen, den Lohn ihrer Mitarbeiter im Bus und die Kosten für die Lizenzen für ihre Routen tragen. Außerdem zahlten "nahezu alle Kollegen Schutzgeld an kriminelle Banden". Dadurch bliebe wenig Geld zur Instandhaltung der Busse.