Guatemala / Politik

Guatemala: Korruption tritt im Verkehrssektor gehäuft auf

Die korrupte Elite wehrt sich mit Händen und Füßen gegen eine Modernisierung des Landes

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Félix Alvarado (Mitte) während seiner Zeit als Verkehrsminister bei der Besichtigung einer Baustelle
Félix Alvarado (Mitte) während seiner Zeit als Verkehrsminister bei der Besichtigung einer Baustelle

Guatemala-Stadt. Korruption in Guatemala ist endemisch und das wichtigste Hemmnis für eine Entwicklung des Landes. Die korrupte Elite wehrt sich mit Händen und Füßen gegen eine Modernisierung des Landes und benutzt dazu die Justiz. Die letzten unter einer Vielzahl von Fällen waren die Verhaftungen von Ligia Hernández (ehemalige Abgeordnete und Anwältin) und José Rubén Zamora, der Herausgeber der unabhängigen Zeitung El Periodico.

Im Jahr 2023 wählte das Volk gegen den erheblichen Widerstand der Eliten den neue Präsident Bernardo Arévalo, der sich den Kampf der Korruption zum Ziel gesetzt hat. Der Versuch der Elite, die Amtseinführung zu verhindern, konnte durch massive Proteste der Maya Bevölkerung vereitelt werden. Arévalo hat keine Mehrheit im Parlament und die Justiz konnte unter fadenscheinigen Gründen seine Partei Semilla verbieten.

Im Mai 2024 übernahm Félix Alvarado das Amt des Ministers für Verkehr und Telekommunikation. Das Verkehrssystem des Landes ist in einem katastrophalen Zustand: kilometerlange Staus in der Hauptstadt, der öffentliche Verkehr ist ungenügend oder nicht existent, Schlaglöcher auf Hauptstraßen, schlechte Anbindung des ländlichen Raums und Missmanagement im internationalen Flughafen und den Seehäfen.

Für den Abgeordneten José Chic von der Partei Voluntad, Oportunidad y Solidaridad (VOS) handelt es sich um eine institutionelle Frage. "Das Ministerium für [Verkehr und] Kommunikation wurde in der Vergangenheit von verschiedenen Mafias vereinnahmt, und diverse Korruptionsstrukturen haben es als Beute betrachtet". Im Abschlussbericht der Internationalen Kommission gegen Straflosigkeit in Guatemala (CICIG) wird festgestellt, dass "die Korruption im Ministerium für Kommunikation in den letzten drei Jahrzehnten eine Konstante war".

Die meisten Verkehrsminister der letzten 20 Jahre sind mit verschiedenen Anschuldigungen aus dem Amt geschieden. Gegen Alvarados Vorgänger Javier Maldonado wurde Strafanzeige wegen "Unregelmäßigkeiten bei der Auftragsvergabe und Ausführung von Projekten" in Höhe von sechs Milliarden Quetzal [730 Millionen Euro] erstattet.

Kaum hatte Alvarado sein Amt angetreten, da klaffte ein riesiges Loch in der einzigen Verbindungsstraße zwischen der Hauptstadt Guatemala City und dem größten Hafen Puerto Quetzal. Der Verkehr auf dieser wichtigsten Verbindungsstrecke des Landes kam völlig zum Erliegen und die Versorgung der Hauptstadt war teilweise unterbrochen. Verursacherin war die Vorgängerregierung, die es versäumt hatte, die Instandhaltung der Straße sicherzustellen.

Während seiner Amtszeit konnte der Minister nur wenige strukturelle Veränderungen in dem maroden System einführen, weil er ständig weitere Probleme im Verkehrsbereich lösen musste. Zu seinen Erfolgen zählen u.a. ein Gesetz über die vorrangige Straßeninfrastruktur, das einen besseren Wettbewerb im Bausektor ermöglicht. Auch internationale Bauunternehmen sollen sich unter gleichen Wettbewerbsbedingungen bei Ausschreibungen beteiligen können.

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Darüber hinaus stellte Alvarado fest, dass viele Verträge zur Straßeninstandhaltung "Anzeichen von Korruption und Schwierigkeiten in den Vergabegremien" aufwiesen und deshalb annulliert werden mussten. Einer der Hauptgründe für die Korruption war ein fehlender Wettbewerb bei den Ausschreibungen von Bauvorhaben, da die Firmen untereinander verflochten und Preisabsprachen einfach zu bewerkstelligen sind. Durch die Auflösung der Verträge kam es zu einem Rückstand der Instandhaltungsarbeiten von 49 Prozent (Ende Oktober 2024), was in der Presse noch viel drastischer dargestellt wurde.

Die Elite fand daraufhin eine neue Methode, den Minister unter Druck zu setzen. Alvarado musste über Monate fast täglich im Parlament Rede und Antwort stehen und fand wenig Zeit für seine eigentlichen Aufgaben.

Zusätzlich gibt es innerhalb und außerhalb des Ministeriums eine Vielzahl von korrupten Eigeninteressen. Da Alvarado keine ausreichende Unterstützung von der Regierung erhielt, trat er am 15. November auf Druck des Parlaments zurück und rechtfertigte seine Arbeit mit der Aussage: "Wir begannen, setzten fort und endeten mit der Absicht, die Korruption im öffentlichen Bauwesen in Guatemala zu beenden".

Nur zwei Tage nach dem Rücktritt und dem Ende von Alvarados Immunität ergriff die Elite die übliche Vorgehensweise gegen ihre Gegner. Die Staatsanwaltschaft erhob eine fingierte Anklage gegen Alvarado unter dem Vorwurf der Geldwäsche. Eine Razzia wurde in seiner Wohnung und der seiner Tochter durchgeführt und Handy, Computer und Reisepass beschlagnahmt. Nach Guatemaltekischem Gesetz ist dies ohne Gerichtsbeschluss illegal.

Es bleibt zu hoffen, dass Alvarado eine Gefängnisstrafe erspart bleibt.

Dr. Niklas Sieber ist Transport-Ökonom, Regionalplaner und Universitäts-Dozent