Parlament von El Salvador beschließt zum 32. Mal den Ausnahmezustand

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Menschenrechtsberatung der Organisation Unidehc in San Salvador
Menschenrechtsberatung der Organisation Unidehc in San Salvador

San Salvador. Die Legislativversammlung von El Salvador hat mit 57 Ja-Stimmen, einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen entschieden, den Ausnahmezustand beizubehalten. Die Regelung des Ausnahmezustandes ist im Dekret Nr. 333 der Regierung von Najib Bukele vom 27. März 2022 enthalten und muss monatlich vom Parlament neu beschlossen werden.

Während des Notstands sind Grundrechte der Bevölkerung eingeschränkt. Dazu gehören das Recht auf anwaltlichen Beistand bei Festnahmen, das Recht auf Information über die Gründe einer Festnahme, das Briefgeheimnis und Recht der Unverletzlichkeit privater Kommunikation sowie das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit.

Die Gesetzgeber sehen in der Maßnahme ein Instrument zur Wiederherstellung der Ordnung, der Sicherheit der Bürger und der territorialen Kontrolle. Nach Ansicht der Abgeordneten soll die Notstandsregelung auch nach über zweieinhalb Jahren aufrechterhalten bleiben, bis das letzte Mitglied einer Bande eliminiert ist.

In einem ausführlichen Interview mit dem Time Magazine hob der Regierungschef seine Erfolge mit der Verhaftung von bisher mehr als 82.000 Bandenmitgliedern hervor. Bukele sagte: "Wir hoffen, dass wir irgendwann in naher Zukunft in der Lage sein werden, den Ausnahmezustand aufzuheben, um zur verfassungsmäßigen Normalität zurückzukehren." Ein Datum nannte er allerdings nicht.

Vor Bukeles "Krieg gegen Banden" hatte eine Eskalation der Gewalt zwischen dem 25. und 27. März 2022 87 Menschen das Leben gekostet (amerika21 berichtete). Allerdings hat sich inzwischen die Situation im Land stark verändert. Im vergangenen Oktober wurde ein monatlicher Rekord von 27 Tagen ohne bandenbedingte Tötungen erreicht.

Die Volks- und Wohnungszählung von 2024 hat ergeben, dass im Land 107.055 Menschen inhaftiert sind, davon 94.112 Männer und 12.943 Frauen. Dies bei einer Gesamtbevölkerung von 6.029.976 Einwohnern. El Salvador ist mit 1.776 Gefangenen pro 100.000 Einwohner das Land mit dem höchsten prozentualen Anteil in Nord- und Südamerika.

Vor der Entscheidung der Legislativversammlung in El Salvador protestierten Menschen aus der Zivilgesellschaft und Angehörige von Personen, die unter dem Ausnahmezustand inhaftiert sind, für dessen Aufhebung. Ein wichtiger Grund für den Protest der Angehörigen ist, dass auch die Besuche in Gefängnissen einschränkt sind. Die Familien verlangten die Möglichkeit des Zugangs, um auch direkt etwas über den Gesundheitszustand der Inhaftierten zu erfahren.

Begründet ist die Skepsis der Angehörigen durch die, von der Menschenrechtsorganisation Cristosal dokumentierten, unmenschlichen und grausamen Haftbedingungen. In den vergangenen zwei Jahren wurden mehr als 250 Todesfälle in der Haft bekannt, die teilweise auf Gewalteinwirkung und Folter zurückzuführen sind. Die US-amerikanische Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat berichtet, dass auch Kinder in Haft gefoltert wurden.

Angesichts der insgesamt schwierigen Menschenrechtssituation in El Salvador haben sich Menschenrechtsorganisationen des Landes mit Berichten und Beschwerden an mindestens 22 internationale Organisationen gewandt. Laut La Prensa Gráfica suchen die salvadorianischen Organisationen Hilfe bei den Vereinten Nationen und der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), bei der Interamerikanische Menschenrechtskommission (IACHR) und vielen weiteren Organisationen. Alleine vor der IACHR wurden während der Amtszeit von Bukele 18 Sonderanhörungen zu Themen wie Ausnahmezustand, Zwangsvertreibung, Sicherheit usw. durchgeführt.

In den letzten Wochen hat die Einheit für die Verteidigung der Menschen- und Gemeinschaftsrechte (Unidehc) in Spanien und in Mexiko Berichte vorgelegt, in denen sie die Situation in El Salvador beleuchtet. "Es ist wichtig ... dass die Realität der Familienmitglieder, die Opfer des Ausnahmeregimes sind, bekannt wird, weil die Regierung diese andere Realität nicht sichtbar macht und leugnet", sagte Ivania Cruz, Anwältin und Sprecherin von Unidehc.

Leonor Arteaga von der Stiftung für Rechtsstaatlichkeit erklärte, dass mit den Beschwerden bei internationalen Organisationen sichergestellt werden soll, dass die Regierung in Zukunft für die begangenen Taten und Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft gezogen werde.