San Salvador. Der im März ausgerufene Ausnahmezustand in El Salvador führt zu schweren Menschenrechtsverletzungen an Kindern. Zu diesem Schluss kommt ein vor wenigen Tagen veröffentlichter Bericht der US-amerikanischen Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW). Seit Beginn des Ausnahmezustands wurden mehr als 80.000 Menschen verhaftet, darunter mehr als 3.000 Minderjährige.
Das 107-seitige HRW-Dokument mit dem Titel “Your Child Does Not Exist Here” (Dein Kind existiert hier nicht) basiert auf Interviews mit Betroffenen und deren Angehörigen sowie mehrmonatigen Recherchen. Unter anderem wurden willkürliche Verhaftungen, Folter und andere Formen der Misshandlung von Kindern im Rahmen des Ausnahmezustands unter Präsident Nayib Bukele dokumentiert.
Dem Bericht zufolge werden festgenommene Minderjährige in überfüllten Zellen für Erwachsene festgehalten, ohne ausreichende Ernährung und medizinische Versorgung und ohne Kontakt zu ihren Familien. Die befragten Betroffenen gaben an, von Sicherheitsbeamten schwer misshandelt worden zu sein. Weiter heißt es, dass Minderjährige in vielen Fällen durch Misshandlung oder Folter zu falschen Geständnissen gezwungen worden seien. Außerdem seien die Kinder nicht vor Gewalt durch andere Häftlinge geschützt, einschließlich Schlägen und sexuellen Übergriffen.
Vormals inhaftierte junge Menschen leiden laut HRW auch nach ihrer Freilassung weiter unter Schikanen durch Sicherheitskräfte und seien infolgedessen aus ihren Häusern vertrieben worden.
Ein weiterer kürzlich veröffentlichter Bericht der Menschenrechtsorganisation Cristosal informierte darüber, dass sich unter den mindestens 265 Personen, die während des Ausnahmezustands in staatlicher Obhut ums Leben kamen, 13 minderjährige Schüler:innen und vier Babys befanden. Mindestens 176 Kinder seien nach dem Tod ihrer Eltern in der Haft zu Waisen geworden.
HRW-Direktorin für Amerika, Juanita Goebertus, erklärte auf einer Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch, dass insbesondere Kinder aus ohnehin gefährdeten Gemeinden die Leidtragenden der "willkürlichen Sicherheitspolitik der Regierung" seien und unter den "ungeheuerlichen Menschenrechtsverletzungen" litten.
"Das harte Vorgehen der Regierung gegen Kinder birgt die Gefahr, dass sich der Kreislauf der Gewalt in El Salvador fortsetzt", so Goebertus weiter. Sie forderte: "Ausländische Regierungen sollten die salvadorianische Regierung auffordern, die Menschenrechtsverletzungen zu beenden und das Leben und die Zukunft der Kinder zu schützen".