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Bedroht Dissidentengruppe der Farc-Guerilla den Frieden in Kolumbien?

Regierung legt Waffenstillstand mit Nachfolgeorganisation der Farc-EP regional auf Eis. Neuer Block der EMC-Guerilla gegründet

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In einem Video kündigte Kommandant Manuel Vásquez die Bildung des Bloque Central Comandante Isaías Pardo an (screenshot)
In einem Video kündigte Kommandant Manuel Vásquez die Bildung des Bloque Central Comandante Isaías Pardo an (screenshot)

Cali. Nachdem eine Farc-Dissidentengruppe unter dem neuen Namen Zentraler Generalstab der Farc (EMC Farc) im Departamento Cauca die indigene Vertreterin eines Ältestenrates ermordet hat, kommt es in Kolumbien erneut zu massiven Auseinandersetzungen zwischen dieser Guerilla und dem Militär. Auch Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung werden gemeldet.

Nach der Konfrontation lieferten sich Präsident Gustavo Petro und Iván Mordisco, der Kommandant der bewaffneten Gruppe, einen Schlagabtausch in sozialen Medien. Den Waffenstillstand setzte die Regierung in den Departamentos Cauca, Nariño und Valle del Cauca aus.

Petro bezeichnete Farc-Mitglieder als "Drogenhändler im Gewand eines Revolutionärs" und warf ihnen Verrat an den eigenen Idealen vor.

Mordisco antwortete darauf: "Als wir ihn in seinem Wahlkampf unterstützten, waren wir keine Verräter. Er hat nicht nur uns verraten, sondern auch die Menschen, die ihn wegen seines fortschrittlichen und Friedensdiskurses unterstützt haben. Heute wirbt er für Krieg und Kapitalismus."

Daraufhin ordnete Petro an, den Führer der Dissidentengruppe in keinem Fall zu töten, sondern ihn "im Gefängnis zur Rede zu stellen."

Inmitten der Krise in den Gesprächen zwischen der nationalen Regierung und dem Zentralen Generalstab der Farc kündigte die bewaffnete Organisation die Bildung eines neuen Blocks an, der auf das Scheitern des Waffenstillstands reagieren und seine Präsenz in vier Departamentos konsolidieren soll. Der Zentrale Block "Comandante Isaías Pardo" soll von alias Marlon Vásquez geführt werden und nach Angaben der Gruppe in Huila, Tolima, Quindío und Valle del Cauca operieren.

Laut offiziellen Angaben hat der neue Block bereits die drittgrößte Stadt des Landes, Cali, erreicht. Auch Verteidigungsminister Iván Velásquez bestätigt, dass der EMC die Zeit des Waffenstillstands genutzt habe, um seine territoriale Kontrolle zu verstärken.

Der Ombudsmann von Cali, Gerardo Mendoza, bestätigt: "Ich weiß aus erster Hand, dass es eine Guerilla-Präsenz in Cali gibt, und das ist ein Grund zur Warnung und ein Weckruf."

Der Sprecher des Ministeriums für öffentliche Angelegenheiten forderte die Behörden auf, "energische Maßnahmen" zum Schutz der Bevölkerung von Cali zu ergreifen.

In der Zwischenzeit bestätigen die Behörden, dass der Militäreinsatz in Jamundí, einer Nachbargemeinde von Cali, weiter voranschreitet, um diese Dissidentenstruktur zu schwächen. Dort werden fast täglich Auseinandersetzungen gemeldet.

Das Militär geht indes im ganzen Land hart gegen den EMC vor. In der vergangenen Woche wurden in einer ländlichen Gegend in Tolima zwölf Personen gefangen genommen und drei getötet.

Auch in Huila kam es nach Angaben des Militärs zu Angriffen durch Truppen, die von Cauca verlegt wurden. Auch im Cañón del Micay, der Mordisco-Hochburg in Cauca, kam es zu Zusammenstößen, die bisher acht Tote gefordert haben. Die Operationen der Armee konzentrierten sich auf das Dorf El Plateado, dem sich einige Einheiten genähert haben.

In Arauca kündigte die zehnte Front der EMC eine Offensive gegen Mitglieder der Domingo Laín-Front der ELN an. In der letzten Woche wurden bei Zusammenstößen zwischen den beiden bewaffneten Gruppen in der Region mindestens vier soziale Anführer getötet.

Bei Kämpfen zwischen der Armee und einer weiteren Farc-Dissidentengruppe, der "Zweiten Marquertalia", in Nariño gab es mindestens sieben Tote. Fünf Guerilleros dieser Gruppe sind bei einem Schusswechsel in einer ländlichen Gegend von Argelia im Departement Cauca getötet worden.

Die Reaktion auf die Gründung des neuen EMC-Blocks war indes widersprüchlich. Der Hohe Kommissar für den Frieden, Otty Patiño, bezeichnete die Neuorganisation als "begrüßenswert", denn so könne man zentral verhandeln. Für Laura Bonilla, stellvertretende Direktorin der Stiftung für Frieden und Versöhnung (Pares), gibt es mehrere Interpretationen: Die Dissidenten wollten den Eindruck erwecken, größer zu sein, aber auch, dass die Gruppe versuche, eine vertikalere Struktur zu etablieren. "Das bedeutet nicht unbedingt, dass die Gruppe stärker wird. Das könnte in Zukunft der Fall sein, aber heute bedeutet es das nicht", erklärte sie.

Die Delegationen der Regierung und der EMC trafen sich am vergangenen Donnerstag zu einem außerordentlichen Treffen in San Vicente del Caguán in Caquetá. Danach gaben beide Delegationen bekannt, den Dialog wieder aufzunehmen. Bisher gab es keine weiteren offiziellen Informationen.