Guatemala / Politik / Soziales

Künftiger Präsident Guatemalas tritt von Parteiamt zurück, Haushalt soll ihn binden

407842506_341004265215710_8976819288568084177_n.jpg

Halten dem Druck in Guatemala stand: Bernardo Arévalo und seine zukünftige Vizepräsidentin Karin Herrera
Halten dem Druck in Guatemala stand: Bernardo Arévalo und seine zukünftige Vizepräsidentin Karin Herrera

Guatemala-Stadt. Der designierte Präsident von Guatemala, Bernardo Arévalo, ist von seinem Posten als Generalsekretär des progressiven Movimiento Semilla zurückgetreten und hat seinen Austritt aus der Partei erklärt.

Arévalo begründete den Schritt mit dem Parteien- und Wahlgesetz. Der künftige Staatschef betonte, dass hinter der Entscheidung "keine Distanzierung oder Spaltung" der Partei stehe. Vielmehr befolge er Artikel 32 des entsprechenden Gesetzes. Er habe die Unterstützung von Semilla, "wir vertrauen darauf, dass die Partei bald alle ihre Funktionen zurückerlangt", hieß es in einer Erklärung vom Sonntag.

Die Partei war Ende Oktober vom Bürgerregister, einer dem Wahlgericht untergeordnete Behörde, supendiert worden (amerika 21 berichtete). Nach aktueller Lage der Dinge können die 23 Abgeordneten in der kommenden Legislaturperiode lediglich als "unabhängige" Abgeordnete im Parlament sitzen, was ihre politischen Rechte deutlich beschneiden würde.

An Arévalos Stelle als Generalsekretär tritt Abelardo Pinto Moscoso, bisheriger erster stellvertrender Sekretär der Partei.

Derweil erwarten Arévalo weitere Bürden zu seinem Amtsantritt. Am 30. November beschloss der Kongress in dritter Lesung mit der Stimmenmehrheit der Parteien des sogenannten Paktes der Korrupten den Haushalt für 2024. "Dieser lässt Arévalo kaum agieren", kommentierte der in Guatemala lebende ehemalige deutsche Menschenrechtsanwalt Miguel Mörth in seiner monatlichen Kolumne für das Guatemala Netz Bern.

In den vergangenen Tagen erhöhte sich der Druck auf den scheidenden Präsidenten Alejandro Giammattei, sein Veto gegen den Haushalt einzulegen. Das Zentralamerikanische Institut für Finanzstudien (Icefi) vertritt, das "am wenigsten schädliche Szenario wäre, ein Veto einzulegen, so dass der Haushalt 2023 in Kraft bliebe und analysiert und geändert würde", hieß es in einem Artikel von La Hora.

Das Icefi warnte, "dass eine der Auswirkungen des Haushaltsplans die Lähmung bei der Platzierung oder Neupositionierung von Anleihen sein wird, was die Begleichung öffentlicher Schulden erschweren und nationale und internationale Banken und andere Gläubiger des Staates betreffen würde". Angesichts einer derartigen Notlage müsste die Regierung womöglich andere Finanzierungsquellen nutzen. Öffentliche Investitionen und Sozialausgaben könnten nicht finanziert werden und Verzögerungen bei der Bezahlung von Lieferanten, Auftragnehmern und sogar Gehältern könnten auftreten.

Das Budget für die Staatsanwaltschaft, aktuell die führende Institution bei der juristischen Verfolgung der Partei Semilla, dürfte im verabschiedeten Haushalt nicht gekürzt werden. Die Icefi bewertet dies als "politische Entscheidung". Das Budget für Kommunikation, Infrastruktur und Wohnungsbau und für soziale Entwicklung würde erhöht, das für öffentlichen Schuldendienst, Bildung und Gesundheit dagegen gekürzt.

Unterdessen erklärte Arévalo, er habe die Entscheidungen für sein künftiges Kabinett und 13 Ministerposten getroffen. Die Namen sollen Mitte Dezember bekannt gegeben werden. Mit Spannung wird in Guatemala gewartet, ob sich darunter auch bekannte Persönlichkeiten befinden, die in den vergangenen Jahren nach Drohungen sowie juristischer und politischer Verfolgung das Land verlassen mussten. Arévalo hatte bereits kurz nach seinem überraschenden Einzug in die Stichwahl die Rückkehr der Exilierten als eines seiner politischen Ziele genannt.

Für diesen Donnerstag mobilisieren verschiedene gesellschaftliche Organisationen erneut zu einem "Marsch für die Demokratie." Auch Arévalo rief "alle Guatemalteken" ausdrücklich zur Teilnahme auf.