Kolumbien / Politik

Paramilitarismus in Kolumbien: Wird Ex-Präsident Álvaro Uribe doch noch vor Gericht gestellt?

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Nach dem Urteil wiederholte Uribe vor Medienvertretern in Kolumbien seine Vorwürfe gegen Senator Cepeda
Nach dem Urteil wiederholte Uribe vor Medienvertretern in Kolumbien seine Vorwürfe gegen Senator Cepeda

Bogotá. Das Oberste Gericht von Bogotá hat angeordnet, dass sich der ehemalige Präsident Álvaro Uribe (2002 – 2010) wegen Verfahrensbetrugs und Zeugenbestechung vor Gericht verantworten muss. Das Gericht lehnte die Einstellung des Prozesses ab und wies die Staatsanwaltschaft an, ihn vor Gericht zu stellen.

Im Mai dieses Jahres lehnte Richterin Laura Barrera den Antrag der Generalstaatsanwaltschaft ab, das Verfahren gegen den früheren Präsidenten einzustellen. Nach Ansicht der Richterin zeigen die Beweise, dass Uribe die Straftaten, wegen derer gegen ihn ermittelt wird, tatsächlich begangen hat.

Damals stellte die Richterin die Rolle des Staatsanwalts in dem Fall in Frage, der nicht genügend Beweise gegen Uribe berücksichtige. Barrera betonte, es gebe genügend Beweise, um gegen Uribe zu ermitteln, weil dieser zusammen mit seinem Rechtsanwalt versucht habe, Zeugen zu bestechen. Diese sollen ihn beschuldigt haben, in den 1990er Jahren paramilitärische Gruppen in Antioquia aufgebaut zu haben.

Zu den Beweisen, die gegen Uribe vorlegen, gehören Briefe der Ex-Paramilitärs Johany Cadavid, Elmo Mármol Torregrosa und Máximo Cuesta. Hinzu kommen mutmaßliche Angebote an die Ex-Paramilitärs Juan Carlos Tuso Sierra, Juan Guillermo Monsalve und an die frühere Staatsanwältin Hilda Niño sowie Zahlungen an die Ex-Paramilitärs Eurídice Cortés und Carlos Enrique Vélez.

Uribe versuchte demnach zu erreichen, dass die ehemaligen Paramilitärs Carlos Enrique Vélez und Juan Guillermo Monsalve vor dem Obersten Gerichtshof aussagen, Senator Iván Cepeda habe ihnen Vergünstigungen angeboten, damit sie wiederum gegen Uribe aussagen.

Die Ermittlungen gegen Uribe gehen auf eine Parlamentsdebatte im September 2012 zurück. Cepeda hatte Uribe beschuldigt, Verbindungen zu Paramilitärs und Drogenhändlern zu haben. Dabei berief er sich auf ehemalige Mitglieder der paramilitärischen AUC (Autodefensas Unidas de Colombia), die ausgesagt hatten, dass Uribe und sein Bruder Santiago den paramilitärischen Bloque Metro gegründet hätten, der Teil der AUC wurde.

Als Uribe Cepeda deswegen vor dem Obersten Gerichtshof anzeigte, leitete der Gerichtshof eine Untersuchung ein und gab 2018 bekannt, dass er Beweise gegen Uribe gefunden habe. Es stellte nicht nur die Ermittlungen gegen Senator Cepeda ein, der sich als Opfer herausstellte, sondern leitete auch Ermittlungen gegen den ehemaligen Präsidenten ein und ordnete seine Verhaftung an.

Angesichts der vom Obersten Gerichtshof gefundenen Beweise und der drohenden Verurteilung trat Uribe von seinem Posten im Kongress zurück. Auf diese Weise wurde das Verfahren in die Hände der Staatsanwaltschaft von Francisco Barbosa gelegt, einem engen Verbündeten des Ex-Präsidenten.

Ab diesem Zeitpunkt ernannte Barbosa Leute, denen er vertraute: die Staatsanwälte Gabriel Jaimes und Javier Cárdenas. Beide waren von Anfang an bestrebt, die Beweise und Zeugenaussagen gegen Uribe zu verwerfen.

Als zwei Richter die Versuche der Staatsanwaltschaft, die Ermittlungen zu unterbinden, ablehnten, legte die Staatsanwaltschaft beim Obersten Gerichtshof in Bogotá Berufung ein. Dieser sollte darüber entscheiden, ob das Verfahren gegen Uribe eingestellt oder ob er vor Gericht gestellt wird.

Das Oberste Gericht von Bogotá wies schließlich die von der Staatsanwaltschaft beantragte Einstellung zurück. Uribe wird sich wegen mutmaßlicher Zeugenbeeinflussung und Verfahrensbetrugs vor Gericht verantworten müssen.

Der ehemalige Präsident beteuerte auf seinem X-Konto seine Unschuld, erklärte aber, er habe die Nachricht "mit großer Sorge" aufgenommen. Gegenüber Medienvertretern wiederholte er am vergangenen Sonntag seine Beschuldigungen gegen Cepeda, dieser habe die inhaftierten Ex-Paramilitärs mit Vergünstigungen dazu gebracht, gegen ihn auszusagen. Er selbst habe niemals versucht, Zeugen zu bestechen und es gebe "keinen einzigen Beweis", das ganze Verfahren sei ein "Komplott" gegen seine Person und seine Familie.

Nun wird die Generalstaatsanwaltschaft eine Anklageschrift vorlegen müssen, die die Fakten und Beweise gegen den ehemaligen Präsidenten darlegt.