Guatemala / Politik

Wahlbehörde von Guatemala verwehrt Anerkennung der Präsidentschaftswahlen

Im Land wächst die Sorge vor Manöver der etablierten Machtzirkel. Bevölkerung stimmte deutlich zugunsten von Außenseitern

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Movimiento Semilla geht gegen die Infragestellung der Wahlergebnisse in Guatemala vor
Movimiento Semilla geht gegen die Infragestellung der Wahlergebnisse in Guatemala vor

Guatemala-Stadt. Das Oberste Wahlgericht (TSE) hat am Samstag beschlossen, den Prozess der Bestätigung der allgemeinen Wahlen vom 25. Juni auszusetzen. Zuvor entsprach das Verfassungsgericht mit einer einstweiligen Verfügung Anträgen von mehreren Parteien, die die Wahlen anfechten.

Das Wahlgericht schrieb in seinem Komuniqué, dass es seiner Aufgabe, die Sicherheit und Rechtsförmigkeit der Wahlen zu gewährleisten, nachgekommen sei und die Durchführung und Integrität des Wahlprozesses "mit modernen und wissenschaftlichen, technologischen und logistischen Instrumenten zum Schutz der demokratischen Ordnung des Landes ausgestattet" hätte.

Diese Überzeugung der Behörde steht in Widerspruch zu ihrem Beschluss, der auf das Verfassungsgericht reagierte.

Die Behörde räumt den zuständigen Organen nun eine Frist von fünf Tagen ein, um Anhörungen zu den Anfechtungen durchzuführen. Der Bevölkerung versicherte der Beschluss gleichzeitig, dass sie der Wahlbehörde weiterhin "vertrauen" könne.

Einen Tag später reichte die aus den großen Antikorruptionsprotesten hervorgegangenen Partei "Movimiento Semilla" drei Petitionen beim Verfassungsgericht ein, darunter eine für die Aufhebung des TSE-Urteils, mit dem eine erneute Überprüfung der Stimmauszählung angeordnet wurde.

Semilla erhielt als Mitte-Links-Kraft bei den Wahlen zur Präsidentschaft die zweithöchste Stimmenzahl und kam sicher in die Stichwahl, die im August stattfinden soll. Die sich abzeichnende "Justizialisierung“ des Wahlprozesses gefährdet ihrer Ansicht nach die Demokratie in Guatemala.

Semilla argumentiert, dass das Verfassungsgericht gar nicht die zuständige Instanz gewesen sei, die einstweiligen Verfügungen jedoch erlassen habe, anschließend anerkannte, nicht zuständig zu sein und den Fall an den Obersten Gerichtshof (CSJ) abgab.

Der Präsidentschaftskandidat für Semilla, Bernardo Arévalo, erklärte, dass die eingereichten Petitionen darauf abzielen, "die Auswirkungen von Maßnahmen einzudämmen, die ohne die erforderlichen rechtlichen Grundlagen ergriffen wurden". Der Widerspruch diene der Verteidigung des Votums der Wahlbevölkerung.

Arévalo wies außerdem darauf hin, dass nationale und internationale Beobachter eindeutig festgestellt hätten, dass die Wahlen in Guatemala korrekt stattgefunden haben und dass die "übermäßige Justizialisierung" dieses Prozesses die Demokratie gefährden könnten.

Die zu den Betreibern der Überprüfung der Auszählung gehörende Sandra Torres, Präsidentschaftskandidatin der Einheit der Nationalen Hoffnung (UNE), rechtfertigte sich vehement für den Schritt, der im Land für Unruhe sorgt.

"Es ist nicht fair, dass sie die eingereichten Anträge falsch darstellen. Wir fordern lediglich, dass die Auszählungsbögen mit den Ergebnissen verglichen werden, wenn es Unstimmigkeiten gibt", so Torres. Man hätte das TSE gebeten, "offener zu sein und die politischen Parteien anzuhören", aber da das TSE keine Notwendigkeit gesehen habe, hätte man sich an das Verfassungsgericht gewendet.

Die UNE-Kandidatin erklärte zudem, viele Fehlinformationen rührten daher, dass es auch Kräfte gebe, die eine Wiederholung der Wahlen wünschten und der zweite Wahlgang nicht stattfinden solle.

"Wir sind in der zweiten Runde, wir führen die Ergebnisse mit mehr als 200.000 Stimmen an, also haben wir kein Problem", sagte Torres.

Die Forderung nach Achtung der Wahlergebnisse wird auch von der Universität Rafael Landívar erhoben. Die Anrufung des Verfassungsgerichts sei äußerst besorgniserregend, da es für Anfechtungen andere gesetzlich festgelegte Verfahren gebe, so die Universität.

Am 25. Juni sei der Wille der Bürger zum Ausdruck gekommen, trotz der "Enttäuschung, Unsicherheit und Angst". Diese hätten in den Monaten vor der Wahl geherrscht, betonte die Hochschule unter Anspielung auf den Ausschluss aussichtsreicher linker Kandidaturen bereits vor den Wahlen (amerika21 berichtete). "Das guatemaltekische Volk muss dringend wieder Hoffnung schöpfen, dass wir unsere Regierenden frei wählen können", so die Universität.

Indes hat die Europäische Union (EU) über eine gemeinsame Erklärung der Botschaften Deutschlands, Spaniens, Frankreichs, Italiens und Schwedens in Guatemala die Institutionen des mittelamerikanischen Landes aufgefordert, den von den Wählern klar zum Ausdruck gebrachten Willen des Volkes zu respektieren.

Sowohl die Schlussfolgerungen der Wahlbehörde als auch die Beobachtungen der internationalen Wahlprüfungsgremien hätten die Integrität des Wahlprozesses hervorgehoben, der im Einklang mit dem guatemaltekischen Recht durchgeführt wurde, so die EU.