Brasilien / Politik

Brasilien: Kongress billigt Lulas neue Ministerien, beschneidet aber ihre Kompetenzen

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Kongress von Brasilien. Lulas Regierung hat in beiden Kammern keine Mehrheit
Kongress von Brasilien. Lulas Regierung hat in beiden Kammern keine Mehrheit

Brasília. Die beiden Kammern des brasilianischen Kongresses haben die von Präsident Luiz Inácio Lula das Silva neu geschaffenen Ministerien und Sekretariate gebilligt.

Die neue Regierungsstruktur – mit der die Anzahl der Ministerien auf 37 erhöht wurde, inklusive sechs Bundesorgane mit Ministerialrang – wurde Ende Januar von Lula per Dekret geschaffen. Dieses war vier Monate gültig und musste bis Ende Mai vom Kongress in Bundesgesetz umgewandelt werden.

Beide von konservativen und Mitte-rechts-Parteien dominierten Kammern nahmen mit deutlicher Mehrheit (337:125 im Abgeordnetenhaus, 51:19 im Senat) die Vorlage an, die zwischen Opposition und Regierung unter Federführung des "Berichterstatters" Isnaldo Bulhões Jr. von der rechten Zentrumspartei MDB ausgehandelt wurde.

Zwar wurde die neue Exekutivstruktur einschließlich der symbolträchtigen Ministerien für Ethnische Gleichstellung, Indigene Völker sowie Umwelt und Klimawandel beibehalten, doch verloren die beiden letztgenannten an Kompetenzen und Zuständigkeiten.

Das Ministerium für Indigene Völker verliert die Zuständigkeit für die Demarkierung neuer indigener Territorien an das Justizministerium. Darüber hinaus verliert das Umweltministerium Zentralorgane zur Kontrolle von Wasserressourcen und festen Abfällen an das Ministerium für Integration und Regionalentwicklung sowie das "Ländliche Umweltkataster" (Cadastro Ambiental Rural, CAR) an das Ministerium für Verwaltung und Innovation der öffentlichen Dienste.

Gegen diese Änderungen hatten sowohl die betroffenen Ministerinnen als auch Umwelt- und Indigenenbewegungen protestiert. Ein von 790 gesellschaftlichen Organisationen unterzeichnetes Manifest beklagte die "Aushöhlung der Ministerien" und "Zerstückelung der Umweltagenda".

Die Ministerin für Indigene Völker, Sonia Guajajara, kritisiert, dass die Änderungen der Regierungsabsicht zuwiderlaufen, die indigenen Völker "mit der ihnen angemessenen Bedeutung und im Einklang mit der Verfassung von 1988" zu behandeln. Laut Guajajara werde auch der Kampf gegen die Klimakrise geschwächt und "Raum für weitere Umweltzerstörung" gegeben.

Umweltministerin Marina Silva beklagte, dass der Kongress eine "Wiederauflage der Regierung [des rechten Ex-Präsidenten Jair] Bolsonaro" betreibe. Die Kompetenzverlagerung werde Brasiliens Glaubwürdigkeit im Ausland schwächen und "ein Eigentor für das brasilianische Agrobusiness sein".

Der Abstimmung ging vor allem im Abgeordnetenhaus ein hartes Kräftemessen zwischen der Regierung und Parlamentspräsident Artur Lira von der konservativen Partido Progressista voraus. Der im Mehrheitsblock des "Centrão" einflussreiche Lira drohte dem Regierungslager, bei mangelndem Entgegenkommen die Abstimmung nicht stattfinden zu lassen.

Wäre Lulas Dekret bei Ablauf der Frist Ende Mai nicht als Gesetz verabschiedet worden, wäre die ministeriale Struktur seines Vorgängers Bolsonaro wieder etabliert worden. Um dies zu verhindern, schaltete sich Lula persönlich in die Verhandlungen ein; zudem stellte die Regierung circa 1,7 Milliarden Reaís für zusätzliche Haushaltsmittel zur Verfügung, die überwiegend der Opposition zu Gute kommen.